Ruhestörung im Paderquellgebiet: Anwohner wehren sich

Paderborn. "Das ist hier wie im Irrenhaus!" Seit zwei Jahrzehnten wohnt der Nachbar, der ungenannt bleiben will und solch drastische Worte findet, im Paderquellgebiet. Er sagt: "Als ich herzog, wusste ich, worauf ich mich in der Innenstadt einlasse. Mit den Jahren ist die Lage immer schlimmer geworden: Nächtliche Ruhestörungen, Dealerei, sogar Brandstiftung. Aber jetzt ist es so schlimm wie nie." Nun suchen er und einige andere Mitstreiter, um sich zu wehren. Zunächst mit "Gegenmaßnahmen", für die noch "Bild- und Tonmaterial" gesucht werde. Der Paderborner bezieht sich auf die letzten Wochenenden, als mit den Corona-Lockerungen hunderte Jugendliche das Gelände zur Partyzone machten. Immer wieder hatte die Polizei eingreifen müssen bis ganz spät in der Nacht oder am frühen Morgen endlich Ruhe war. Der Anwohner: "Am letzten Samstag war es dann so extrem wie in den ganzen letzten Wochen nicht." Er berichtet von Autorennen am Abdinghof, einer johlenden Menge am Straßenrand, sogar eine Massenkeilerei habe er beobachtet. Nachdem er gegen 2.30 Uhr nochmals bei der Polizei angerufen habe, sei die auch angerückt und habe bis etwa 3.30 Uhr endlich für Ruhe gesorgt. Für den Anwohner und seine Mitstreiter ist damit das Fass voll. Sie haben unter www.paderquellgebiet.de, der Adresse der früheren Interessengemeinschaft Paderquellgebiet, die im Zusammenhang mit dem Versuch, die Königstraße zur Fußgängerzone zu machen, zornige Zeilen verfasst. Darin werfen sie den Ordnungsbehörden Untätigkeit vor und drohen mit Schritten, sollte sich nicht schnell etwas ändern. Schieben sich Stadt und Polizei die Bälle hin und her? Erkennbar fahre die Polizei zwar mehr Streife, aber statt Dauerpräsenz an den Brennpunkten zu zeigen, tauche sie erst nach etlichen Anrufen auf - "als fiele diese Situation aus dem heiteren Himmel", wie es heißt. Polizei, Ordnungsamt und Stadt schöben sich die Bälle nur hin und her. Ein Bürgerdialog werde nur versprochen, aber bisher sei noch auf niemanden aus der Anwohnerschaft zugegangen worden. Von "Lippenbekenntnissen", gar von "Rechtsbeugung im Amt" ist die Rede. Die Anwohner hätten durchaus Verständnis für die Bedürfnisse von Jugendlichen, aber das habe mit "Ausgehen" nichts mehr zu tun. Die Polizei bestätigt auf Nachfrage die Räumaktion in der Nacht zu Sonntag zwar, spricht aber davon, dass es insgesamt "im Gegensatz zu früheren Wochenenden noch relativ gesittet zugegangen und niemand der knapp 100 Jugendlichen renitent geworden sei. Ja, es habe Sprechchöre gegeben, aber von den Beleidigungen der Beamten, von denen der Anwohner berichtete, tauche in den Einsatzberichten nichts auf. Auch von Schlägereien und Autorennen im Paderquellgebiet habe man nichts mitbekommen. Grundsätzlich sei das Ordnungsamt für die Einhaltung der ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen zuständig. Mit den Kollegen arbeit man zum Beispiel im Rahmen der Boss-Wache in der Marientraße auch zusammen; nachts tätig werde man aber außer im Rahmen des normalen Streifendienstes nur, wenn man gerufen werde. Während das Ordnungsamt von montags bis freitags bis 22 Uhr und freitags im Sommer sogar bis 1 Uhr früh im Paderquellgebiet regelmäßig nach Angaben der Stadt nach dem Rechten schaut, ist dort samstags um 18 Uhr Dienstschluss. Dann ist bei Bedarf die Polizei gefragt. "Wir werfen uns aber nicht wie behauptet die Bälle mit der Polizei nur zu", sagt Jens Reinhardt, Sprecher der Stadt. Tatsächlich sei man mit der Polizei im Gespräch, wie man mit dem offensichtlichen Kapazitätsproblem umgehe und auch wie man (wie versprochen) auf die Anwohner zugehe. Mit Verboten werde es aber nicht getan sein, so Reinhardt. Diese müssten, sollten sie ausgesprochen werden, gut begründet und dann auch durchsetzbar sein. Reinhardt: "Ziel der Gespräche kann es jedenfalls nicht sein, alles zu unterbinden. Schließlich handelt es sich um öffentliche Plätze. Das Problem ist: Die meisten verhalten sich dort friedlich und verträglich. Aber wie wird man der Exzesse Herr?"

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