Paderborner Tafel schließt alle Ausgabestellen

Paderborn. 3.300 Kunden hat Wolfgang Hildesheim jede Woche. 3.300 Kunden, die rund 10.000 Kilo Waren mit nach Hause nehmen. Aber nicht aus einem Geschäft. Hildesheim ist Geschäftsführer der Tafel Paderborn und hat für seine bedürftige Kundschaft ganz schlechte Nachrichten. Ab kommendem Montag sind alle Ausgabestellen geschlossen. Einerseits erhält die Tafel kaum noch Waren aufgrund der Hamsterkäufe in der Corona-Krise. Mindestens genauso entscheidend ist aber die Angst vor dem Virus selbst. Ähnlich sieht es bei Hilfsangeboten des Erzbistums Paderborn aus. Seit gut zehn Jahren ist Hildesheim bei der Tafel. Doch so etwas hat er noch nicht erlebt. "Noch vor einer Woche hätte ich nicht gedacht, dass wir schließen", sagt Hildesheim. "Seit vergangenem Freitag ist die Versorgung mit frischem Obst und Gemüse eingebrochen." Durch die Schließung der Schulmensen habe es noch einen Tag Aufschub gegeben. Doch wenn seine Mitarbeiter vom Aldi und Lidl in Borchen drei Kisten mitbringen, "dann lohnt sich das nicht". Furcht und Unsicherheit Zum Versorgungsengpass kommen Furcht und Unsicherheit. "Ich habe hier viele ältere Leute in der Ausgabe, die Angst haben", sagt Hildesheim. Viele bekämen schon Stress mit ihren Partnern, die das ehrenamtliche Engagement hinterfragten und sagten: Warum gehst du da noch hin in Zeiten von Corona? "Die Angst ist einfach da", sagt der Tafel-Geschäftsführer. Die Tafel hat rund 150 Mitarbeiter. Der Großteil, etwa 130, sind ehrenamtlich tätig. Der Rest sind feste Kräfte wie Bufdis, 1-Euro-Kräfte oder Teilnehmer anderer Maßnahmen des Jobcenters. Genauso sind unter den Kunden etwa 30 bis 40 Prozent Rentner, also besonders gefährdete ältere Menschen. Zwar seien alle erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen: Seit der vergangenen Woche komme nur jeweils eine Person in die Ausgabe, alle Waren würden nur mit Handschuhen angefasst und es gebe Desinfektionsmittel. Doch jetzt ist Schluss. "Ich fange schon an, meine Hartbestände wie Konservendosen auszugeben", sagt Hildesheim. "Die Ware für ganz schlechte Zeiten." "Sobald wir wieder die Sonne am Horizont sehen, geht es wieder los" An vier von zehn größeren Ausgabestellen bekommen Bedürftige in dieser Woche noch Waren gegen einen obligatorischen Betrag von 2 Euro: Am Donnerstag in Paderborn bei der AWO, die noch gepackte Tüten ausgibt, am Freitag im Paul-Gerhardt Haus der evangelischen Kirche am Abdinghof in Paderborn und in Elsen (Dionysius-Gemeinde) sowie am Samstag bei der evangelischen Kirche in Sennelager. "Ich bedauere, dass wir nicht weitermachen können", sagt Hildesheim. "Aber sobald wir wieder die Sonne am Horizont sehen, geht es wieder los." Die Tafel-Kunden hätten zwar alle wenig, aber nicht gar kein Geld. Deshalb sagt Hildesheim, dass Grundsicherung, Sozialhilfe, Rente oder Asylantengeld, "jetzt für das ausgegeben werden muss, für das die Unterstützung sie auch bestimmt ist". "Wir haben Ideen, wie es weitergehen kann" Einfach so dicht machen: Das will der Caritasverband nicht. Er hat zwar keine eigenen Ausgabestellen, über die Gemeinden jedoch Versorgungsangebote etwa in Delbrück, Salzkotten und Bad Wünnenberg. "Wir wollen nicht einfach schließen, weil wir weiterhin ein Hilfsangebot bereitstellen wollen", sagt Christoph Eikenbusch, Abteilungsleiter Armut – Teilhabe beim Diözesan-Caritasverband Paderborn. Die Menschen seien darauf angewiesen. Das Warenangebot sei schon in der vergangenen Woche um 50 Prozent und mehr eingebrochen, sagt Eikenbusch. Genau wie Tafel-Geschäftsführer Hildesheim geht es aber auch um den Schutz der ehrenamtlichen Kräfte, von denen viele älter als 65 Jahre seien. Deshalb müsse jetzt der nächste Schritt erfolgen. Anfang nächster Woche werde intern beraten, wie es weiter gehen kann. "Wir haben auch Ideen, wie diese Alternativen aussehen können", sagt Hildesheim. Bringdienste seien eine Variante. Auch Caterer könnten eingebunden werden, dann werde denen geholfe, weil derzeit alle Aufträge wegbrächen, und Kunden. "Wichtig ist, dass kein Mensch verloren geht", betont Hildesheim.

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