E-Scooter und Verkehrswende: Passt das überhaupt zusammen?

Paderborn. Eine Stadt ohne E-Scooter? Mittlerweile undenkbar. Trotz der Kritik an den Ausleih-Elektrorollern wollen die Anbieter investieren und sich in Paderborn langfristig etablieren. Doch die Stadt will die geplante Ausweitung des Angebots limitieren, um Erfahrungen zu sammeln, wie die E-Scooter nicht mehr zu Störfaktoren im Verkehr werden, sondern diesen positiv beeinflussen. Wie das gelingen kann, dazu hat Martin Rabe vom Fraunhofer Institut einige Ideen. Bislang gibt es in Paderborn zwei Anbieter für den E-Scooter-Verleih: Tier und Lime. Insgesamt dürfen derzeit im Paderborner Stadtgebiet maximal 580 Elektro-Roller der beiden Unternehmen platziert werden. Bislang werden die E-Scooter vor allem für kürzere Strecken genutzt. "Die durchschnittliche Dauer einer Fahrt liegt bei rund 14 Minuten und dabei wird eine Strecke von durchschnittlich zwei bis zweieinhalb Kilometern zurückgelegt", sagt Tier-Pressesprecher Florian Anders. Ähnliche Zahlen liefert auch der Konkurrent Lime. Die Durchschnittsstrecke beträgt nach Unternehmensangaben 1,9 Kilometer. Ähnliche Streckenlängen wurden auch für Städte wie Berlin ausgewertet. Dieses Nutzungsverhalten in Innenstädten ist aus Sicht einer Studie des Umweltbundesamtes kontraproduktiv. Denn in den Städten sei das ÖPNV-Netz gut ausgebaut, kurze Strecken könnten auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Deshalb "bringen die Roller eher Nachteile für die Umwelt – und drohen als zusätzlicher Nutzer der bereits unzureichend ausgebauten Infrastruktur das Zufußgehen und Fahrradfahren unattraktiver zu machen". Für die Verkehrswende würden E-Scooter nur dann Sinn machen, wenn sich dadurch der Umstieg vom privaten Pkw auf den ÖPNV erleichtert und "die letzte Meile" zwischen Wohnort und Haltestelle oder zwischen Haltestelle und Zielort mithilfe des Rollers zurückgelegt würde. Wie dieses Ziel erreicht werden kann, darüber macht sich Martin Rabe vom Fraunhofer Institut in Paderborn Gedanken. Auch er sieht den Knackpunkt in der "letzten Meile". Denn die sei im Vergleich zum Auto unbequem und verhindere, dass mehr Menschen den ÖPNV nutzen würden. In diesem Zusammenhang sieht er für die E-Scooter-Nutzung Potenzial. Dafür müsste die Nutzung der Elektro-Roller allerdings intelligent mit dem ÖPNV und der Bahn verbunden sein. "Wenn jeder Anbieter seine eigene App und sein eigenes Bezahlsystem hat, ist das umständlich", betont Rabe. Gemeinsame Ticketplattform Deshalb wäre es wichtig, wenn es eine Plattform gebe, mit der Tickets gebucht werden könnten. Derzeit kämpften jedoch die E-Scooter-Unternehmen noch um die Marktanteile, sodass eine Kooperation derzeit noch nicht absehbar sei. Doch nicht nur die E-Scooter-Anbieter müssten an ihren Bezahl- und Ticketmodalitäten arbeiten, sondern auch die Betreiber der Bahn und des ÖPNV. "Es gibt ja nicht nur die E-Scooter, die man ausleiht, viele Pendler haben ja auch eigene. Auch für die braucht es unkomplizierte Monatstickets", beschreibt Rabe. Doch nicht nur in Kombination mit Bus und Bahn könnten die E-Scooter sinnvoll eingesetzt werden. "Man kann das ,Park-and-Ride-System' neu denken", erklärt Rabe. In Paderborn gebe es bereits schon ein intelligentes Parkleitsystem, um den Parksuchverkehr in der Innenstadt zu minimieren. Das könnte durch Parkhäuser außerhalb der Innenstadt ergänzt werden, deren Anbindung an die Innenstadt unter anderem durch den Einsatz von E-Scootern gewährleistet werden könnte. So würde der Pkw-Verkehr in der Innenstadt weiter verringert werden. Parkplätze, die dann wiederum in der Innenstadt frei würden, böten Abstellflächen für E-Scooter und Fahrräder. Und gerade die Elektro-Roller würden dann wahrscheinlich deutlich seltener irgendwo quer auf einem Gehweg abgestellt werden. Schön-Wetter-Verkehrsmittel Das Argument der Studie des Umweltbundesamtes, dass die E-Scooter nur für Strecken genutzt würden, die man auch laufen oder mit dem Rad zurücklegen könnte, sieht er weniger kritisch. Strecken ab zwei Kilometern seien schon so lang, dass man sie, wenn man es im Alltag eilig habe, zu Fuß nicht gut zurückzulegen könne. "E-Scooter sind derzeit auch häufig zu teuer, als dass jemand ihn nur zum Spaß nutzt", führt er weiter aus. Deshalb sei der Elektro-Roller eine Alternative zum Fahrrad - und zum Pendeln vielleicht auch praktischer. Allerdings: "Der Roller ist auch ein Schön-Wetter-Verkehrsmittel. Einen Regenschirm kann man beim Fahren nicht festhalten."

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