Jacoby-Firmenzentrale in Paderborn: Arbeiten auf einer architektonischen Insel

Paderborn. An diesem Ort sieht Paderborn anders aus. Es ist weder historische Kulisse noch Nachkriegssubstanz oder modern und zweckmäßig, was im Dreieck zwischen Kisau, Spitalmauer und Pader entstanden ist. Geschichte und Gegenwart vereinen sich zu einer harmonischen Komposition. Nichts wirkt künstlich oder übertrieben – trotz hochwertigster Materialien. In ihrer eleganten Schlichtheit ist die Firmenzentrale der Paderborner Unternehmerfamilie Jacoby, so muss man es wohl sagen, an der Pader einzigartig. Seit im Juni 2015 bekannt wurde, dass das international renommierte Büro David Chipperfield Architects in Paderborn tätig wird, waren die Menschen gespannt. Und zwar darauf, wie die Firmenzentrale der Jacobys und ihrer Tap Holding letztlich aussehen wird. Im Vorjahr wurde das Gebäude dann vollendet. Coronabedingt gab es bisher keine offizielle Einweihung, diese soll aber demnächst folgen. Danach werde man sich der Öffentlichkeit auch nicht ganz verschließen, sagte Unternehmer Franz Jacoby. Es werde aber auch nicht im gewünschten Maße geöffnet und die architektonische Insel am Paderquellgebiet garantiert kein Bestandteil einer Stadtführung sein. Der NW gewährte Jacoby aber einen Blick hinter die Mauern des Baus, dessen Grundriss und Architektur sich an dem ehemaligen Kapuzinessen-Kloster aus dem 17. Jahrhundert orientiert. Insgesamt vereint der Gebäudekomplex fast 400 Jahre Ordens- und Krankenhausgeschichte. In die Firmenzentrale geht es zunächst durch das Portal der 1659 fertiggestellten Klosterkapelle, das zum repräsentativen Eingangstor geworden ist. Neben zwei Gedenksteinen – dem der Ordensgründerin Regina von Horstmar und des ersten medizischen Leiters des später hier beheimateten Landeshospitals, Wilhelm Anton Ficker – ist es der einzige Teil, der unter Denkmalschutz steht. Doch Jacoby und die Architektur-Experten von Chipperfield haben sich gemeinsam dazu entschlossen, viel mehr zu bewahren. Die gesamte Substanz aus dem 17. Jahrhundert wurde erhalten, alle nachträglichen Anbauten aus dem 19. und 20. Jahrhundert dagegen abgerissen. Dabei wird bewusst gezeigt, was alt und was neu ist. Das ist schon beim Gang durch die frühere Kapelle sichtbar. Im Zweiten Weltkrieg war die Kirche zerstört worden. Wo das alte Mauerwerk aus Bruchstein eingefallen und löchrig war, wurde es sensibel mit Ziegeln und Schlämme ausgebessert. Von hier aus geht es weiter in das mächtige Foyer mit gläserner Decke, in dem nur ein Empfangstresen steht. Eine Betontreppe führt nach oben. In dem zwei- und teils dreigeschossigen Bau ist viel Raum für die verschiedenen Arbeitsbereiche. In einem Teil – hier wird bei der Stippvisite etwa gestrickt – ist die Entwicklungs- und Designsektion, vertreibt Jacoby über mehrere Produktlinien doch 30.000 Artikel. Einzelne Abteilungen gibt es zudem für Verwaltung, Marketing, Einkauf, Filialbetreuung und IT unter anderem für die Online-Portale. Immer klasse ist der Ausblick der Beschäftigten: egal ob auf Dom, Pader, Spitalmauer oder Garten. Unter dem Dach der Tap Holding vertreibt die Familie Jacoby über die Linien Idee Creativ, Wolle Rödel und Rico Bastel- und Handarbeitsbedarf in mehr als 70 Filialen. Die Unternehmensgruppe hat über 1.000 Mitarbeiter. Mehr als drei Viertel sind im Handel tätig, 140 in der Paderborner Zentrale und weitere 100 am früheren Firmensitz in Brakel, dem heutigen Logistikstandort. Ein wichtiges und raumprägendes Element ist der Kreuzgang der früheren Anlage, der heute wieder einen hellen Innenhof umschließt. Zuvor war dieser Bereich verfallen und nicht mehr nutzbar. Im östlichen Gebäudeflügel, der früher als Rückzugs- und Schlafbereich beziehungsweise als Raum für Krankenzimmer diente, sind heute Büros. Außen wie innen dominiert Beton &bdquo;in bester Qualität", wie Jacoby sagt. Die Fassade ist durchgehend zweiteilig – mit einem inneren Glas-Element, bei denen ein Teil geöffnet werden kann, und einem Element aus einem Geländer und einer Jalousie. Fenster und Türen sind wie ein großer Teil der Böden aus heller Eiche. An zwei Stellen setzen große Arbeiten des Malers Christoph Ruckhäberle bunte Akzente der Neuen Leipziger Schule. Eins ist in der Kantine, in der auf Stühlen und an Tischen in Rosa gegessen wird, wenn nicht gerade Corona für eine geschlossene Küche sorgt. Geparkt wird in einer Tiefgarage mit 68 Stellplätzen an der Ecke zur Spitalmauer. Die Nähe zur Pader ist nicht nur optisch reizvoll, sie hilft auch ökologisch: Ist es kalt, wird über eine Wärmepumpe mit Paderwasser geheizt, im Sommer dient es zur Kühlung der Räumlichkeiten. Auch vom Garten, den der renommierte belgische Landschaftsarchitekt Peter Wirtz gestaltet hat, ist Jacoby begeistert. Dazu zählt ein Laubengang mit Zieräpfeln, eine Menge Rosen und Hortensien. All dies hat seinen Preis, doch Genaueres sagt Franz Jacoby nicht. Nur so viel: Die kalkulierten Kosten seien nur in einem überschaubaren Rahmen überschritten worden.

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