Für Impfverweigerer im Paderborner Gesundheitswesen wird es jetzt spannend

Paderborn. Während ab kommenden Donnerstag im Deutschen Bundestag über verschiedene Vorschläge zur Einführung einer allgemeinen Coronaschutz-Impfpflicht debattiert wird, stellt sich die Lage für Mitarbeitende in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen schon viel konkreter dar: Sie müssen ihren Arbeitgebern bis zum 15. März, also kommenden Dienstag den Nachweis einer vollständigen Impfung - eine Booster-Impfung ist dafür nicht notwendig - oder einer maximal 90 Tage zurückliegenden Genesung von einer Corona-Infektion erbringen. Andernfalls müssen die Einrichtungen diese Fälle bis zum 31. März an das Kreisgesundheitsamt melden. Das wird auch in Paderborner Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen einen harten Kern von Impfverweigerern treffen. Dabei ist dort die Impfquote mit über 95 Prozent durchgehend besonders hoch. Darauf ist man in den Einrichtungen denn auch besonders stolz, seien sie doch die Frucht zahlreicher persönlicher Gespräche und Werbemaßnahmen fürs Impfen, bei denen man aber ausdrücklich darauf verzichtet habe, Druck auszuüben, wie es unisono vom Caritasverband (Impfquote 96 Prozent), den St.-Vincenz-Kliniken (Impfquote 95 Prozent), dem St. Johannisstift und dem Brüderkrankenhaus St. Josef (Impfquote bei beiden 97 Prozent) heißt.Denn: "Unsere Mitarbeitenden sind unser höchstes Gut, wir können auf niemanden verzichten", sagt Simone Yousef, Sprecherin des Brüderkrankenhauses, wo es noch 40 Ungeimpfte bei einer Belegschaft von 1.400 Personen über alle Berufsgruppen inklusive Logistik und Reinigungsdienst gibt. Auf Kündigungen wolle man von sich aus denn auch verzichten, sagen alle - und sind dennoch gespannt, was in den nächsten Wochen passiert. Gravierende negative Folgen für die Versorgung und Betreuung von Patienten werden allerdings eher nicht befürchtet - aufgrund der besonders hohen Impfquote. Martin Baur, Ärztlicher Direktor der St.-Vincenz-Kliniken, schränkt jedoch ein: "Wenn wir tatsächlich auf Mitarbeiter verzichten müssen, wäre das in jedem Fall schmerzlich und von Nachteil für den betroffenen Bereich. Möglicherweise müsste die medizinische Versorgung eingeschränkt werden."Zunächst freigestellt beim Caritasverband Ganz normal weiter arbeiten Impfverweigerer denn auch momentan noch bei den meisten Einrichtungen. Vorübergehend freigestellt sind sie allerdings ab 16. März, also sobald das Gesetz in Kraft tritt, bei den 37 darunter fallenden Einrichtungen des Caritasverbandes. Das trifft nach Angaben von Hans-Werner Hüwel, Bereichsleiter Pflege und Gesundheit, von 1.100 Mitarbeitenden mindestens 13, die sich auf keinen Fall impfen lassen wollen; 23 dächten darüber nach, eine Impfung mit Nuvaxovid, dem Proteinimpfstoff von Novavax, vornehmen zu lassen, sieben hätten ein ärztliches Attest. Im April seien sie jedoch wieder für ihre Dienste eingeplant - so lange wie vom Gesundheitsamt keine rote Karte kommt. Doch damit ist so schnell nicht zu rechnen. Nach Angaben von Kreis-Sprecherin Michaela Pitz nimmt das Gesundheitsamt in den gemeldeten Fällen zunächst Kontakt mit den Beschäftigten auf und setze "noch einmal eine angemessene Frist, den Nachweis vorzulegen". Danach habe man die Möglichkeit, ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot auszusprechen. Zu berücksichten seien laut NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales dabei auch "personenbezogene Aspekte und auch die konkrete Situation in den Einrichtungen". Stichtag für einen Abschluss der Prüfungen ist der 15. Juni - also erst in drei Monaten. "Grundsätzlich haben wir Verständnis für diese Art der Impfpflicht. Schließlich geht es um den Schutz von vulnerablen Gruppen", sagt Martin Wolf, Sprecher des Vorstands des St. Johannisstift. Dennoch gebe es viel Unmut in der Belegschaft, weil die Pflicht nun ausgerechnet diejenigen treffe, die im Verlauf der Pandemie besonders herausgefordert worden seien. Deshalb favorisiere man denn auch eine allgemeine Impfpflicht statt der berufsbezogenen. Hans-Werner Hüwel formuliert es so: "Viele in der Belegschaft fühlen sich von der Politik im Stich gelassen, wenn die allgemeine Impfpflicht nicht hinterherkommt." Neuer Impfstoff hat die Lage nicht verändert Unterdessen scheint auch das noch neue Angebot des Protein-Impfstoffs von Novavax, das inzwischen in der Impfstelle des Kreises in Salzkotten ohne Priorisierung an alle ab 18 Jahren abgegeben wird, nicht viel an der Lage geändert zu haben. Während Martin Wolf nur von "ganz wenigen" berichtet, die sich damit noch hätten umstimmen lassen, machen andere dazu noch gar keine Angaben. Die Bescheinigungen dazu gingen erst in der nächsten Woche ein, so Martin Baur von den St.-Vincenz-Kliniken. Seitens des Kreises wird von einer "sehr verhaltenen Nachfrage nach Novavax" gesprochen. Michaela Pitz: "Pro Tag lassen sich in der Impfstelle in Salzkotten rund 10 bis 20 Personen impfen." Insgesamt ließen sich in der Impfstelle aktuell pro Tag etwa 100 Menschen impfen. Man plane derzeit aufsuchende Impfungen in Heimen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe sowie Werkstätten für Behinderte, um nach abgeschlossener Grundimmunisieung und erfolgter erster Auffrischimpfung eine zweite Auffrischimpfung zu ermöglichen. Novavax sei derzeit aber nicht für Auffrischimpfungen vorgesehen. Man werde den Protein-Impfstoff aber "auch mit im Gepäck vorhalten für jene, die sich noch nicht haben impfen lassen und auf eine Alternative zu den mRNA-Impfstoffen gewartet haben". Werden in Einzelfällen Betretungsverbote ausgesprochen, ist noch reichlich unklar, was konkret passiert. Hans-Werner Hüwel hat für den Caritasverband den womöglich zu Entlassenden, die sich dann bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend melden würden, signalisiert, dass man sie wieder einstellen wolle, sobald das geht. Josef Düllings, Hauptgeschäftsführer der St.-Vincenz-Kliniken: "Die Entscheidung über Entlassungen liegt nicht beim Arbeitgeber. Allerdings sehe ich das übergeordnete politische Handeln als fraglich an, wenn wir sehen, dass in Österreich die allgemeine Impfpflicht wieder ausgesetzt werden soll."

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