Michael Dreier: „Beim Thema Corona stelle ich mich jeder Diskussion“

Was waren Ihre persönlichen Highlights 2021?MICHAEL DREIER: Ich bin sehr froh, dass wir &bdquo;Libori light“ feiern konnten. Die Menschen wollten wieder raus vor die Tür, das hat man gemerkt. Toll war auch, dass Herbstlibori so gut angenommen wurde. Auch die erfolgreiche Premiere der Expedition Wissenschaft war ein Highlight für mich und dass Dr. Poetting vom Vorstand der Firma Biontech hier Rede und Antwort stand. International war es das Treffen mit unseren Partnerstädten, das zwar online stattfand, doch sehr rege und interessant war. Es waren aber auch immer diese Momente, zu sehen, dass alle anpacken und mitmachen, um gemeinsam aus der Pandemie herauszukommen, die mich persönlich beeindruckt haben. Und: Es konnte jedem und jeder ein Impfangebot gemacht werden. Und was war Ihr Negativ-Highlight? Das Negative in diesem Jahr war, dass ein Ratsmitglied der AfD, das gegen die Coronaauflagen verstieß, aus dem Rathaus getragen werden musste. Das hat mich schockiert. Das kann nicht Politik in Paderborn sein. Zum Glück war das ein absoluter Einzelfall. Ein Ende der Corona-Pandemie ist auch 2022 noch nicht in Sicht.Momentan mache ich mir Sorgen mit Blick auf die neue Virusvariante Omikron. Ich denke, wir sind mehr denn je gefordert, uns dieser Situation zu stellen. Wir schaffen es nur, wenn sich wirklich alle impfen lassen. Deswegen auch an dieser Stelle mein Appell: impfen, impfen und impfen. Deshalb appelliere ich auch an den Trainer des SC Paderborn, sich als großes Vorbild für die Sportfamilie Paderborn impfen zu lassen. Protest gegen die Corona-Maßnahmen gibt es auch in unserer Stadt. Wie blicken Sie darauf?Wir leben in einer Demokratie, da sind Demonstrationen erlaubt. Keine Frage. Wenn man sich die Demonstrationen aber bundesweit anschaut, dann finde ich das besorgniserregend. Bei diesem Thema stelle ich mich jeder Diskussion, aber ehrlich gesagt, habe ich kein Verständnis dafür, dass man in dieser Sache auf die Straße geht. Oft ist auch die Rede von der Spaltung der Gesellschaft. Sehen Sie das auch so? Das Thema nehme ich sehr ernst. Ich würde mir wünschen, dass sich auch die große Zahl der Impfbefürworter entsprechend zu Wort meldet.Kommt Ihnen viel Kritik entgegen??Kritik gibt es immer mal wieder. Auf der Straße oder auch in den Sozialen Medien. Da sage ich auch eindeutig, dass ich zu der 2G-Regel stehe. Mit Blick auf den Weihnachtsmarkt, der Gastronomie oder den Einzelhandel – ich bin dankbar, dass das gut funktioniert. In anderen Städten wurden Weihnachtsmärkte allerdings abgesagt.Ich bin der Überzeugung, dass wir beides machen mussten: An die Bevölkerung appellieren sich impfen zu lassen und rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, in diesem Fall die 2G-Regelung, um solche Veranstaltungen anbieten zu können. Natürlich gab es intensive Gespräch mit den Schaustellern und ich habe immer gesagt, dass wir die Situation genau beobachten müssen und wenn notwendig, dann sofort schließen. Ich bin aber auch der Meinung, dass man der Gesellschaft ermöglichen muss, zusammenzukommen. Lassen Sie uns auf das Jahr 2022 blicken. Der Haushalt wurde mit einem Defizit von rund 30 Millionen Euro beschlossen. Der Haushalt gibt die Rahmenbedingungen für eine weiterhin äußerst positive Entwicklung in Paderborn auf den Weg. Wir haben aktuell viele Baumaßnahmen, wie die neue ZOH oder die Brücke an der Bahnhofstraße. Da muss es weitergehen und dafür brauchen wir die finanziellen Mittel. Man sieht es ja auch im Stadtbild – Paderborn entwickelt sich. Umso wichtiger ist es, dass wir als Kommune alles daran setzen, die Wirtschaft zu stärken, Arbeitsplätze zu sichern und auszubauen und damit ein gutes Fundament für die nachwachsende Generation legen. Entwicklungen sieht man auch in Sachen Verkehr. Es wurde bereits viel in Radwege investiert.Ich stehe zur Mobilitätswende. Ich appelliere immer, auf das Rad oder auf den Bus umzusteigen, wenn es möglich ist. Darum investieren wir intensiv in unsere Radwege und Fahrradabstellplätze in der Stadt. Momentan sind wir in Gesprächen darüber, welche am Schützenplatz zu installieren. Der Radverkehr nimmt – Gott sei Dank – deutlich zu. Ich sage immer: Fünf Kilometer in der Innenstadt ist man mit dem Rad immer schneller unterwegs als mit dem Auto. Aber nicht jeder oder jede wohnt in der Kernstadt.Darum setze ich auf den Mix. Das ist auch unser Konzept beim IMOK, dem Mobilitätskonzept. Dabei versucht man alle Verkehrsteilnehmer aufeinander abzustimmen. Die Digitalisierung spielt dabei eine wichtige Rolle, zum Beispiel bei der Parkplatzsuche oder der Ampelschaltung. Aber ich würde mich nie gegen das Auto in der Innenstadt aussprechen, dafür ist unsere Region zu ländlich geprägt. Schauen wir auf die Entwicklung der Innenstadt. Auch da hat sich viel getan. Reicht das, um auch langfristig zum Einkaufen attraktiv zu sein? Ich finde die Entwicklung absolut positiv – zum Beispiel die Umgestaltung des Markt- und Domplatzes oder der Königsplätze. Der neue Supermarkt in der ehemaligen Zentralstation wird nochmal für mehr Belebung sorgen. Ich bin zuversichtlich was die Innenstadt angeht, dem Kampf gegen den Onlinehandel muss man sich stellen. Ich bin eindeutiger Verfechter der verkaufsoffenen Sonntage. Das ist eine totale Bereicherung für den stationären Handel. Die Gewerkschaften, die dagegen handeln, kann ich nicht verstehen. Wie ist der aktuelle Stand beim neuen Stadthaus? Wir sind komplett im Plan. Das neue Jahr wird geprägt sein durch die Fertigstellung der sogenannten Vorentwurfsplanung. Nach dem Sommer soll diese dem Rat vorgelegt werden. Dabei geht es nicht nur um den Hochbau, sondern auch um die Planung der umgebenden Plätze und Verkehrsfläche, mit Ausnahme des Marienplatzes. Dann wird es auch eine Kostenschätzung geben, die den bisherigen Kostenrahmen konkretisiert. Die Bereiche zum Marienplatz C und Ca sollen im Herbst 2022 leer gezogen werden. Abgerissen wird dann Anfang 2023. In diesem Jahr beginnt auch das Planungsverfahren für die Sanierung der Gebäudeteile A und B, deren bauliche Umsetzung im Jahr 2025 starten wird. Fertig soll das ganze Projekt 2028 sein. Über die Übergangslösungen werden wir demnächst den Rat und die Öffentlichkeit informieren. Was passiert mit dem Verwaltungsgebäude an der Pontanusstraße?Das Ziel ist es, das Grundstück langfristig der Wohnbebauung zuzuführen. Wir beabsichtigen aber, den Standort zumindest in Teilen als Zwischenlösung zu nutzen. Dort befindet sich ja derzeit zum Beispiel noch das Stadtarchiv. Wir werden aber auch externe Flächen anmieten, da sind die Gespräche sehr konkret. Ein Gesamtkonzept für die Entwicklung des Grundstücks an der Pontanusstraße soll im Februar im Betriebsausschuss vorgestellt werden. Stichwort: Wohnungsmarkt. Welche Rolle spielen dabei die Britenhäuser?Insgesamt sprechen wir über 1.500 Britenhäuser. Die Hälfte davon, die nicht im Eigentum der BImA stehen, sind schon am Paderborner Wohnungsmarkt angekommen. Rund 410 Wohneinheiten der BImA werden weiterhin von den britischen Streitkräften in Sennelager genutzt. Das betrifft das Areal Thuner Weg und An der Grimke. Dann gibt es noch die gemeinsame Wohnraumoffensive, bei der die BImA die Wohnungen selbst vermietet. Dies betrifft rund 250 Wohnungen, die vorrangig an Bundes- und Landesbedienstete gehen. Das läuft zurzeit. Uns als Stadt sind Objekte angeboten worden, in denen wir zum Beispiel geflüchtete Familien bereits untergebracht haben. Die Fläche an der Rathenaustraße im Riemekeviertel ist der Stadt zum Erstzugriff angeboten worden. Dort sollen künftig etwa 200 neue Wohneinheiten, eine Kita und ein Supermarkt entstehen. Aktuell läuft diesbezüglich die Wertermittlung. Es gibt ja auch noch weitere Bauprojekte.In den Baugebieten Dr.-Rörig-Damm, Brukterterweg und Springbach Höfe entstehen zur Zeit insgesamt rund 1.000 Wohneinheiten. Wir setzen aber alles daran, auch weiterhin bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, und sind in intensiven Gesprächen, was neue Flächen auch in den Stadtteilen angeht. In der Innenstadt entstehen rund 800 neue Wohneinheiten im Alanbrooke-Quartier, 300 auf dem Gelände der Dempsey-Kaserne in Schloß Neuhaus und dann gibt es noch das Zukunftsquartier mit einer Größe von etwa 54 Hektar. Dass wir diese drei großen Quartiere realisieren können, ist wirklich eine gigantische Chance für Paderborn. Wird das langfristig ausreichen?Wir werden weiterhin eine Verdichtung bekommen. Auch in der Innenstadt. Aber durch die großen Konversionsflächen sind wir für die Zukunft gut gerüstet. Laut Prognosen wird Paderborn bis 2030 weiter wachsen. Was steht 2022 an?Viele Veranstaltungen zum Jahresbeginn wurden bereits abgesagt. Wir werden alles daran setzen, dass wir das Libori-Jubiläum nachholen können: 500 Jahre Libori-Kirmes und 50 Jahre Bierbrunnen. Auch der Osterlauf soll möglichst stattfinden, dieses Mal unter der 2G-Regelung. Vom 14. bis 22. Mai ist der Lunapark geplant, in diesem Jahr mit einem Pottmarkt – dem Lunamarkt. Und wenn es eben geht, würden wir gerne die Vertreter unserer Partnerstädte wieder in Paderborn begrüßen. Die Uni feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Mit dem Digitalkongress am 10. März im HNF und seiner bundesweiten Ausstrahlung zeigen wir, dass die Digitalisierung auch weiterhin für uns ein ganz wichtiges Thema ist. Für das Zukunftsquartier wird im April/Mai der Masterplan vorgestellt. Außerdem planen wir für den September dort eine Präsentation der Regionale-Projekte aus Stadt und Kreis Paderborn. Haben Sie einen Wunsch für 2022?Dass sich die Menschen in unserer Stadt weiterhin mit aller Kraft für das gemeinsame Wohlergehen einsetzen, damit wir die Herausforderungen dieser außergewöhnlichen Zeit zusammen meistern.

Meistgelesen