Schwanger in Corona-Zeiten: Wenn die Angst mit in den Kreißsaal geht

Paderborn. Verena S. ist hochschwanger, als im Kreis Paderborn die ersten Corona-Infektionen gemeldet werden. Schnell steigt die Zahl der Infizierten an. Am 24. März bringt sie ihr erstes Kind zur Welt – unter Bedingungen, die sie sich so nicht vorgestellt hat. Denn da gelten in den Paderborner Krankenhäusern strenge Sicherheitsvorkehrungen, um das Virus unter allen Umständen draußen zu halten. &bdquo;Als die Wehen einsetzten, wurde ich gewissermaßen im Krankenhaus abgeliefert – mein Mann durfte nicht hinein", erzählt Verena S.. Es gilt ein absolutes Besuchsverbot. Erst als die Geburt kurz bevor steht, darf ihr Mann in den Kreißsaal. Dort kommt Töchterchen Lea zur Welt. Wenige Stunden bleiben der Familie, dann muss der Vater das Krankenhaus wieder verlassen. "Sobald Angst ins Spiel kommt, läuft der Geburtsprozess nicht mehr flüssig" In Paderborn war es zumindest nie so, dass werdende Väter oder andere Begleitpersonen zur Geburt nicht mit in den Kreißsaal durften. Doch die Unsicherheit und die Diskussion darum habe viele Frauen verängstigt, berichtet Michaela Bremsteller, Vorsitzende des Landesverbandes der Hebammen NRW im Kreis Paderborn. Bei der Geburt eine Vertrauensperson an seiner Seite zu wissen, sei für die meisten extrem wichtig. &bdquo;Da sind große Ängste entstanden", sagt Bremsteller. &bdquo;Und sobald Angst ins Spiel kommt, läuft der Geburtsprozess nicht mehr flüssig." Auch die Tage und Wochen nach der Geburt waren für viele Frauen nicht einfach. &bdquo;Wir mussten unsere frischgebackenen Mütter oft trösten und ihnen Mut zusprechen", sagt Christine Schmücker, Leitende Oberärztin der Geburtshilfe in der Frauen- und Kinderklinik St. Louise. Dass Besuche von engen Vertrauten nicht möglich waren, sei für die Mütter zum Teil sehr belastend gewesen. Inzwischen dürfen Väter ihre Partnerin zwischen 14 und 18 Uhr wieder besuchen; alle anderen aber noch nicht. Verena S. blickt mit gemischten Gefühlen auf die Zeit direkt nach der Geburt zurück. &bdquo;Es wäre sehr schön gewesen, wenn der Papa hätte da sein können", sagt sie. Sie habe aber die Zeit zu zweit und die Ruhe auch genossen. Den Eindruck teilt auch Schmücker: &bdquo;Die frischgebackenen Mütter kommen ohne den sonst oft großen Besucheransturm auf der Wochenbettstation deutlich schneller zu Ruhe." Der Milcheinschuss klappe besser und vielen Frauen falle dadurch das Stillen leichter. Besuchsverbot für Väter sehr belastend Für die Väter sei das Besuchsverbot jedoch sehr belastend gewesen. Das bestätigt auch Bremsteller: &bdquo;Der Mann ist da plötzlich außen vor und kann an all dem nicht teilhaben", sagt sie. Der Wunsch nach Haus- oder ambulanten Geburten sei zuletzt häufiger geäußert worden. Viele Frauen konnten nach der Geburt im Krankenhaus schneller als sonst üblich entlassen werden. So war es auch bei Verena S.. Für sie war es eine große Erleichterung, nun endlich zu dritt zuhause sein zu können. Trotzdem blieben auch dann Sorgen. Nur wenig ist bisher über das Coronavirus bekannt; aus Italien heißt es, dass auch Neugeborene erkrankt sind, erstmals wird der Erreger auch in Muttermilch nachgewiesen. Die junge Mutter will kein Risiko eingehen, vermeidet zum Beispiel das Einkaufen im Supermarkt. Auch die Hebammen haben ihren Arbeitsalltag umstellen müssen. Die Krankenkassen haben vorerst genehmigt, dass für die Betreuung und Beratung Videotelefonie eingesetzt werden darf. &bdquo;Ich hätte nie gedacht, dass wir das mal so nutzen würden", sagt Kerstin Jessen, Hebamme und geschäftsführende Gesellschafterin im Geburtshaus Paderborn. Kurse sollen demnächst wieder vor Ort stattfinden Viele Fragen könne man so klären, aber eben nicht alles. Wenn der Körperkontakt fehle, werde Kommunikation noch wichtiger. Bei den Hausbesuchen war es ein großes Problem, dass Masken und Desinfektionsmittel knapp waren. Das sei inzwischen besser. Langsam laufen die ersten Kurse wieder an. Auch Verena S. hofft, dass sich bald wieder so etwas wie Normalität einstellt. &bdquo;Vor zwei Wochen haben wir das erste Mal wieder Besuch empfangen, draußen auf der Terrasse", erzählt sie. &bdquo;Nicht nur zuhause sitzen, sondern andere Mamis treffen, der Kontakt zu den Kindern – das ist es ja, was diese Zeit besonders macht." Der Rückbildungskurs soll bald in echt stattfinden, nicht mehr nur über den Videobildschirm, mit viel Abstand in einer großen Turnhalle.

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