Freude über Lockerung in Handel und Gastronomie

Paderborn. Ob Kultur, Sport oder Schützenwesen: In Zeiten der Corona-Pandemie greift Bürgermeister Michael Dreier regelmäßig zum Hörer, um sich mit Paderborner Akteuren auszutauschen. In die große Telefonkonferenz am Mittwoch schalteten sich Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Gewerkschaften ein und waren sich einig: Die für NRW angekündigten Lockerungen der Beschränkungen, beispielsweise in Handel und Gastronomie, böten bei allen vorhandenen Schwierigkeiten jetzt Perspektiven für Restaurants, Geschäfte und Mitarbeiter. Dabei müsse Gesundheitsschutz an erster Stelle stellen. Klar ist aber auch: Die Zahl der Kurzarbeiter wird deutlich steigen. Am Wichtigsten sei es, wieder eine Perspektive zu haben, betont Johannes Beverungen, Vorsitzender des Handelsverbandes OWL, und freut sich wie Kai Buhrke, Geschäftsführer für die Kreise Paderborn und Höxter, dass auch Geschäfte mit großen Verkaufsflächen wieder ohne Beschränkung öffnen dürften. Der Handel spüre derzeit eine deutliche Konsumzurückhaltung bei den Bürgern, verweist Buhrke auf aktuell erst 40 Prozent der sonst üblichen Kundenfrequenz. Teils hohe Umsatzverluste Je nach Branche würden im Handel Umsatzverluste von 25 bis 50 Prozent verbucht. Wenn dieser Zustand drei Monate anhalte, drohe einem Drittel die Geschäftsaufgabe, fordert Kai Buhrke direkte Finanzhilfen. Der Jahresumsatz von rund 11 Milliarden in OWL sei bereits um 400 Millionen Euro geschrumpft, betont er, dass man sich keinen zweiten Lockdown leisten könne: &bdquo;Gesundheitsschutz hat die höchste Priorität". Zur Normalität werde der Handel frühestens 2022 zurückkehren. &bdquo;Wir sehen, wie wichtig die Gastronomie für die Innenstadt ist", hebt auch Werbegemeinschafts-Vorsitzender Uwe Seibel den derzeit mehr als 50-prozentigen Rückgang der Frequenz in der Paderborner Innenstadt hervor. Er sei aber guter Dinge, dass es jetzt sukzessive aufwärts gehe. Das hofft auch Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Regine Tönsing angesichts erheblicher wirtschaftlicher Einbußen für Hotels, Restaurants und Kneipen. Nun gehe es mit der Öffnung von Gaststätten unter Auflagen am 11. Mai einen Schritt nach vorn. &bdquo;Wir sind uns der Verantwortung bewusst." 30.000 Menschen in Kurzarbeit &bdquo;Wir müssen uns auf eine Rezession einstellen und mit einer steigenden Zahl von Insolvenzen rechnen", sagt Jürgen Behlke, IHK-Leiter in Paderborn. Und mit höherer Arbeitslosigkeit und mehr Kurzarbeit, wie Rüdiger Matisz von der Agentur für Arbeit erklärt. Er rechnet damit, dass die Zahl der Kurzarbeiter in etwa ein, zwei Monaten mit rund 30.000 Menschen ihren Höhepunkt erreichen und zum Herbst wieder abnehmen wird. Aktuell sind 1.200 Betriebe mit rund 8.000 Beschäftigten von Kurzarbeit betroffen. 1.100 mehr Menschen als im April 2019 sind arbeitslos (+23 Prozent). Weil Partner in Europa oder den USA nicht so stabil dar stünden werde es &bdquo;sehr lange dauern", bis die vielen heimischen Unternehmen, die international tätig sind, zu einem Normalbetrieb ohne Kurzarbeit zurückkehren könnten, konstatierte Melanie Cramer, Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Paderborn. In der Krise müsse man neue Wege gehen, betonte Peter Gödde, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes sei richtig, falsch hingegen große Geschenke an die Automobilindustrie. &bdquo;Davon kommt bei Händlern und Zulieferern vor Ort nichts an." Viele Anträge auf Grundsicherung Beim Jobcenter müssen jetzt mehr Menschen, die finanzielle Einbußen durch die Coronakrise erleiden, Grundsicherung in Anspruch nehmen. Knapp 1.000 von 1.500 angeforderten Anträgen sind dort bisher eingegangen. &bdquo;Und zwar vom Automobilverkäufer bis zum Zahnarzt", so Geschäftsführer Horst-Hermann Müller. Um Jobverlust, Kurzarbeit und den Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern am Band oder in der Kita sorgen sich Gewerkschaftsvertreter wie Anke Unger (DGB), Carmelo Zanghi (IG Metall) und Martina Schu (Verdi). Sie betonten zudem, dass Auszubildende in dieser Situation besonders in den Blick genommen werden müssten. Sie müssten ihre Ausbildung abschließen können, wenn Betriebe in Insolvenz gehen. Sowohl im Handwerk als auch bei der IHK ist die aktuelle Zahl der Ausbildungsverträge für den Start im Sommer rückläufig, warnen auch Peter Gödde und Jürgen Behlke.

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