Neue Planungen könnten zu mehr Windrädern rund um Paderborn führen

Paderborn. Wohin bloß mit weiteren Windrädern in Paderborn? Wer auf der Bundesstraße 64 die Stadt Richtung Osten verlässt, fragt sich tatsächlich, wo noch Platz sein soll für neue Energieriesen. Links und rechts der Straße, zwischen Neuenbeken, Benhausen und Dahl, dreht sich ein Rotor neben dem anderen, und das weithin sichtbar auf mehr als hundert Meter hohen Säulen, nachts pittoresk blinkend. Doch sollte das noch immer nicht das Ende der Fahnenstange sein? Prinzipiell könnten nämlich fast überall in der freien Landschaft Windräder stehen. Schließlich wird Windkraft gebraucht, soll die von der Bundesregierung angestrebte Energiewende hin zu regenerativen Energien gelingen. Damit dennoch nicht Wildwuchs herrscht, hatte die Stadt Paderborn wie viele andere Kommunen nach einem eingehenden Abwägungs- und Diskussionsprozess Konzentrationsflächen dafür ausgewiesen. Der Plan ging allerdings schief: Weil vier Investoren aus Dahl außerhalb dieser ausgewiesenen Flächen ein Windrad errichten wollen, klagten sie - und bekamen vom Oberverwaltungsgericht Münster Recht. Zwar versucht die Stadt seit Monaten über eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht, in Revision zu gehen. Doch so überfällig die Entscheidung über diese Möglichkeit ist, so unsicher wäre der Ausgang des Revisionsverfahrens selbst. Alles auf Anfang Also hat man im Stadtplanungsamt inzwischen von vorn begonnen, um möglichst wieder Rechtssicherheit für Bürger und Investoren herzustellen: Lieber soll der Flächennutzungsplan erneut geändert werden. Wieder wird jetzt ein Verfahren angestoßen, das zwei Jahre dauern und einen sechsstelligen Betrag kosten dürfte. Am Ende dürfte dann wohl statt einiger weniger großer Konzentrationszonen für Windkraft ein Flickenteppich stehen, der in der Summe aber eher mehr als weniger Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Stadt Paderborn bedeutet. Dabei orientiert man sich formal wie bisher an sogenannten harten sowie weichen Tabukriterien, muss diese aber neu begründen. Als harte Tabus gelten nach wie vor unter anderem alle Flächen im Umkreis von 300 Metern zu zusammenhängender Wohnbebauung und von 170 Metern im Außenbereich. Das liegt zwar weit unterhalb der politisch immer wieder ins Spiel gebrachten Grenzen zwischen 1.000 und 1.500 Metern, hätte aber vor Gerichten garantiert Bestand. Kurios: "Während die im Landesentwicklungsplan von NRW festgesetzten 1.500 Meter Mindestabstand den Kommunen hier tatsächlich nicht wirklich weiter helfen, gelten in Bayern die Abstandsgrenzen von zehn Mal Nabenhöhe als hartes Tabu", sagt Thomas Jürgenschellert vom Paderborner Stadtplanungsamt. Künftige Wohngebiete sind keine Tabuzone mehr Nicht mehr grundsätzlich als harte Tabuzone gelten als Folge aus dem Münsteraner Urteil jedoch Flächen, auf denen in Zukunft Wohngebiete entstehen können sowie Wald und Natur- oder Landschaftsschutzgebiete. Aber auch die bisher für eine Konzentrationszone festgesetzte Mindestgröße von 25 Hektar soll kein hartes Kriterium mehr sein. Ebenfalls haarklein hinterfragt werden die von der Kommune definierten zusätzlichen weichen Tabukriterien. Diese könnten im Zweifelsfall wenig wert sein, sollte ein Gericht der Meinung sein, eine Gemeinde habe der Windenergienutzung nicht "substanziell" genug Raum gegeben - was wiederum ebenfalls Auslegungssache ist. Schutz für Greifvögel und Störche Für solche "weichen Kriterien" sollen in Paderborn nun zunächst immerhin die Brutgebiete von Greifvögeln und Störchen herangezogen werden. Ergebnis: Im Vogelschutzgebiet Senne sowie in vier von fünf FFH-Gebieten (Senne, Tallewiesen, Egge und Ziegenberg) sind windkraftempfindliche Arten angegeben oder in den letzten fünf Jahren nachgewiesen. Bei den insgesamt 13 im Stadtgebiet vorhandenen Naturschutzgebieten gibt es in vier Fällen Nachweise (Egge-Nord, Lippeniederung zwischen Bad Lippspringe und Mastbruch, Elser Holz - Rottberg sowie Göttegrund). Das Naturschutzgebiet Ellertal wird zudem mit Blick auf das Schwarzstorch-Revier als konfliktträchtig eingestuft. Acht Naturschutzgebiete weisen dagegen ein geringes Konfliktpotenzial auf. Bei der Bewertung der Wälder wurden auf der Basis von Daten der Biologischen Station Rotmilan-Reviere aus den Jahren 2014 bis 2018 hinzugezogen. Als Fazit wurde ein 1.000-Meter-Radius um Rotmilan und Weißstorch-Reviere sowie ein 3.000-Meter-Radius um das Schwarzstorchrevier als Tabuzone für Windenergieanlagen angenommen. Der Bau- und Planungsausschuss des Stadtrates soll am Donnerstag, 16. Januar, entscheiden, ob auf dieser Basis weiter in Richtung neuer Konzentrationszonen gearbeitet wird.

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