An der Uni Paderborn läuft der Countdown für den Supercomputer

Paderborn. Spitzenforschung braucht auch Spitzenrechner: Auf dem Weg zu einem der modernsten Hochleistungsrechenzentren der Republik ist gerade die Universität Paderborn. Dort entsteht für 18 Millionen Euro ein extra für ein solches Superhirn konzipierter Forschungsbau mit dem geheimnisvoll anmutenden Namen "Noctua", der bundesweit in der ersten Liga der Superrechner angesiedelt ist. Sein Name wiederum soll nicht etwa darauf hindeuten, dass dort künftig nur nachts gearbeitet würde. Vielmehr wollten die Initiatoren um Christian Plessl, Vorstandsvorsitzender des Paderborn Center for Parallel Computing PC², damit laut Uni Paderborn eine galantere Umschreibung für die Regionalmarke "OWL" finden. Das nämlich kann man auch als den englischen Begriff für Eule lesen - und die wiederum heißt auf Lateinisch Noctua. Vor knapp einem Jahr war am Mersinweg Baubeginn für das Gebäude X, nun startete der Innenausbau. Eigentlich wäre Zeit gewesen für ein zünftiges Richtfest, mit dem sich der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW als Bauherr bei den Beteiligten dafür bedankt hätte, dass bisher alles im Zeit- und Kostenrahmen geblieben ist. Tatsächlich funkte Corona dazwischen und ließ jetzt lediglich Raum für eine ausgiebige Besichtigung der Baustelle. In der Herzkammer des Großrechners Das Herz des Rechenzentrums ist ein großer, sechs Meter hoher Raum im Inneren des Gebäudes. Er bietet Platz für insgesamt drei große Rechenmodule mit mehr als 250 Rechenknoten, von denen jedoch meistens nur zwei in Betrieb sind. "Den Platz für den dritten brauchen wir immer dann, wenn eine neue Generation Rechner Einzug hält", sagt Christian Plessl. Dieses ersetzt dann das jeweils dienstälteste Modul. Um die Rechner flexibel zu verbinden, stehen sie auf einem gemeinsamen Hohlraum. Umgeben ist der "Wide room" genannte Saal von weiteren Räumen für die technische Versorgung, so dass 1.500 Quadratmeter des insgesamt 2.500 Quadratmeter großen Gebäudes auf Technikräume entfallen. Speziell zur Straßenseite am Mersinweg befinden sich auf zwei Stockwerken Büros, Besprechungs, Labor- und Schulungsräume. Auf dem Dach wird, durch Mauern optisch und vor allem akustisch von der Umgebung abgeschirmt, weitere Hightech installiert: Eine Kühlanlage mit über zwei Megawatt Leistung, die im Vergleich zum bisherigen Stand der Technik zwei Drittel des Stroms sparen soll. Der wird ganz konventionell von den Paderborner Stadtwerken geliefert; gegen mögliche Ausfälle allerdings durch allerhand technische Sicherheitsnetze gewappnet. Der Clou ist die direkte Wasserkühlung der Rechner mit 35 Grad warmem Wasser, was besonders Energie hungrige Kühlaggregate überflüssig macht. Und im Winter wird die Wärme zur Gebäudeheizung auf dem Campus genutzt. Nicht nur für die Paderborner Forscher Der Superrechner soll unterdessen nicht nur den Forschern der Uni Paderborn dienen, sondern darüber hinaus. "Er gehört zu einem neuen bundesweiten Verbund", sagt Plessl. Und Thomas Kühne, stellvertretender Vorsitzender des Center for Parallel Computing PC², fügt hinzu: "Insbesondere komplexe Simulationen, deren Berechnung sonst vielleicht Jahre dauern würde, können dann hier durchgeführt werden." Noctua sei wie ein "virtuelles Mikroskop, das uns erlaubt in kleinste Bereiche einzudringen, oder wie eine Zeitmaschine, um in die Zukunft zu schauen", so Kühne. Einer der drängenden praktischen Anwendungsbereiche sei die Entwicklung neuer Materialien zur Erzeugung von Wasserstoff durch Wasserspaltung mit Sonnenlicht. Bei Fertigstellung im nächsten Jahr als erstes Rechenmodul einziehen soll der bereits seit 2018 im Uni-Gebäude O schräg gegenüber untergebrachte bisherige Großrechner. Mit der Bestellung des nächsten noch größeren, rund 10 Millionen Euro teuren Moduls warte man den spätestmöglichen Zeitpunkt ab, um dann die möglichst leistungsstärkste Hardware zu bekommen, hieß es.

Meistgelesen