Paderborner Schüler berichtet: "Kein gutes Gefühl, wieder in die Schule zu gehen"

Paderborn. Seit Montag gehen alle Schüler in NRW wieder in die Schule, zumindest im Wechselunterricht. Wie lange das so bleibt, ist angesichts steigender Infektionszahlen aber fraglich. Wie Experten, darunter Intensivmediziner und der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, fordert auch der Paderborner Stadtjugendrat, das Homeschooling vorerst bis zu den Osterferien fortzusetzen. Vorsitzender des Stadtjugendrates ist Benjamin Schmid (17). Er geht in die 12. Klasse des Gymnasiums Schloß Neuhaus und meint: Die Rückkehr in die Schulen ist angesichts der sich immer schneller ausbreitenden Virusmutationen "grob fahrlässig". Wie das RKI vermeldet, treten Neuinfektionen derzeit gehäuft bei den unter 15-Jährigen auf. "Das kann nicht gut gehen", fürchtet Schmid. Wie er nach den Osterferien seine Abi-Prüfungen schreiben soll, ist ihm ein Rätsel. Dass die Situation sich so entwickeln würde, sei absehbar gewesen. Dass Friseure und Einzelhandel öffnen durften, kann er nicht nachvollziehen. "Wir brauchen einen kompletten Lockdown bis Ostern", fordert er. Und dann müsse ein Konzept vorliegen, wie Unterricht in Schulen sicher stattfinden könne. Maskenpflicht, Luftreinigungsfilter, eine umfassende Teststrategie, zeitversetzter Unterrichtsbeginn sind einige der nicht ganz neuen Ideen. "Bis zu 60 Kontakte pro Tag" Tatsächlich ist davon bisher längst nicht alles in den Schulen umgesetzt. Benjamin Schmid berichtet, dass sein Jahrgang aufgeteilt wurde, so dass maximal 15 Schüler in einer Gruppe sind. Er geht am Montag, Mittwoch und Freitag zur Schule; in der folgenden Woche wird gewechselt. Wer nicht in der Schule ist, bearbeitet Aufgaben. Der Kreis Düren wollte wegen der Infektionslage die weitere Schulöffnung zunächst aussetzen - das Schulministerium lehnte ab. Es gebe keine Hinweise, dass Schulen in besonderem Maß für das Infektionsgeschehen verantwortlich seien, hieß es. Völlig unverständlich, sagt Schmid und schätzt: "Selbst mit geteilten Gruppen habe ich am Tag bis zu 60 Kontakte in der Schule." Zwar gelte eine Pflicht zum Tragen medizinischer Masken. Doch zum Essen und Trinken dürfe sie abgenommen werden; wie dicht die Maske sitzt, prüfe niemand, und spätestens in den Schulbussen mischen sich die Klassen wieder. Wirklich helfen würden regelmäßige Schnelltests, ist Schmid überzeugt. Dass es die bisher nicht gebe, sei "fragwürdig". Zurzeit stünden Lehrern und Schülern die Schnelltests zur Verfügung, die jeder Bürger einmal pro Woche machen könne. Die weiterführenden Schulen sollen ab Dienstag die ersten von 1,8 Millionen Selbsttests erhalten, die bis zu den Osterferien verteilt werden, hieß es nun am Montag. "Wir Schüler sind die Versuchskaninchen" Weil diese Tests aber nur die kurzfristige Infektiosität anzeigen, reiche es nicht, sie nur einmal pro Woche einzusetzen. Schmids Forderung: Vor Schulbeginn macht jeder Schüler einen Schnelltest - ähnlich wie es in Altenheimen geregelt ist - auch mit Unterstützung von Bundeswehr oder Katastrophenschutz. "Bei positivem Ergebnis müsste bis zum Ergebnis des PCR-Tests vorsorglich der Unterricht ausgesetzt werden." Nur so könne konsequent die Ausbreitung verhindert werden. Er habe derzeit kein gutes Gefühl dabei, wieder in die Schule zu gehen. "Aktuell sind wir Schüler die Versuchskaninchen", sagt Schmid. Auch wenn Covid-Verläufe bei Jüngeren eher schwächer sind, habe doch jeder Schüler Eltern und Großeltern, die er gefährde. "Und über die Folgen von Long-Covid auch bei jungen Menschen wissen wir noch wenig." Angesichts dieses großen Risikos hat er kein Verständnis, warum nun auf Biegen und Brechen wieder alle Schüler in die Schule gehen sollen. "Natürlich ist normaler Unterricht, alle gemeinsam im Klassenzimmer, das Optimum - aber das gibt es ja aktuell nicht." Der Distanzunterricht habe zuletzt gut funktioniert. Morgens gab es jedes Fach einmal in der Woche per Videokonferenz, danach wurden Aufgaben bearbeitet. Das erfordere viel eigenständiges Arbeiten und Selbstdisziplin, "aber ich glaube, dass wir das auch lernen können und dass das Fähigkeiten sind, die wir auch im späteren Leben brauchen", sieht Schmid darin auch einen Vorteil. Die Lehrer hätten viel investiert, um die Schüler bei der Stange zu halten. So habe es etwa regelmäßige Schülersprechtage gegeben. Mit massivem Mehraufwand habe die Schule alles getan, um das Mögliche möglich zu machen. "Unsere Lehrer verdienen einen Orden", sagt Schmid.

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