Tödliche Gefahr: Handynutzung am Steuer nimmt drastisch zu

Kreis Paderborn. Immer wieder verlieren Menschen bei Verkehrsunfällen im Straßenverkehr ihr Leben und lassen die Hinterbliebenen untröstlich zurück. 24 Verkehrstote gab es 2019 im Kreisgebiet und viele weitere Beteiligte erlitten teils schwerste Verletzungen. Die Gefahr zu verunglücken ist besonders außerhalb geschlossener Ortschaften hoch und oft liegt die Ursache in zu hoher Geschwindigkeit. Aber eine große Unfallgefahr herrscht ebenso durch Ablenkungen vom Fahrgeschehen wie beispielsweise durch Smartphones, Navi-Geräte oder Laptops. Die Zahl der Verstöße im Bereich Ablenkung am Steuer hat sich im Kreis Paderborn geradezu sprunghaft erhöht - sie liegt bei weit über 2.000. Und oft sind sie auch die zumindest vermutete Ursache für teils folgenschwere Unfälle: 2019 hat die Paderborner Polizei nach Verkehrsunfällen 25 elektronische Geräte der Unterhaltungselektronik sichergestellt. Das sind fast drei mal so viele wie im Jahr davor. 2018 waren es 9. Fahrer schreibt Whatsapp, junge Mutter stirbt Unter den 25 beschlagnahmten Geräten war auch das eines 29-jährigen Autofahrers, der am Karfreitag vergangenen Jahres einen schweren Unfall zwischen Salzkotten und Verne verursachte. Weil der junge Mann am Lenkrad Whatsapp-Nachrichten beantwortet haben soll, starb eine 37-jährige Mutter. Sein Fahrzeug erfasste die Frau und ihre beiden kleinen Töchter, die mit Fahrrädern auf der Verner Straße unterwegs waren. Die zwei Mädchen im Alter von 6 und 3 Jahren wurden schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen Anklage wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung gegen den Mann erhoben. Auch bei anderen Verkehrsunfällen, die eine ähnliche Unfallursache zumindest vermuten lassen könnten, laufen die Ermittlungen der Polizei noch. So kam es allein in den vergangenen Wochen zu mehreren Unfällen, bei denen Autofahrer laut ersten Erkenntnissen der Polizei "aus ungeklärter Ursache" von der Straße abkamen oder auf die Gegenfahrbahn gerieten. Mitte Dezember starben zwei Männer, als ein Lkw auf der Bundesstraße 1 bei Schloß Neuhaus unvermittelt in den zweispurigen Gegenverkehr fuhr. Sowohl der Lkw-Fahrer als auch der Fahrer des entgegenkommenden Autos verloren ihr Leben. Zwei Menschen wurden schwer verletzt, als Ende Dezember ein Autofahrer zwischen Dahl und Paderborn nach rechts von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum prallte. Mitte Januar wurde ein 33-jähriger Autofahrer auf der Bundesstraße 64 in Höhe Paderborn bei einer Kollision mit einem Kleinlaster getötet, der in den Gegenverkehr geraten war. 84 Meter Blindflug in drei Sekunden Ob in diesen Fällen eine Ablenkung durch Smartphones, Touchscreen-Radio oder Navigationsgerät die Ursache gewesen ist, ist unklar. Aber Fakt ist, dass schon ein kurzer Blick auf solch ein Gerät schwerwiegende Folgen haben kann. Bei einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern fährt ein Autofahrer innerhalb einer Sekunde 14 Meter im Blindflug, während er zum Beispiel aufs Handy schaut. Bei drei Sekunden sind es schon 42 Meter. Und wer 100 Stundenkilometer schnell fährt, legt fast 28 Meter pro Sekunde zurück - das sind in drei Sekunden 84 Meter. Ablenkung am Steuer durch elektronische Geräte bezeichnet auch der ADAC als "riesengroßes Problem". Einer Studie zufolge ließen sich jeder zehnte Unfall auf Handy- oder Navi-Nutzung zurückführen. "Vermutlich ist die Zahl aber noch viel höher", sagt Ralf Collatz vom ADAC OWL. Er vermutet, dass mehr als 20 Prozent der Verkehrsunfälle durch Ablenkung verursacht werden. Was der ADAC von den Fahrzeugherstellern verlangt Die Schuld sieht er dabei nicht nur bei den Fahrern, sondern auch ein Stück weit bei den Fahrzeugherstellern. Die Bedienung moderner Fahrzeuge sei kompliziert, "fast wie bei einem Computer". Da dauere es schon mal länger, etwas einzustellen. Und in dieser Zeit bewegt sich das Auto dutzende Meter weit quasi im Blindflug. Deshalb müsse die Bedienung einfacher werden, so Collatz. Der ADAC hat in einer weiteren Studie herausgefunden, dass Autofahrer die Gefahr durch Ablenkung immer noch unterschätzen. Er fordert deshalb, die Menschen weiter zu sensibilisieren. Die Paderborner Kreispolizei tut das etwa im Rahmen der Verkehrsprävention, der ADAC greift das Thema beim Sicherheitstraining und bei der Schulung junger Fahrer verstärkt auf. Be smarter than your phone - Präventionsvideo der Polizei: "Wir haben elektronische Unterhaltungsgeräte bei Unfällen verstärkt im Blick", heißt es dazu von der Polizei. &bdquo;Wir gehen davon aus, dass ein erheblicher Teil der Unfälle auf solche Ablenkungen zurückzuführen ist", kündigte Landrat Manfred Müller vor einem Jahr schärfere Kontrollen sowie präventive Kampagnen wie die Aktion &bdquo;#Pass auf!" an. Daraufhin wurden 14 Schwerpunkt-Einsätze zum Thema Ablenkung im Kreisgebiet durchgeführt, bei denen allein 367 Verkehrsteilnehmer beim Lenken mit einem Smartphone erwischt wurden: 324 Autofahrerinnen und Autofahrer nutzten ihr Handy während der Fahrt sowie 43 Radler. Die Gesamtzahl der Verstöße im Straßenverkehr im Bereich Ablenkung am Steuer war 2019 noch einmal höher als 2018, als die Polizei kreisweit 2.156 Verstöße zählte. "2019 waren es noch mehr", sagt Sprecher Mark Heinemann, dem aber noch kein konkretes Ergebnis vorliegt. Zum Vergleich: 2017 waren 1.600 Verstöße registriert worden. "Die Zahl steigt weiter", betont er und kündigt auch für dieses Jahr viele Schwerpunktkontrollen an. 100 Euro Bußgeld sind fällig, wenn Autofahrer am Steuer mit dem Smartphone erwischt werden. Hinzu kommt ein Punkt beim Kraftfahrbundesamt in Flensburg. Nicht nur deshalb, vor allem zur eigenen Sicherheit und der anderer Verkehrsteilnehmer rät Mark Heinemann: "Zum Telefonieren, What'sappen oder Bedienen des Navis im Auto muss immer ein Parkplatz angesteuert werden." (function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0];if(d.getElementById(id))return;js=d.createElement(s);js.id=id;js.src='https://embed.ex.co/sdk.js';fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}(document,'script','playbuzz-sdk'));

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