Strafbefehl gegen Unfallverursacher - 13-jähriger Paderborner leidet noch immer

Paderborn. Wenn Kinder durch das Verschulden anderer ein Leid zugefügt wird, wenn sie womöglich schwer verletzt werden an Leib oder Seele, dann kocht nicht selten die Volksseele hoch. Sehr oft sind aber die Betroffenen selbst viel zurückhaltender mit dem Ruf nach schweren Strafen. Sie finden ihre Genugtuung eher darin, dass schnell und erfolgreich ermittelt wird und sie an der rechtlichen Aufarbeitung teilnehmen können. So war es im Fall des 13-jährigen Jungen, der im August bei einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht schwer verletzt wurde. Unfallspuren führen Ermittler zum Fahrer Am 2. August hatte der Schüler gerade sein Zuhause verlassen, als er im Bereich Sighardstraße/Wollmarktstraße beim Überqueren der Fahrbahn von einem Auto erfasst wurde, das mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war. Der 13-Jährige erlitt erhebliche Verletzungen, sagt Rechtsanwalt Tobias Mix, der die Interessen des Kindes vertritt. Der Fahrer des Wagens fuhr davon – ohne anzuhalten. Während der bewusstlose Schüler von Rettungskräften ins Krankenhaus gebracht wurde, nahm die Polizei sofort ihre Ermittlungen auf. Hilfreich war laut Mix vor allem ein Zeuge, der den Vorfall beobachtet hatte und den Beamten wichtige Hiweise gab. Da der Unfallwagen beschädigt worden war, konnten Teile eines Blinkers, einer Lampe und auch Lackspuren gesichert werden. So habe die Polizei sehr schnell die Farbe und die Marke des Fahrzeugs ermitteln können, erzählt Rechtsanwalt Mix. Hilfreich seien auch die Aufnahmen der Kameras gewesen, die im Bereich Wollmarktstraße auf einem großen Werksgelände aufgestellt sind. Ihre rasche Auswertung hätte eine zeitnahe Halterabfrage ermöglicht. &bdquo;Nach nicht ganz 24 Stunden war das Fahrzeug ermittelt", lobt Mix die &bdquo;schnelle und akribische Arbeit der Polizei. Das war gut." Nicht viel später stand die Identität des Fahrers fest, der nun auch die Verantwortung für den Unfall übernahm. Schwerste Kieferverletzungen Indessen musste der 13-Jährige, der zeitweilig in Lebensgefahr schwebte, weiter stationär behandelt werden. Unter anderem hatte er eine Lungenquetschung, ein Schädelhirntrauma und eine beidseitige Kieferfraktur erlitten. Diverse Operationen musste das Kind über sich ergehen lassen, zwei Monate lang konnte es keine feste Nahrung zu sich nehmen. Einige Eingriffe lägen noch vor dem Jungen, weiß Mix. Schließlich müssen die Platten und Drähte, mit denen die gebrochenen Kiefer zusammengefügt wurden, wieder entfernt werden. Auch die psychischen Folgen sind beträchtlich. Die Eigenständigkeit des Schülers &bdquo;ist erst mal weg. Die wird er sich wieder neu erarbeiten müssen." Gut ein halbes Jahr später entschließt sich die Staatsanwaltschaft dazu, einen Strafbefehl wegen Straßenverkehrsgefährdung, Körperverletzung und Unfallflucht zu beantragen. Laut diesem wird der Unfallverursacher zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Er muss weitere vier Monate auf seinen Führerschein verzichten und 2.000 Euro Schmerzensgeld zahlen – ohne öffentliche Gerichtsverhandlung. Die Entscheidung für diese Art der Verurteilung ist laut Mix aber nicht im stillen Kämmerlein gefallen. Die zuständige Staatsanwältin habe zuvor wissen wollen, was denn das junge Opfer von diesem Vorgehen halte, berichtet der Rechtsanwalt. &bdquo;Ich hatte so die Möglichkeit, alles zu erklären. Es wurde nicht über den Kopf des Jungen hinweg entschieden." Er findet das wichtig: &bdquo;Der Verletzte ist ja keine Randfigur." Weiteres Schmerzensgeld von Versicherung wahrscheinlich Für den Teenager und seine Mutter seien die per Strafbefehl verhängten Sanktionen in Ordnung. Ihnen sei es weniger um eine Bestrafung gegangen. &bdquo;Für sie waren die führerscheinrechtlichen Konsequenzen wichtig", sagt Mix. Beide hätten eher an eine Art Gefahrenabwehr gedacht. Ob der Unfallverursacher tatsächlich die Fahrerlaubnis zurückerhält, liegt im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde. Es sei möglich, dass der Paderborner sich der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung, kurz: MPU, stellen muss, erklärt Mix. Deren Sinn ist es zu überprüfen, ob eine Person geeignet ist, ein Kraftfahrzeug zu führen. Auf den 40-Jährigen kommen auch noch höhere finanzielle Belastungen zu. Denn seine Haftpflichtversicherung, mit der Rechtsanwalt Mix um weitere Schmerzensgeldzahlungen verhandelt, wird ihn höchstwahrscheinlich in Regress nehmen. Und der wird die Summe von 2.000 Euro, die ihm der Strafbefehl auferlegt, deutlich übertreffen.

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