Tiefrote Zahlen belasten den Haushalt in Paderborn

Paderborn. Der Haushalt 2021 der Stadt Paderborn ist unter Dach und Fach. CDU, Grüne, Für Paderborn und Die Fraktion stimmten am Freitagabend im auf den Hauptausschuss verkleinerten Rat für den Etat. Dieser steht deutlich im Zeichen der Corona-Krise. Rund 40 Millionen Euro weniger Steuereinnahmen, dazu Mehrausgaben trotz Sparliste führen unter dem Strich zu einem Defizit von knapp 14 Millionen Euro. Aus dem Haushalt ausgeklammert werden über 39 Millionen Euro als Sonderbelastung durch die Pandemie. Hier hofft man auf weitere Hilfen von Bund und Land - so wie schon 2020. Anders als sonst wurden die meisten Reden nur zu Protokoll gegeben und mit Rücksicht auf die Beschränkungen durch die Pandemie nicht gehalten. Nur der AfD-Vertreter wollte sprechen. So begründen die einzelnen Fraktionen ihre Haltung: CDU Die Pandemie fordere den Menschen enorm viel ab. Wo man Unterstützung oder Anschub leisten dürfe und könne, werde man helfen, auch finanziell und spontan, verspricht CDU-Fraktionschef Markus Mertens. Allerdings dürfe man ebenso wenig aus den Augen verlieren, dass man von einem ausgeglichenen Haushalt sehr weit entfernt sei. Gleichwohl müsse man gerade in diesen Zeiten versuchen, die Stadt durch Investitionen weiter voranzubringen. Gerade in ökologischer Hinsicht seien aber wichtige Rahmenbedingungen im Koalitionsvertrag geschaffen worden. Ausdrücklich hob Mertens das Engagement für die Sicherheit von Schulwegen hervor, um die sich nun zusätzlich eine Person in der Verwaltung kümmere. Die Bildungslandschaft sei ausgezeichnet, Herausforderungen stelle man sich durch stetige Investitionen. Auch das Thema Maspernsportzentrum bleibe auf der Agenda zeitnah umzusetzender Projekte. Eine neue Evaluierung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes sei zu Coronazeiten aber erst einmal obsolet. Investitionen in mehr Sicherheitskräfte wertete Mertens als wichtiges Signal. All diese Beschlüsse seien nur ein Beginn. Schwarz-Grün sei aber auch für positive und zu Ende gedachte Vorschläge fast aller Oppositionsparteien offen. Grüne Grünen-Sprecher Klaus Schröder betont das Funktionieren der erst vier Monate alten Koalition mit der CDU auch unter den erschwerten Arbeitsbedingungen der Pandemie. Mehr als 20 gemeinsame Anträge seien inzwischen erarbeitet und gestellt worden. Man werde den Haushalt zwar gemeinsam beschließen, es sei aber noch kein schwarz-grüner Haushalt, denn das Rückgrat bilde die Vorlage der Verwaltung auf Grundlage der Politik der letzten Jahre. Dennoch sehe man "die vielen breiten grünen Bänder, die die Anträge der Koalition in diesem Haushalt hineingewoben haben". Schröder zählte zahlreiche Punkte auf - so das 1.000-Bäume-Programm, neue Rad-Stellplätze oder zusätzliche Fahrradstraßen und -zonen oder die Verdoppelung des Klimafonds, aber auch Initiativen im Bereich Sozialarbeit und Kultur. Echte Ergebnisse seien mehr Wert als Symbolpolitik. Schröder: "Was wir geschafft haben, mag jetzt der eine wenig finden, der andere wird es für nicht zu bezahlen erklären. Aber oft geht es um neue Investitionen, die in den nächsten Jahren zu Einsparungen oder sogar Erträgen führen." SPD Dieser Haushalt sei alles andere als nachhaltig im sozialen Sinn, meint SPD-Fraktionssprecher Franz-Josef Henze. Die Koalition scheine die Pandemie und ihre Folgen weitgehend auszublenden. Den Haushalt lehne man insgesamt ab, auch wenn man mit vielen Details übereinstimme. Grüne und CDU hätten den Schwerpunkt auf &bdquo;Bauen und Bäume" verschoben. Grundsätzlich könne man zwar bisher sehr zufrieden sein mit den vielen Investitionen zum Beispiel in Schulen, Kindergärten, Sportstätten, neue Baugebiete und Konversionsflächen. Im Bereich der Digitalisierung gebe es jedoch weiterhin großen Handlungsbedarf. Bürgernähe und individuelle Beratung dürften dabei nicht verloren gehen. Auch die Potenziale der Lernstatt müssten weiter entwickelt werden. Im Bereich der Kultur gelte es, die Stadt lebenswert zu erhalten. Bei CDU und Grünen registriere man im übrigen erstaunliche Positionswechsel innerhalb der gemeinsamen Koalition. Auch mangele es zunehmend an Transparenz und Begründungen, etwa bei Fragen der Mobilitätswende. Doch realistisch sei, dass man sich in Zukunft wegen der Folgen der Pandemie mehr um die Familien mit geringen Einkommen sowie Kinder und Jugendliche kümmern müsse. FDP Dieser Haushalt schaffe es wieder nicht, Einnahmen und Ausgaben in Einklang zu bringen, begründet die FDP ihre Ablehnung. Die Pandemie sei keine Entschuldigung für wachsende Defizite, da ihre Folgen im Haushalt isoliert dargestellt würden. Die Rücklagen seien spätestens im kommenden Jahr aufgebraucht. Hiervor habe man immer gewarnt. Selbst klassisch bürgerliche Parteien hätten den Blick für die Realitäten verloren. Jetzt räche es sich, dass in den fetten Jahren das Geld mit vollen Händen ausgegeben wurde. Für Digitalisierung, Konversion, Klimawandel, Mobilitätswende und auch den Neubau der Stadtverwaltung benötige man noch viel Geld, aber das gehe nun aus. Dennoch werde immer noch hauptsächlich über immer neue Ausgaben gesprochen. Das bedeute auch immer mehr Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger. Eine echte Aus- und Aufgabenkritik aber finde im Grunde nicht statt. Gleiches gelte auch für die Frage, wie der zukünftige Wohlstand zur Finanzierung der vielen städtischen Aufgaben überhaupt entstehen solle. AfD AfD-Vertreter Marvin Weber sprach vom Haushalt als einer "Bankrotterklärung". Weitere repräsentative Stichworte seiner Ablehnung waren: "Welt- und Klimaretterwahn", "ökosozialistische Geldverbrennung", "Asyltourismus" und "gelebte Dekadenz". Zu Protokoll gab er zusätzlich Anmerkungen wirtschaftspolitischer Art. Sein Fazit darin an die Adresse von Rat und Verwaltung: "Alles ganz piekfeine Leute, die sich die Paderbornerinnen und Paderborner da im September 2020 zusammen gewählt haben. Chapeau!" Linke Auch die Linke attestiert CDU und Grünen auffällige Verhaltensänderungen als neue Koalitionäre. Sie begründet ihre Ablehnung des Haushalts damit, dass darin nicht viel zur Abmilderung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Corona und zur Stärkung gesellschaftlicher und sozialer Teilhabe in der Zeit danach vorhanden sei. Gebeutelte Bevölkerungskreise dürften nicht dafür herhalten, künftig über Gebührenerhöhungen und steigende Energiekosten die Löcher im Haushalt zu stopfen. Dazu müssten Reiche, Superreiche und Krisenprofiteure herangezogen werden. Außerdem vermisse man von der schwarz-grünen Stadtregierung eine Antwort auf die Frage, was ab 2021 mit den aus dem Haushalt ausgeklammerten Covid 19-Sonderschulden geschehe. Ausdrücklich mahnt Sprecher Reinhard Borgmeier, seit 1994 in der Kommunalpolitik, dafür einzutreten, dass "offen rassistische und fremdenfeindliche Positionen" keine Dauererscheinung im Rathaus werden. Auch dürfe die Lokalpolitik nicht zum Spielball persönlicher und wirtschaftlicher Interessen werden. Für Paderborn Die zwei Mitglieder der Fraktion von Für Paderborn tragen den Haushalt mit - auch wenn Vorsitzender Stephan Hoppe nicht mit Kritik spart. Positiv sei, dass es gelungen sei, einige eigene Anträge beizusteuern wie etwa das Unterstützungskonzept für Schülerinnen und Schüler, um coronabedingte Lerndefizite auszugleichen. Die Zustimmung will man aber vor dem Hintergrund der Herausforderungen durch die Pandemie vor allem auch als Zeichen der Kooperationsbereitschaft unter den demokratischen Kräften im Rat verstanden wissen. Stephan Hoppe: "Was wir nun aber erwarten ist, dass es endlich einen städtischen Corona-Krisenstab gibt, der unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Kompetenzen bündelt und an Lösungen arbeitet. Paderborn muss endlich in einer Liga mit Tübingen spielen, wo proaktiv gehandelt wird." FBI/Volt Die Ratsherren Hartmut Hüttemann (FBI) und Verani Karum (Volt) lehnen den Haushalt wegen seines Millionen-Defizits ab. Sie kritisieren insbesondere den Anstieg der Personalkosten um 20 Prozent seit 2019. Man unterstütze die Investitionen zur Digitalisierung, sie müssten aber auch Rationalisierungseffekte im Personalhaushalt haben. Stattdessen würden Stellen wegen der Digitalisierung aufgebaut, die noch nicht einmal zeitlich begrenzt würden. Wenn der Stellenplan deutlich schneller wachse als die Einwohnerzahl und dies trotz der Einsparmöglichkeiten durch Digitalisierung, müsse er kritischer geprüft werden. Das Defizit zeige ein strukturelles Problem des Haushaltes, die Schwarz-Grüne Koalition sei unfähig, dieses Grundsatzproblem zu lösen. So steuere man auf die Haushaltssicherung in den nächsten Jahren zu. Dem einstimmigen Ratsbeschluss von März 2018, die stetige anwachsende Verschuldung einzudämmen und mittelfristig abzubauen, werde dieser Haushalt nicht gerecht. Die Fraktion Die Satiriker von "Die Partei" stimmen dem Haushalt zu. Auf Grund &bdquo;besonderer Umstände" verzichten sie auf eine inhaltliche Stellungnahme und schicken eine Kinderzeichnung.

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