Appell der Krankenhäuser

Nur im Notfall: Paderborner Notaufnahmen hoffnungslos überlaufen

Die Rettungsdienste des Kreises Paderborn, die Krankenhäuser und die Kassenärztliche Vereinigung wenden sich mit einem gemeinsamen Appell an die Öffentlichkeit.

Die Notaufnahmen der Krankenhäuser im Kreis Paderborn werden zum Leidwesen der Mitarbeiter nicht nur in Notfällen besucht. | © Stefan Puchner

10.11.2022 | 10.11.2022, 02:45

Kreis Paderborn. Immer mehr Menschen im Kreis Paderborn rufen in Krankheitssituationen mit geringen Symptomen den Rettungsdienst oder fahren direkt in eine der Notaufnahmen der Krankenhäuser. Dies beobachten der Rettungsdienst des Kreises Paderborn, die ortsansässigen Krankenhäuser sowie die Kassenärztliche Vereinigung im Kreis Paderborn mit zunehmender Besorgnis. Bereits in den vergangenen Jahren hatten sie durch die gemeinsame Kampagne „Notaufnahmen in Not“ darauf aufmerksam gemacht, dass die Zentralen Notaufnahmen (ZNA) der Krankenhäuser hoffnungslos überlaufen werden.

Viele der Patienten müssten aufgrund des geringen Schweregrads der Verletzung oder Erkrankung eigentlich nicht in einer Notaufnahme der Kliniken versorgt werden. Die Folge: extrem lange Wartezeiten in der ZNA, Unzufriedenheit bei den wartenden Patienten und maximaler Stress für die Klinik-Mitarbeiter. Wer schwer oder gar lebensgefährliche Symptome hat, kommt zuerst dran. Wenn gar der Rettungsdienst für eine Bagatellerkrankung in Anspruch genommen wird, fehlt dessen Verfügbarkeit im schlimmsten Fall, wenn ein schwerer Unfall geschieht.

Diese Lage spitzt sich im Moment wieder zu, alle Beteiligten schlagen Alarm. Rettungsdienst, Notaufnahmen und auch Hausärzte sind überlastet. Während die einen mit schniefender Nase in der Notaufnahme sitzen und auf den Arzt warten, kämpft genau der im Schockraum nebenan um das Leben eines schwerkranken Patienten.

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Mehr als 100 Patienten pro Tag in St.-Vincenz-Notaufnahme

Allein die Notaufnahmen der St.-Vincenz-Kliniken Salzkotten und Paderborn behandeln jährlich circa 40.000 Patienten – pro Tag sind das über 100 Patientenkontakte. Beim Brüderkrankenhaus St. Josef Paderborn sind es jährlich rund 30.000 Patienten, mehr als 80 pro Tag, und im evangelischen Krankenhaus St. Johannisstift 10.000 Patienten im Jahr.

„An dieser Stelle ist es uns wichtig, gemeinsam aufzuklären“, so Landrat Christoph Rüther. „Es soll niemand mit Schmerzen zuhause bleiben. Für das Funktionieren unseres Gesundheitssystems ist es allerdings wichtig, betroffene Patienten an die richtige Stelle zu vermitteln.“

Der Besuch in der Notaufnahme sei nicht in jedem Fall die richtige Wahl. „Wir müssen die Patienten über die Problematik eines Besuches in der Notaufnahme sensibilisieren. Diejenigen, die medizinische Hilfe benötigen, sollen unterstützt werden, schnell die richtige Anlaufstelle zu finden“, so Ulrich Polenz, Leiter der Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung.

Wann sollte der Rettungswagen gerufen werden?

„Richtig ist jeder in der Notaufnahme des Krankenhauses bei akuten Blutungen, sehr starken Bauchschmerzen, Frakturverdacht, akuter Atemnot, Brustschmerz, Ohnmacht, Lähmungserscheinungen oder plötzlichem Sehverlust“, betonen die Sprecher der Paderborner Krankenhäuser. In solchen Fällen sollte auch niemand zögern, einen Rettungswagen zu holen.

Bei allen anderen Erkrankungen und Verletzungen sei der Hausarzt die erste Ansprechperson. Er kenne die Krankheitsgeschichte und sei in der Lage, den richtigen Behandlungsweg zu finden. Der Rettungsdienst im Kreis, Krankenhäuser und Ärzte stellen leider gehäuft fest, dass Menschen einen Rettungswagen rufen, um Zeit zu sparen oder weil sie nicht bis zum nächstmöglichen Termin beim Facharzt warten wollen.

„Terminschwierigkeiten sind kein Notfall“, betonten alle Beteiligten. Wenn die Hausarztpraxen geschlossen haben, etwa am Mittwochnachmittag, zu Abendzeiten oder an Wochenenden, und kein medizinischer Notfall vorliegt, ist die Bereitschaftsdienstpraxis im MediCo, Husener Straße 48, auf dem Gelände des Brüderkrankenhauses St. Josef in Paderborn die richtige Anlaufstelle.

Wer nachts oder am Wochenende dringend einen Arzt braucht, der kann überall in Deutschland die kostenlose Telefonnummer 11 61 17 anrufen. Der Anrufer wird dann mit dem nächstliegenden Bereitschaftsdienst verbunden.