Paderborn Trotz Kritik: Experte sieht Schlosskreuzungs-Verkehrsprojekt als Erfolg

Paderborn-Schloß Neuhaus. Zu hoch waren die Erwartungen an das digitale Pilotprojekt zur Verbesserung des Verkehrs an der Schlosskreuzung in Schloß Neuhaus. Dies wurde jetzt noch einmal ganz deutlich. Im Ausschuss für Umwelt, Klima und Mobilität des Paderborner Stadtrats erläuterte Ansgar Trächtler vom Heinz Nixdorf Institut (HNI) erneut das Vorgehen und die Ergebnisse. Vor allem versuchte er, die eine Woche zuvor im Bezirksausschuss Schloß Neuhaus/Sande aufgekommene vehemente Kritik abzufedern und die Wogen zu glätten. Die Politik blieb weiter skeptisch. "Wir sind der Ansicht, dass das Projekt erfolgreich war", sagte Trächtler gleich zu Beginn. Die Funktionsfähigkeit eines entwickelten Projektpiloten sei nachgewiesen worden. Auch die Bezirksregierung Detmold als Fördergeldgeber sei zufrieden. Trächtler betonte, dass es eine herausfordernde Aufgabe und "ein gemeinsames Projekt zur Entwicklung von etwas ganz Neuem" sei: die Forschung und Entwicklung im Realbetrieb, vergleichbar mit einer Operation am offenen Herzen. Sprich: im laufenden Verkehr. Es sei dabei nicht das Ziel gewesen, am Ende ein funktionierendes System und eine Lösung für Schloß Neuhaus zu haben. Ziel war es laut Trächtler, dem hohen Verkehrsaufkommen mittels einer weiterentwickelten Steuerung zu begegnen. Dadurch sollte sich der Verkehr zu bestimmten Zeiten verflüssigen und Stauungen sowie Rückstaus verhindert werden. Ein Bestandteil war auch die Priorisierung von Bussen bei der Ampelschaltung. Für den Versuch wurden die Daten von sechs Ampeln an der Münsterstraße (B64) und der Residenzstraße/Bielefelder Straße bis zur Abbiegung Hatzfelder Straße ausgewertet. Zudem gab es 20 Messboxen entlang der Straßen. Die gesammelten Daten sollten zeigen, welche Verkehre den untersuchten Bereich zu welchen Tageszeiten passieren - und aus welchen Richtungen sie kommen. Nach der Auswertung wurde dann der Algorithmus entwickelt, der dem Verkehrsrechner mitteilt, wie die Ampeln für einen optimal fließenden Verkehr geschaltet werden müssen. "Jeder Partner kommt aus seiner Welt" In einer vierwöchigen Testphase im Mai sei dann erfolgreich nachgewiesen worden, "dass der prototypische Aufbau funktioniert", so Trächtler. Vor allem die ÖPNV-Wartezeiten hätten sich reduziert. Doch es gab einen großen Knackpunkt. Es haperte bei der Kommunikation zwischen den Ampeln, dem Paderborner Verkehrsrechner und der Server beim HNI. Die Rückspiegelung der Daten habe Verzögerungen von sieben Sekunden mit sich gebracht. Zudem gab es Störungen. Hier sei eine Verbesserung der technischen Voraussetzungen in der Kommunikation notwendig. Da das HNI mit den beteiligten Projektpartnern RTB (Bad Lippspringe), Stührenberg (Detmold) und Stadt Paderborn noch nicht zusammengearbeitet habe, habe man mit diesen Problemen nicht gerechnet, sagte Trächtler zur Frage von Gerhard Todt (Linke), ob nicht klar gewesen si, dass die technischen Voraussetzungen nicht ausreichen. "Jeder Partner kommt aus seiner Welt." Zwei Ausschüsse, zwei unterschiedliche Vorträge? Markus Mertens (CDU), einer der Hauptkritiker vor einer Woche, wo Sandra Gausemeier (HNI) berichtet hatte, war der Meinung, in den beiden Ausschüssen zwei unterschiedliche Vorträge gehört zu haben. Für ihn und die Menschen sei mit dem 2,3-Millionen-Euro-Projekt die Hoffnung verbunden gewesen, dass sich die Verkehrssituation insgesamt verbessere. Jetzt werde es so gedeutet, dass wichtige Erkenntnisse gewonnen seien. Zudem sei es verpasst worden, über die Probleme zu informieren. Deshalb gäbe es jetzt diesen Knall. Mertens fragte, wie man mit den Erkenntnissen weiter umgehen kann. Es wäre gut, das Projekt - auch mit Blick auf Paderborns Integriertes Mobilitätskonzept - voranzubringen. Auch Florian Rittmeier (Grüne) verwies auf die hohe Erwartungshaltung im Rat und in der Bevölkerung - und dass das Projekt die Lösung für Verkehrsprobleme in Schloß Neuhaus und Paderborn liefere. Die jetzigen Ergebnisse seien "ein Baustein, aber nicht die Lösung". Er fragte sich, wie man den Projektpiloten in die Praxis überführen kann. "Wir haben uns davon alle mehr versprochen", sagte Ulrich Koch (SPD), der in Zwischenberichten gerne von den Problemen erfahren hätte. Ein Folgeprojekt wäre sinnvoll "Wir haben nicht damit gerechnet, dass eine solche Erwartungshaltung herrschte", sagte Ansgar Trächtler. Zur Option von Zwischenberichten meinte er, dass sie als Techniker vorsichtig mit Zwischenmeldungen seien. Paderborns Technische Beigeordnete Claudia Warnecke verwies auf die mit den Ergebnissen - und dass es möglich sei, den Verkehr zu Zeiten hoher Belastungen und Stickstoffimmissionen zu verflüssigen - zufriedene Bezirksregierung. Laut Warnecke müsste sich jetzt ein weiteres Forschungsprojekt anschließen. Etwa zur Frage, ob ein dezentrales System besser geeignet sei. Allerdings gehe es dabei auch um finanzielle und personelle Ressourcen der Stadtverwaltung. Im für die Ampeltechnik-Infrastruktur zuständigen Bereich seien zwei von drei Stellen unbesetzt. Der Fokus liege jetzt zunächst auch auf dem 24-Millionen-Projekt "Smart City Call" zur Stadtentwicklung des Areals der Barker-Kaserne, dem Zukunftsquartier. Dies müsse bestückt werden, so Warnecke.

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