Von
Dietmar Gröbing
29.04.2019 | 29.04.2019, 08:00
Paderborn
In der Vaan Lounge können plastinierte Leichen betrachtet werden. Rund 200 Präparate stehen bereit
Paderborn-Schloß Neuhaus. Menschen beobachten Menschen. Das ist zunächst einmal nichts ungewöhnliches. Allerdings sind die beäugten Exemplare tot, was der Situation eine spezielle Note verleiht. Die plastinierten Leichenteile sind zentraler Bestandteil der Ausstellung „Echte Körper", die seit dem Wochenende in Paderborn zu sehen ist.
Angeordnet sind die in den USA präparierten Exponate in der Vaan Lounge (Dubelohstraße 260). Damit dient die Event-Location zwar nicht zum ersten Mal als Ausstellungsfläche, doch ein derart explizites wie umstrittenes Sujet gab es bis dato nicht in Schloß Neuhaus zu begutachten. Was mit der Tabuisierung des Themas Tod und seiner morbiden Begleiterscheinungen zusammen hängt.
Der Sachverhalt fällt zumeist in das medizinische Tätigkeitsfeld. Vielleicht bezeichnet der Inhaber der Vaan Lounge, Andreas Spreier, das rund 200 Objekte umfassende Konvolut deshalb als „informativ für Ärzte". Allerdings geht die Zielgruppe der Wanderausstellung über den genannten Personenkreis hinaus. Unter anderem Schüler und Studenten möchten die Veranstalter ansprechen, da die Präparate den Anatomieunterricht sinnstiftend ergänzen können.
Weder zu der einen noch der anderen Gruppe gehört das Ehepaar Reichert. Die Gütersloher haben „rein aus Interesse" eine Eintrittskarte erworben. Ob sich die Investition gelohnt hat? „Aus meiner Sicht auf jeden Fall", sagt Sven Reichert, der nach absolviertem Rundgang nun „mehr über das menschliche Herz und die zugehörigen Gefäße" weiß.
„Gar nicht gruselig" findet eine jugendliche Besucherin die in Glaskästen und Röhren angeordneten Objekte. Das erhoffte Geisterbahn-Feeling bleibt durchgängig aus, denn den Körperteilen und Organen wird durch Licht, Inszenierung und hinzugefügtes Textmaterial der Ekelfaktor genommen. Der Informationscharakter steht im Vordergrund. Daher kommt die Werkschau „eher lehrreich als schaurig" daher.
Was Julia und Theresa ebenso empfinden. Die Paderbornerinnen betrachten ein plastiniertes Bein, das in einer transparenten Röhrenvorrichtung anberaumt ist. Gleich danach widmet sich das Duo den männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen. „Da ich Medizin studieren möchte, ist das genau die richtige Ausstellung für mich", sagt Julia. Auch Theresa empfindet das vorgefundene Material als „spannend", wobei sie sich speziell für die Entstehung von Hautkrebs interessiert.
Die Ausstellung ist bis Sonntag, 5. Mai, täglich von 11 bis 18 Uhr zugänglich. Erwachsene zahlen 15 Euro, Jugendliche, Schüler und Studenten 10 Euro, Kinder unter 6 Jahren 4 Euro Eintritt.
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