Paderborn Steigende Preise und Einzelhandel: Kauflaune der Paderborner ist getrübt

Paderborn. An der teuersten Einzelhandelsmeile Paderborns folgen kurz aufeinander drei Leerstände. Ein Bild, das auch Symbolcharakter hat. Geschäfte wie "Esprit" und "Orsay" sind nicht mehr in der Fußgängerzone vertreten. Einige Meter weiter schließt Henrike von Besser ihren Laden "Made here" in der Rosenstraße. Inflation und Preissteigerungen senken die Kauflust spürbar. Citymanager Heiko Appelbaum sagt: "Die Attraktivität der Stadt ist meine Mission." Daher behält er die Entwicklung im Blick und gibt auch in Bezug auf die Gastronomie eine erste Prognose für Herbst und Winter ab. "Es gibt gerade eine ganz große Dynamik in allen Bereichen", beobachtet Appelbaum. Dabei gibt es seiner Ansicht nach einen großen Unterschied zwischen dem geänderten Konsumverhalten während der Corona-Pandemie und der aktuellen Krise während des Ukraine-Kriegs. Während der Lockdowns haben die Geschäfte schließen müssen, touristisches Reisen war nur sehr eingeschränkt möglich. "Da haben die Menschen sparen können", sagt er. Nun werde die Kauflust nicht von einem Lockdown, sondern von einer leeren Geldbörse ausgebremst - angesichts zahlreicher Preissteigerungen. Darunter leide vor allem das mittlere Preissegment bei den Einzelhändlern. Discounter und Luxus-Marken sind von der Entwicklung laut Appelbaum noch nicht in dem Maße betroffen. "Es gibt durchaus Menschen, die haben das Geld noch", sagt Appelbaum und spielt auf Waren wie Schmuck und sehr hochwertige Textilien an. Der Einzelhandel hatte sich nach dem Winter-Lockdown sehr gut erholt, meint der Citymanager. Frühlingsfest und Libori seien ein großer Erfolg gewesen, doch jetzt stünden viele vor einem großen Bruch. "Die Umsätze gehen runter", sagt Appelbaum. Getoppt werde diese Entwicklung noch von der "Hitzedelle". Bei Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke kommen deutlich weniger Kundinnen und Kunden in die Innenstadt - trotz klimatisierter Ladenlokale. "Was mich traurig macht, ist das Thema rund um Nachhaltigkeit", konstatiert Appelbaum. Paderborn habe sich im Bereich Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren gut aufgestellt und nun würde schnell gerade dort gespart werden. "Das merkt man daran, dass Geschäfte wie Made here und auch Unverpackt-Läden es schwer haben", so Appelbaums Eindruck. Trotz sinkender Umsätze gebe es dennoch eine steigende Anfragetendenz bei Einzelhändlern und Gastronomen, die sich in Paderborn ansiedeln wollen. "Ich habe 20 Gesuche auf dem Tisch", berichtet Appelbaum. Namen will er nicht nennen, doch darunter seien oftmals ganz neue Akteure aus dem Bereich Systemgastronomie und Textilhandel. Die Miete in der Westernstraße sei für Geschäftsleute jedoch oft zu hoch. "Deshalb wird sie in den nächsten Monaten ein Hebel werden", prognostiziert der Citymanager. Soll das bedeuten, dass Umsatzmieten - also Mieten, die sich in Teilen den Umsätzen des Händlers anpassen - eine Rolle spielen könnten? "Eine Umsatzmiete in Nebenlagen kann helfen, wenn es dazu beiträgt, einen Leerstand zu verhindern", formuliert Appelbaum vage. Gastronomie profitiere vom Nachholeffekt Zentral für die Entwicklung des Paderborner Einzelhandels sei neben der Mieten-Thematik auch das kommende Weihnachtsgeschäft. "Wenn da noch weiter gespart wird, sehe ich einige Händler in Bedrängnis kommen", warnt Appelbaum. Die Gastronomie profitiere derzeit noch von dem Nachholeffekt, dass Menschen nach den Lockdowns wieder essen gehen wollen. Gleichzeitig leide die Branche aber umso mehr unter dem Personalmangel. Um diesen schwierigen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen, soll es eine Innenstadtkonferenz geben. In einem nicht-öffentlichen Rahmen werden laut Appelbaum am 1. September die Stadt, Verwaltung, Einzelhändler, Gastronomen, Immobilienbesitzer, Werbegemeinschaft, Citymanagement und die Politik an einen Tisch kommen, um über die Innenstadt zu sprechen. IMOK und der Handel Die Interessengemeinschaft Innenstadt (IG Innenstadt) warnte zuletzt vor einigen Punkten, die im Integrierten Mobilitätskonzept (IMOK) vorgeschlagen werden. Großes IMOK-Ziel ist es, den Individualverkehr - sprich die Nutzung des Autos - deutlich zu reduzieren. Auf die Frage, wie sich das Citymanagement zu dieser Kritik positioniert, sagt Heiko Appelbaum: "Ich persönlich habe ein Problem damit, dass ich nicht weiß, wie viele sich hinter der IG Innenstadt verbergen. Ich denke, es ist ein Sprachrohr von wenigen." Teilweise könne er die Forderungen teilen, teilweise nicht. Appelbaum hält es für unwahrscheinlich, dass massive Änderungen wie eine Einbahnstraßenregelung der Friedrichstraße in den nächsten Jahrzehnten umgesetzt werden. "Das sind Gedankenspiele, die sehr weit in die Zukunft gehen", meint Appelbaum.

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