Tönnies-Eklat: Kreishandwerkerschaft wehrt sich gegen Vorwürfe

Paderborn. Die Bemerkungen des Unternehmers Clemens Tönnies beim Paderborner Tag des Handwerks und das dann folgende große Schweigen in Paderborn haben bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und es sogar mit einem Beitrag in die ARD-Tagesthemen geschafft. In Folge vieler kritischer Stimmen legte Tönnies sein Amt als Aufsichtsratschef des FC Schalke O4 für drei Monate auf Eis. In Paderborn reagierte der Bürgermeister erst vier Tage nach der Veranstaltung mit zwei Sätzen, der recht prominente Zuhörerkreis hielt sich ebenso bedeckt wie das Erzbistum. Die Kreishandwerkerschaft äußerte sich nur sehr knapp und auf Anfrage. Doch jetzt geht Geschäftsführer Peter Gödde zum Angriff über. "Diskriminierend und dumm" Tönnies hatte in Paderborn im Zusammenhang mit dem Klimawandel vor 1.600 Zuhörern vorgeschlagen, statt Steuererhöhungen in Deutschland Kraftwerke in Afrika zu finanzieren, denn &bdquo;dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren". Auf erneute Nachfrage der Neuen Westfälischen erklärte Peter Gödde am Mittwoch in einer Mitteilung, dass &bdquo;diese Äußerung diskriminierend, falsch und dumm war". Doch &bdquo;als rassistisch haben wir weder die Äußerung von Herrn Tönnies, noch Herrn Tönnies selbst erlebt und auch unsere Zuhörer nicht." Die Kreishandwerkerschaft stelle sich gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus. Keine Häme in der Sprache Im Übrigen habe niemand diese Äußerung &bdquo;als so drastisch und empörend" empfunden wie einer von mehreren Medienvertretern, behauptet Gödde. Gemeint ist damit der Vertreter der NW, die als einzige in ihrer Berichterstattung über den Tag des Handwerks auch dieses Zitat veröffentlicht hatte. Die Kreishandwerkerschaft und ihre Gäste seien nun, so Gödde, dem Rassismus-Vorwurf ausgesetzt und würden in eine Rechtsfertigungslage gebracht. Dabei habe er die Äußerungen bereits am Tag nach der Veranstaltung aus seiner Sicht &bdquo;gebührend und angemessen kritisiert". Am Freitag hatte Gödde auf NW-Nachfrage gesagt, dass man als Veranstalter keine Bemerkungen eines Festredners kommentiere. Und: &bdquo;Über das Argument, dass die rund 27 Milliarden Euro anderweitig einsetzbar wären, kann man diskutieren. Das benutzte Bild als Zuspitzung ist jedoch unglücklich." Auch Erzbischof Hans-Josef Becker war Gast beim Tag des Handwerks. Die Aussagen von Herrn Tönnies würden zu Recht diskutiert, heißt es auf Anfrage in einer Pressemitteilung des Erzbistums. Nicht außer Acht zu lassen sei allerdings, dass Tönnies sich entschuldigt habe. Wichtig für ein gelingendes gesellschaftliches Miteinander ist aus Sicht des Erzbischofs ein &bdquo;umsichtiger Gebrauch der Sprache", der Aggressivität, Gewalt und Häme meide. Grobes, verbales Foulspiel In dem ansonsten sehr informativen Vortrag seien Tönnies’ Äußerungen zu den Bewohnern in Afrika &bdquo;ein grobes verbales Foulspiel", das nach seiner Entschuldigung mit einer Tätigkeitssperre beim FC Schalke 04 geahndet worden sei, meint SCP-Geschäftsführer Martin Hornberger auf Nachfrage der NW. &bdquo;Wie im richtigen Fußball, sollte man nach dieser Zeit Herrn Tönnies wieder unvoreingenommen mitspielen lassen. Seine Verdienste im Fußball und sein soziales Engagement haben einen respektvollen Umgang verdient", findet er. Der SCP07 zeige schon immer jeglichem Rassismus die Rote Karte. Enttäuschendes Zitat &bdquo;Ich begrüße die Entscheidung von Clemens Tönnies, sein Amt als Aufsichtsratschef für drei Monate ruhen zu lassen und halte auch die differenzierte Stellungnahme des Schalker Ehrenrates für eine angemessene Reaktion", teilt der Paderborner CDU-Landtagsabgeordnete Bernhard Hoppe-Biermeyer mit. Sport und Wirtschaft seien wichtige Handlungsfelder für eine erfolgreiche Integration, zugleich aber anfällig für Diskriminierung und Rassismus. &bdquo;Umso enttäuschender war das Tönnies-Zitat für Menschen an der Schnittstelle von Wirtschaft und Sport", so der Christdemokrat. Weh getan habe es besonders den Menschen, die schon Opfer von Diskriminierung oder gar Rassismus geworden seien. Dieser Schmerz müsse Maßstab für die Diskussion sein. Inakzeptable Äußerungen Dass der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann Tönnies’ Redepassagen als &bdquo;Ausrutscher" bezeichnet, sei eine unzulässige Bagatellisierung, kritisiert Werner Jülke für den Paderborner Stadtverband der Grünen. &bdquo;Ein Ausrutscher mag die unbedachte Äußerung zu einem Thema sein, niemals aber die Verlautbarung offensichtlich rassistischer Grundüberzeugungen, die in unserer Gesellschaft keinen Raum haben dürfen." Die Äußerungen des Unternehmers seien völlig inakzeptabel. &bdquo;Es ist notwendig und wichtig, dass diese Rede Bestandteil des medialen und politischen Diskurses ist und bleibt", konstatiert der Grüne. Zudem gebe es von vielen Seiten keine deutliche Abgrenzung. Der zweite Teil des Skandals Tönnies’ Bemerkungen seien unsäglich fremdenfeindlich und rassistisch, heißt es in der Stellungnahme der Biohaus-Stiftung."Dass sich aber Kreishandwerkerschaft, Paderborner Handwerker und Geschäftsleute nicht zu einer Gegenstimme aufraffen können, ist der zweite Teil des Skandals", meint Willi Ernst. Die bei der Kreishandwerkerschaft angesiedelte Stiftung Bildung und Handwerk wolle gemeinsam mit der Biohaus-Stiftung die Solarausbildung in Kenia aufbauen, müsse es also besser wissen als Festredner Clemens Tönnies. Und viele heimische Unternehmer unterstützten zusammen mit Ehrenamtlichen Geflüchtete und Zugereiste.

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