Standortvorteil? Windkraft soll neue Unternehmen in den Kreis Paderborn locken

Kreis Paderborn. Wird die Windradlandschaft im Kreis Paderborn zum Standortvorteil für die Region? Vertreter der Wind-Branche sind bei einem Treffen mit der neuen NRW-Vorsitzenden der Grünen, Yazgülü Zeybek, davon fest überzeugt. Um ihr die Technik zu präsentieren, nehmen sie die 37-Jährige in einem Windrad bei Grundsteinheim mit auf eine besondere Fahrt. &bdquo;Die Anforderungen an die Industrie, mit regenerativen Energien zu produzieren, wachsen von vielen Seiten“, sagt Johannes Lackmann. &bdquo;Ich habe regelmäßig Gespräche mit Firmen, die von uns grünen Strom beziehen möchten“, berichtet der Windkraftpapst aus Paderborn. Sein Unternehmen Westfalenwind ist seit Jahrzehnten Antreiber des Windradbooms im Kreisgebiet. Mit Ausbruch der jüngsten Energiekrise sei das Interesse am Strom aus heimischer Windkraft deutlich gewachsen. Auch in der Politik. So hat sich auch Zeybek, die Nachfolgerin von Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubauer an der Grünen-Spitze in NRW, bei Lackmann und dem Landesverband Erneuerbare Energien, zum Besuch angesagt. Zeybek fährt und klettert angstfrei mit Lackmann auf 147 Meter ins Maschinenhaus des Windrads und verspricht, die Grünen setzten sich für den Windkraftausbau überall dort ein, &bdquo;wo es möglich ist“. Der Windpionier erklärt ihr hoch oben derweil technische Feinheiten. Von der Seele redet er sich aber auch seinen Ärger mit dem &bdquo;verbohrten“ Landesverband des NABU, der mit Klagen gegen Windprojekte einzig den Artenschutz und nicht den Klimaschutz durch Windkraft im Blick habe. Zerstörte Waldgebiete Zeybek hört zu und betont, dass sie es vor allem für geboten hält, Bürger und Wirtschaft beim Ausbau konsequent einzubinden. Der Ausbau sei derweil auch an anderen Orten außerhalb des Paderborner Landes geboten, so die Politikerin aus dem Bergischen. Die vom neuen &bdquo;Wind-an-Land-Gesetz“ geforderten 1,8 Prozent Landesfläche für den Windkraftausbau (aktuell 0,7 Prozent) könnten nicht auf der Paderborner Hochfläche erbracht werden. Damit die Planung der Anlagen beschleunigt wird, sollen mehr Stellen bei Bezirksregierungen geschaffen werden. Als Standorte sollen laut Zeybek auch zerstörte Waldgebiete und Areale zwischen Industriebetrieben genutzt werden können. Das würde auch Johannes Lackmann gefallen – und den Industrieunternehmen, mit denen er in Sachen Stromversorgung im Gespräch ist: &bdquo;Wir erhalten fast täglich Anrufe von Firmen, die versorgt werden wollen.“ Windkraftprojektierer seien deshalb auch im Kreis Paderborn noch dabei, weitere Windräder aufzustellen. Gezählt werden aktuell 524 im Kreis, 18 kamen 2022 hinzu – beides mit Abstand Höchstwerte in NRW. Um die ökologische Stromerzeugung als Standortfaktor zu vermarkten, hat sich Lackmann eine neue Kennzeichnung ausgedacht: &bdquo;Wir wollen die Region nach vorne bringen und mit einer Zertifizierung zeigen, was wir geschafft haben“, sagt er und spart im Gegenzug nicht mit Kritik: &bdquo;Bisher haben manche Politiker die Region ja wegen der Windkraft immer nur in schlechtes Licht gerückt. Bernhard Hoppe-Biermeyer hat gegen uns geredet und Hubertus Nolte genauso.“ Neues Label Der CDU-Landtagsabgeordnete aus Delbrück sowie der Fürstenberger CDU-Kreispolitiker und langjährige Windkraftkritiker haben Lackmann verärgert. Er will stattdessen in Zusammenarbeit mit der IHK die Kennzeichnung &bdquo;Erneuerbare Region“ als neues Label für Kommunen vorantreiben. Der frühere Paderborner Landrat Manfred Müller gehört zum dreiköpfigen Expertenbeirat des Vereins – der Kreis Paderborn soll laut Lackmann Referenzkommune werden. Die Windkraft als Standortfaktor propagiert der Landesverband Erneuerbare Energien auch durch NRW-Geschäftsführer Christian Mildenberger. Im &bdquo;NW“-Gespräch betont er, dass es beim Repowering von Anlagen, also dem Ersetzen von 20 Jahre alten Windrädern durch leistungsstärkere neue, nicht vorrangig darum gehe, Stückzahlen zu verringern, sondern den Energieertrag im Land zu erhöhen. Bei neuen Anlagen sei der Stromertrag &bdquo;bis zu 20 Mal höher“, sagt Mildenberger. &bdquo;Wir brauchen viel, viel mehr Windenergie. Im Strommix ist er zwar schon zu 50 Prozent vorhanden, aber wenn Verkehr und Industrie auch versorgt werden sollen, muss mehr passieren.“ Die Windkraft im Flachland Den Windkraftkritikern der Region schreibt er ins Stammbuch: &bdquo;Die Haltung, dass hier zu viele Windräder stehen, halte ich nicht für sinnvoll. Die Industrie sorgt für Wertschöpfung und wird künftig neue Unternehmen anziehen. Das Paderborner Land hat einen Vorteil, den es nicht verspielen sollte.“ Aber Mildenberger sagt ebenso, dass auch in anderen Landesteilen &bdquo;mehr passieren muss“. Dass mittlerweile im Flachland die Windkraft durch immer größere Anlagen attraktiv wird, bestätigt auch Lackmann. An Standorten wie Delbrück und Hövelhof, wo aktuell geplant wird, sei der Ausbau ebenfalls wirtschaftlich. Doch so schränkt der Kenner ein, im Vergleich zu Höhenlagen fallen die Erträge &bdquo;etwa 20 Prozent geringer aus“.

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