Paderborn Handwerkerin und Model: Ihre Welt sind die Baustellen und Laufstege

Paderborn. Etwas mit den Händen schaffen. Am Ende des Tages sehen, was man geleistet hat. Sandra Hunke liebt ihren Beruf als Handwerkerin. Baustellen, Staub, Dreck - das ist ihre Welt. Zumindest für die Hälfte der Woche. Zweieinhalb Tage in der Woche arbeitet die 29-Jährige als Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik bei der Badgalerie Blome in Schloß Neuhaus. Ab mittwochs tauscht sie dann Arbeitshose und Sicherheitsschuhe gegen Designerkleider und Pumps mit hohen Absätzen. Als Model steht sie weltweit auf Laufstegen und vor Kameras. "Dann fühle ich mich wie eine Prinzessin." In beiden Welten begegnen Sandra Hunke immer wieder Vorurteile. Dagegen kämpft sie an, auch öffentlich: Auf Instagram gibt sie Einblicke in ihren Arbeitsalltag auf der Baustelle und auf dem Laufsteg - mehr als 100.000 Menschen folgen ihr. Die Fotos zeigen sie mit Schlagbohrer und Rohrzange oder in eleganten Kleidern beim Fotoshooting in Mailand und mit aufwendigen Frisuren auf dem Laufsteg bei der Berliner Fashion Week. Zudem hat sie kürzlich ein Kinderbuch veröffentlicht: "Bella Baumädchen" soll Kinder ermutigen, sich auszuprobieren und sich nicht von handwerklichen Tätigkeiten abschrecken zu lassen. Lieber in die Werkstatt als in die Küche So wie es Hunke selbst erlebt hat: Ihr Vater ist selbstständiger Fliesenleger. Schon früh kommt sie mit Werkzeug in Berührung. "Ich war immer lieber in der Werkstatt als in der Küche", sagt Hunke. 2012 macht sie ihre Ausbildung, sammelt Berufserfahrung, saniert ein baufälliges Schnäppchenhaus. Ihre Freundin meldet sie für die Wahl zur "Miss Handwerk" an - das ist ihre Entdeckung als Model. "In mir schlagen ein Handwerker-Herz und ein Model-Herz", sagt die 29-Jährige, die in Schlangen wohnt. "Wenn ich auf der Baustelle mit Zöpfen und gemachten Nägeln auftauche, gibt es schon manchmal komische Blicke oder auch dumme Sprüche", sagt Hunke. "Man muss das einordnen können, aber sich auch wehren." Als Frau müsse man immer Vollgas geben und sich beweisen. Wenn man einen Fehler macht, heißt es: Typisch Frau. Wenn ein Mann einen Fehler macht: Passiert halt. "Ich habe doch genau das Gleiche gelernt wie die, kann die gleichen Sachen." Auch körperlich sei das Handwerk längst nicht mehr so anstrengend wie früher: "Ja, ich spare mir Zeit und Geld fürs Fitnessstudio, aber unser Beruf ist sehr modern geworden, vieles nimmt einem heute die Technik ab." Kollegen wollten keine Frau im Team Trotzdem sind Frauen im Handwerk längst noch nicht selbstverständlich. Auch wenn sie zu Kunden kommt, hört sie manchmal die überraschte Frage: "Eine Frau? Können Sie das denn?" Eine Kundin habe sich im Nachhinein bei ihr mit einer Tafel Schokolade dafür entschuldigt. Sandra Hunke nimmt es locker. Was ihr allerdings sehr zugesetzt hat, war die Absage auf eine Bewerbung, die sie vor einiger Zeit erhalten hatte: Die Kollegen wollten keine Frau im Team, drohten mit Kündigung, sollte sie eingestellt werden. "Daran hatte ich echt zwei Wochen lang zu knabbern", sagt Hunke, die eigentlich so gar nicht auf den Mund gefallen scheint. Doch eine so offensichtliche Zurückweisung aufgrund ihres Geschlechts hatte sie bis dahin noch nicht erlebt. "Ich hätte das nicht zugelassen", wird ihr heutiger Chef Ulrich Blome deutlich. Er sei froh, Sandra im Team zu haben. Sie sei fachlich kompetent, absolut zuverlässig, offen und kommunikativ, was besonders im Kundendienst von Vorteil sei. Ein Problem, gibt er zu, sei allerdings zunächst ihr Wunsch nach Teilzeit gewesen. Um das Handwerk mit dem Modeln unter einen Hut zu bekommen, arbeitet Sandra Hunke montags und dienstags und alle zwei Wochen mittwochs. Teilzeitstellen seien jedoch im Handwerk eher unüblich. "Wir müssen da lernen, flexibler zu sein", sagt Blome selbstkritisch mit Blick auf seine Branche. Angesichts des Fachkräftemangels sei es heutzutage umso wichtiger, dem Nachwuchs gute Arbeitsbedingungen zu bieten. "Gute Bezahlung allein reicht nicht mehr." Mehr Teilzeitstellen könnten auch dabei helfen, Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bekommen, was das Handwerk attraktiver für Frauen machen könnte. "Ich würde mich über Kolleginnen freuen", sagt Sandra Hunke. Ob sie sich dabei als Vorbild sieht? Mit dem Begriff tut sie sich schwer. Aber sie werde immer mal wieder von Frauen angesprochen, dass diese sich wegen ihr fürs Handwerk entschieden hätten. Eine Identifikationsfigur scheint sie also für einige zu sein. "Mein Wunsch ist es, dass Frauen auf dem Bau ganz normal sind", sagt sie. Mit Zöpfen oder Kurzhaarfrisur, mit lackierten Fingernägeln oder ohne. "Einfach gemeinsam arbeiten, Hand in Hand, sich unterstützen" - ganz egal ob Mann oder Frau. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von SANDRA HUNKE 💯 (@sandra_hunke)

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