Kandidaten diskutieren: Was der Wirtschaft auf der Seele brennt

Paderborn. "Bleibt alles anders?" Mit dieser Frage war das Wirtschaftsgespräch zur Bundestagswahl überschrieben, bei dem die Paderborner Direktkandidaten und Parteienvertreter all das besprachen, was Unternehmern auf der Seele brennt. Wie alles letztlich nach dem 26. September wird oder bleibt, stand am Ende der anderthalbstündigen Debatte zwar nicht fest. Denn das hängt letztlich von der Regierungsbildung ab, die in diesem Jahr so offen wie selten ist. Dafür bekamen die Zuhörerinnen und Zuhörer aber einen relativ guten Eindruck davon, welche Positionen die Parteien in den Bereichen duale Ausbildung, Digitalisierung, Steuersystem, Bürokratieabbau, Mobilität und Infrastruktur vertreten - auch wenn aus Zeitgründen nicht jeder zu jedem Thema Stellung nehmen konnte. Knapp 20 interessierte Personen aus der Wirtschaft verfolgten unter Beachtung der 3G-Regel die Debatte im Saal der Industrie- und Handelskammer Paderborn-Höxter, die mit den Handwerks- und den Wirtschaftsjunioren, der Unternehmergruppe OWL sowie den Kreishandwerkerschaften Paderborn-Lippe und Höxter-Warburg eingeladen hatte. Etwa 200 Zugriffe zählte zudem der Livestream des Wirtschaftsgesprächs, der auch weiterhin im Internet zu sehen ist. Die online wie in Präsenz Teilnehmenden beteiligten sich, indem sie die Fragen stellten, die ihnen besonders wichtig waren. So waren sich etwa alle Vertreter einig, dass die duale Ausbildung attraktiver gemacht werden muss. Nur in der Art und Weise gab es Unterschiede. Carsten Linnemann (CDU) etwa warb für verpflichtende Praktika nicht nur im sozialen, sondern auch im akademischen und handwerklichen Bereich, "um alles kennenzulernen". Damit erntete er den Zuspruch von Jörg Schlüter, dessen Partei Die Grünen die praxisorientierte Schulbildung fördern wolle. Er forderte wie auch Reinhard Borgmeier von den Linken, das Potenzial der Migranten stärker zu nutzen und etwa ausländische Schulabschlüsse schneller zu prüfen und anzuerkennen. Während Borgmeier wiederum Burkhard Blienerts (SPD) Wunsch nach einer Ausbildungsumlage unterstützte, bei der auszubildende Betriebe entlastet und nicht-ausbildende Firmen belastet werden sollen. So ein "Sanktionssystem" stieß auf Widerspruch der FDP: "Das wird das Problem nicht lösen", sagte Michael Hadaschik, dessen Partei möglichst wenig staatliche Umverteilung wolle. Einigkeit herrschte auch bei dem aus dem Publikum kommenden Wunsch nach der kostenfreien Meisterausbildung: "Das ist ein Schlüssel, um das Handwerk zu stärken", fasste es Jörg Schlüter zusammen. Beim von vielen Teilnehmenden sehnlichst ersehnten Bürokratieabbau ("den haben alle Parteien jahrelang verpennt") warb Carsten Linnemann für die Einführung von Modellregionen, in denen einfach mal ausprobiert werden könne. "Ich setze mich dafür ein und hoffe, die nächste Koalition will und macht das", sagte der Vize-Fraktionsvorsitzende der Union. Eine längere Debatte entspann sich in Sachen Unternehmenssteuer. "Eine ganz dicke Baustelle" nannte sie Burkhard Blienert, doch die Vorstellungen gingen teils weit auseinander. Wenig überraschend war dies auch der Fall, als es um die Mobilität ging. Natürlich tauchte sofort das berühmt-berüchtigte Lastenrad auf. Jörg Schlüter trat dem Vorwurf entgegen, dieser Grünen-Vorschlag würde nur in den Städten, nicht aber auf dem Land helfen: "Von Hövelhof nach Riege sind es sechs Kilometer, die können Sie problemlos mit dem Lastenrad zurücklegen." Um zu klimaneutraler Mobilität zu kommen, bräuchte es aber "viel mehr Last auf den Schienen" und weniger Pkw auf den Straßen. Vor diesem Hintergrund bezeichnete es Burkhard Blienert als "falsches Signal", dass in Paderborn das kostenlose Busfahren an jedem ersten Samstag wieder eingestellt wird. Michael Hadaschik hingegen will die vielen Autofahrer im Kreis nicht vergessen: "Man muss einen vernünftigen Kompromiss finden."

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