Libori: Urteil zu Standgebühren könnte zu bundesweiten Konsequenzen führen

Paderborn. Libori ist das größte Volksfest der Region. Möglicherweise wird es demnächst auch in ganz Deutschland bekannt sein. Denn das kürzliche ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden zu den von der Stadt Paderborn erhobenen Standgebühren für die Kirmes-Schausteller könnte das Potenzial zum Präzedenzfall haben. Das Gericht hatte am 26. Mai entschieden, dass der Paderborner Schausteller Hans-Otto-Bröckling in den Jahren 2017 und 2018 zu Libori, Herbst-Libori und Lunapark teilweise zu viel bezahlt hatte. Dies könnte zu Gebührenanpassungen in vielen Kommunen führen. Zunächst wird sich die Stadt Paderborn dazu äußern müssen. Sie hat die schriftliche Urteilsbegründung an diesem Mittwoch, 9. Juni, per E-Mail erhalten, sagt Lea Giesen aus der Pressestelle auf nw.de-Anfrage. "Die Stadt Paderborn hat jetzt einen Monat Zeit, das Urteil zu prüfen und gegebenenfalls weitere Rechtsmittel einzulegen." "Wir möchten den Menschen einen günstigen Kirmesbesuch ermöglichen", sagt Hans-Otto Bröckling. Und das sei nur bei Standgebühren möglich, in die nicht alles hinein gerechnet werde. Deshalb hatte er als Vorsitzender exemplarisch für den Paderborner Schaustellerverein mit seinen rund 100 Mitgliedern geklagt. Sechs Fälle hatte er in Minden exemplarisch prüfen lassen. In fünf Musterklagen bekam er Recht. Ein Gutachten wird anders bewertet "Jetzt hoffen wir, dass das Urteil rechtskräftig wird und etwas an der einen oder anderen Position geändert wird", sagt Bröckling. Aus der Politik habe er schon einige Glückwünsche bekommen. Rückforderungen wird es von ihm nicht geben. Genauso betont er das - auch weiterhin - gute Verhältnis zur Stadtverwaltung. Ohne eine juristische Klärung sei es letztlich aber nicht gegangen. Hatte die Stadt doch auch ein zuvor von den Schaustellern für 12.000 Euro in Auftrag gegebenes Gutachten zu den Gebühren anders bewertet. "Wir hoffen nicht, dass die Stadt in Berufung geht", sagt der Paderborner Robert Petter und betont: "Das Urteil ist bundesweit wichtig." Nun hätten sie es schriftlich, dass Toilettenwagen, das Libori-Ticket für Busse, das Bühnenprogramm in der Innenstadt sowie Sanitätsdienste und teilweise auch Sicherheitsdienste nicht auf die Standgebühren aufgeschlagen werden dürften. Wäre es so weiter gegangen, hätte man die zukünftige Attraktivität von Libori aufs Spiel gesetzt. "Bratwurst und Karussellfahrten müssen erschwinglich bleiben" Paderborn sei ohnehin ein teures Pflaster. Für seinen Autoscooter zahle Petter zu Libori rund 6.000 Euro an Gebühren. Die Cranger Kirmes in Herne habe mit 4,7 Millionen dreimal so viele Besucher, sei aber genauso teuer. Der Hamburger Dom sei sogar günstiger. Was das Verhältnis von Gebühren und Besuchern betrifft, so sei Libori eins der teuersten deutschen Volksfeste. Dabei verdienten die Städte daran. Laut einer Marketingstudie im Auftrag des Deutschen Schaustellerbundes landeten durch jeden Besucher drei Euro im Stadtsäckel, sagt Petter. Dies wären für Libori mindestens drei Millionen. Für Schausteller Bethel Thelen ist klar: "Wir werden keine Gebühren zurückfordern. Es geht uns nur darum, dass wir keine horrenden Kosten an die Besucher weitergeben müssen. Bratwurst und Karussellfahrten müssen auch weiterhin erschwinglich bleiben." Vor der Musterklage habe es mit den Stadt-Vertretern viele Gespräche gegeben, allerdings ohne Ergebnis. Hätte das Mindener Gericht entschieden, dass die angemahnten Kosten rechtens gewesen wären, dann hätten die Schausteller dies akzeptiert, sagt Thelen. Andersherum müsse es die Stadt Paderborn jetzt auch. Zukünftige Gebührenbemessungen Die Bemessung orientiere sich an der Gewerbeordnung - und diese setze enge Grenzen, sagt Frank Hakelberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schaustellerbundes. Alle von der Stadt in die Standgebühren der Schausteller umgelegten Abgaben müssten im unmittelbaren Kontext des Volksfestes erfolgen. Hakelberg hat das Urteil samt Begründung noch nicht gelesen und ist deswegen vorsichtig in einer Bewertung. Dennoch sagt er: "Es ist nicht auszuschließen, dass das Urteil von bundesweiter Relevanz ist und sich auf zukünftige Gebührenbemessungen auswirkt."

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