Krankenhäuser in Paderborn überlastet: "Impfen bleibt der Königsweg"

Kreis Paderborn. Der Dampf ist raus. So fasst Ulrich Polenz die Lage rund um die Corona-Impfungen im Kreis Paderborn zusammen. Der Bezirksstellenleiter der KVWL und Vorsitzender des Paderborner Praxisnetzes findet ebenso deutliche Worte mit Blick auf die Krankenhäuser, die allesamt überlastet seien: "Für die Mitarbeiter ist es eine mittlere Katastrophe." Ein Überblick. Covid-19-Impfungen "Erstimpfungen werden so gut wie gar nicht nachgefragt", sagt Polenz. Ungeimpfte jetzt noch umstimmen zu können, ist seiner Ansicht nach Wunschdenken. "Bei denjenigen handelt es sich entweder um Menschen, die sich aus Überzeugung nicht impfen lassen oder weil sie durch Fehlinformationen große Angst haben." Beratungsangebote hätten da seiner Erfahrung nach wenig Erfolg.Anders sieht es bei den Boosterimpfungen aus: Zumindest bei den Drittimpfungen sei die Nachfrage da. Bei Viertimpfungen für Unter-70-Jährige hingegen herrsche große Unsicherheit. Die Arbeiten an einem neuen Impfstoff für die Omikron-Variante, verschiedene Experten-Meinungen und laufende Studien sorgen seiner Ansicht nach für ein uneindeutiges Bild. "Diese Unsicherheit bremst die Impflust", schlussfolgert Polenz. Auch die Paderborner Kreisverwaltung teilt auf Nachfrage mit, dass das Impfinteresse deutlich abgenommen hat. Während in der ersten Kalenderwoche 749 Erstimpfungen in der Sälzerhalle verabreicht wurden, waren es vergangene Woche nur 16. Hinzu kamen 47 Zweitimpfungen, 105 erste Boosterimpfungen und 208 zweite Auffrischungsimpfungen. Insgesamt zählte die Impfstelle damit in der vergangenen Woche 376 Impfungen - so gering war die Zahl 2022 noch nie. Auch der Impfstoff Nuvaxovid von Novavax sei weiterhin nur in geringen Mengen gefragt. Dass die Nachfrage nach Impfungen enorm gesunken ist, stellen auch die Apothekerinnen und Apotheker fest. "Das ist der Grund, wieso viele Apotheken die Füße still halten und derzeit kein Impfangebot machen", sagt Philipp Hoffmann, Sprecher der Apotheken im Kreis Paderborn. Sollte die Nachfrage wieder steigen, sei man "vorbereitet und motiviert. Aber das ist gerade nicht notwendig." Als Positivbeispiel führt Hoffmann die Amts-Apotheke in Lichtenau-Atteln an. Hier wird nach Absprache mit dem örtlichen Hausarzt weiter geimpft. "Circa neun Menschen kommen wöchentlich zu uns, meist geht es dabei um die Viertimpfung", berichtet Wilfried Josephs, Inhaber der Amts-Apotheke. Krankenhäuser Omikron hat laut Ulrich Polenz dazu geführt, dass so viele Corona-Patienten wie noch nie auf den Normalstationen der Paderborner Krankenhäuser liegen. Die meisten von ihnen gehörten zu vulnerablen Gruppen, seien über 70 oder 80 Jahre alt. Mit Blick auf die Hotspot-Regelungen sind laut Polenz für den Kreis Paderborn drei von vier Kriterien erfüllt: Bei der Krankenhausbelegschaft herrscht aufgrund von Covid-19 ein hoher Krankenstand, die Normalstationen sind mit Corona-Patienten überfüllt und planbare Operationen werden verschoben. Regelmäßig würden sich die Krankenhäuser bei der Leitstelle des Rettungsdienstes abmelden, weil sie keine Patienten mehr aufnehmen können. Sollte es nötig sein, greift dann die Regelung der Notzuweisung. "Hier haben sich die Krankenhäuser schon auf einen Schlüssel für die Notzuweisungen geeinigt", so Polenz. Die ernste Lage in den Krankenhäusern stehe in einem starken Kontrast zu der Aufbruchstimmung in der Gesellschaft angesichts gelockerter Corona-Regeln. Laut Polenz müsste der Landtag feststellen, ob der Kreis Paderborn eine Hotspot-Region wird. Angesichts des gescheiterten Bielefelder Versuchs in diese Richtung sagt er: "Das kriegt man nicht durch." Er empfiehlt, sich dennoch so zu verhalten und in geschlossenen Räumen weiter zur Maske zu greifen. "Mit einer richtig getragenen FFP2-Maske hat man ein Risiko von 0,02 Prozent, sich zu infizieren." Das sei angesichts von Inzidenzwerten über der 1000er-Marke und überlasteten Krankenhäusern eine zentrale Maßnahme, die jeder ergreifen könne. Impfpflicht Mitarbeitende in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen mussten ihren Arbeitgebern bis zum 15. März den Nachweis einer vollständigen Impfung oder einer maximal 90 Tage zurückliegenden Genesung von einer Corona-Infektion vorlegen. Andernfalls mussten die Einrichtungen diese Fälle bis zum 31. März an das Kreisgesundheitsamt melden. Laut Paderborner Kreisverwaltung sind bis dato 621 Personen gemeldet worden. Bis spätestens zum 15. Juni sind nun von den gemeldeten Personen die Immunitätsnachweise anzufordern und gegebenenfalls ärztliche Untersuchungen anzuordnen. Anschließend werden sowohl die Betroffenen als auch die jeweiligen Einrichtungen zu einem Betretungs- und Tätigkeitsverbot angehört. Im Rahmen einer Ermessensentscheidung ist dann so ein Verbot zu erlassen. "Gegebenenfalls sind auch Bußgeldverfahren einzuleiten", heißt es aus der Kreisverwaltung. Perspektive "Wir alle sind es leid", sagt Polenz. Impfmüdigkeit und Freude über gelockerte Corona-Regeln prägten große Teile der Gesellschaft. Er hält mit Blick auf die Todesfälle dagegen: "Wir sind abgestumpft. Impfen bleibt der Königsweg aus der Pandemie heraus, weil es für milde Verläufe sorgt." Impfen und das Tragen der Maske seien die Gebote der Stunde.

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