Paderborner Gaspreisrebellen hoffen auf Erfolg im Rechtsstreit mit Eon

Paderborn. "Man kommt sich vor wie Don Quijote bei seinem Kampf gegen Windmühlen", sagt Gerd Hartmann. Er ist Gründungsmitglied der Bürgerinitiative "Gaspreise runter", die sich seit nunmehr 17 Jahren gegen Gaspreiserhöhungen des Energiekonzerns Eon zur Wehr setzt. Mit einigen Jahren Verspätung liegt ein Gutachten vor, das 2017 vom Landgericht Paderborn in Auftrag gegeben wurde. Das Gutachten soll zur Urteilsfindung dienen. Denn nach wie vor stehen 30 Berufungsverfahren vor dem Landgericht aus. Darüber hinaus laufen derzeit mehr als 120 Verfahren vor dem Amtsgericht. Aus Sicht der Bügerinititative wird dieses Gutachten "von entscheidender Bedeutung sein". Rückblick: 2004 erhöhte Eon den Gaspreis um 11, den Grundpreis um 43 Prozent. Begründet wurde die Erhöhung mit der Bindung an die Ölpreise. Dagegen regte sich Widerstand, zumal die Importpreise zu dieser Zeit sanken. Im November 2004 gründete sich die Bürgerinitiative. "Uns ging es nicht darum, möglichst wenig zu zahlen", sagt "Gaspreise runter"-Sprecherin Roswitha Köllner. "Wir wollten nur faire Preise haben." Konflikt um Offenlegung der Berechnungsgrundlage Die Bürgerinitiative bezweifelte, dass es sich bei den Erhöhungen um eine unvermeidbare Preissteigerung handelte und argumentierte vor allem mit dem Paragraf 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser ermöglicht es, die Billigkeit der Gaspreise anzuzweifeln. 2.600 Personen boykottierten damals alleine im Kreis Paderborn die Preiserhöhung, kündigten die Einzugsermächtigung und erteilten Eon einen Dauerauftrag mit dem alten Abschlag plus zwei Prozent. Der Energiekonzern indes behauptete, die Verbraucher hätten kein Recht, die Zahlung der erhöhten Preise zu verweigern. Der Forderung der Initiative, jene Kalkulationen offen zu legen, die zur Berechnung der Erhöhung dienten, kam Eon nicht nach. Stattdessen verklagte das Unternehmen ab 2009 hunderte der so genannten Gaspreisrebellen. "Wehrlose Kunden sind abgezockt worden" An einigen der Beklagten ist das nicht spurlos vorbeigegangen. Gerd Hartmann berichtet von zumeist älteren Kunden, die in die Beratung der Initiative gekommen seien und nicht wussten, wie sie die Erhöhungen zahlen sollten. "Wehrlose Kunden sind abgezockt worden", sagt Hartmann. Köllner ergänzt: "Wir fühlten uns der Monopolmacht ausgeliefert." Seit Jahren laufen nun schon Verfahren an Amts- und Landgerichten. Zudem haben sich auch schon der Bundesgerichtshof und der Europäische Gerichtshof mit dieser Sache befasst. Gleichwohl wurden einige der Gaspreisrebellen nie von Eon verklagt. "Eon verhält sich den Verweigerern gegenüber sehr unterschiedlich", sagt Peter Kunze, ebenfalls Sprecher der Initiative. Er hofft nun, ebenso wie seine Mitstreiter, dass das Gutachten das Ende der jahrelangen Rechtsstreitigkeiten einleitet. "Für ein Unternehmen ist so ein langer Prozess kein Problem. Bei den einzelnen Verbrauchern sieht das anders aus", sagt Kunze. Konkret ging es im Gutachten um drei Fragen, die beantwortet werden sollten. Waren die Preisveränderungen von 2004 bis 2008 berechtigt? Wurden nur unvermeidbare Preissteigerungen weitergegeben? Und: Waren die dem Gutachter vorgelegten Daten vollständig und richtig? Gerichtstermin am 1. September "Es geht um die Methodik, wie Eon die Preise gestaltet hat", sagt Kunze. "Laut Gutachter sind aktuelle Preisentwicklungen erst später eingeflossen. Die zentrale Aussage des Gutachtens ist, dass diese Zeitfenster enger hätten gefasst werden können." Zudem zweifele der Gutachter, laut Aussage der Bürgerinitiative, an der Aussagekraft der vorgelegten Zahlen. Das Gutachten bestärkt die Initiative in der Meinung, dass die Gaspreiserhöhungen unzulässig waren. Aus Sicht ihrer Mitglieder könne die Klage nur abgewiesen werden. Das vorerst letzte Wort in dieser Sache hat allerdings das Landgericht Paderborn, das nun ein Urteil fällen muss. Dafür ist am Mittwoch, 1. September, ein Verhandlungstermin angesetzt. Ab 11 Uhr wird dann im Sitzungssaal 203 womöglich das letzte Kapitel des jahrelangen Kampfes gegen die Windmühlen eingeleitet.

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