Wer Ruhe sucht, kann in Lichtenau Flechten lernen

Lichtenau-Henglarn. Der Pottmarkt auf Libori ist zwar schon wieder einige Wochen vorbei, aber an den Stand mit Weidenkörben in allen Größen und Varianten kann sich vermutlich jeder erinnern. Dass aus Weidenruten nicht nur ein praktischer Einkaufshelfer gefertigt werden kann, zeigt Claudia Gensch in ihren Workshops rund um das Weidenflechten. &bdquo;Das Korbflechten gehört zum ältesten Handwerk der Welt. Ursprünglich wurden Körbe bei der Weinlese, beim Fischfang und bei der Waldarbeit gebraucht. Jeder Korb ist ein Unikat und wird in Handarbeit hergestellt, da ein maschinelles Flechten nicht möglich ist“, erzählt Gensch die hauptberuflich als Verwaltungsmitarbeiterin in einem Therapiezentrum arbeitet. Zu ihrem ungewöhnlichen Hobby ist die Henglanerin 2007 gekommen. &bdquo;Ich hatte meine Näh- und Töpferphase hinter mir und war auf der Suche nach einem neuen kreativen Hobby und da bin ich durch Zufall auf das Korbflechten gestoßen“, erinnert sich Gensch an ihre erste Begegnung mit dem Korbflechten auf einem Bauernmarkt in Delbrück. Beigebracht hat sie sich das Handwerk zunächst autodidaktisch per Buch. Ihre Kreativität war dabei die Richtschnur, um immer wieder Gegenstände auszuprobieren. Workshops unter anderem in den Niederlanden und Polen folgten. Heute ist Gensch eine echte Kennerin was das Flechten angeht. Sie gibt Workshops in ihrer Flechtschule. Das Interesse an den Kursen ist groß. Aktuelle sind alle Plätze bis 2023 ausgebucht. &bdquo;Wer zum ersten Mal an meinen Kurs teilnimmt, möchte in der Regel einen Korb flechten. Das geht meistens schief, da es beim Korbflechten auf Genauigkeit ankommt und dieses zu Beginn des Flechtens mit dem natürlichen und nicht immer gleichen Material der Weidenruten nicht einfach ist. Ich rate dann immer, erst einmal mit einem einfachen Gegenstand, wie zum Beispiel einem Vogelhäuschen, anzufangen. Dabei ist es nicht so ausschlaggebend, dass jede Rute genau sitzt und das Ergebnis kann sich trotzdem sehen lassen“. Nicht nur um für ihre eigene Kreativität genug Material zu haben, sondern auch um ihren Workshopteilnehmern Ruten zur Verfügung stellen zu können, hat sie 2009 eine eigene Weidenplantage hinter ihrem Haus angelegt. Fast 300 Kopfweiden verschiedener Sorten wachsen dort. Erntezeit ist um Weihnachten herum. Dann heißt es, die Ruten knapp über den Boden abzuschneiden und bis April einzulagern, damit sie die optimale Konsistenz zur kreativen Weiterverarbeitung bekommen. Wichtig sei, dass die Ruten nicht austrocknen, da sie sonst beim Flechten brechen. Teilnahme an polnischem Festival Die Flechtkunst ist hierzulande nicht weitverbreitet. Anders sieht es in Süddeutschland und in Polen aus. Hier findet alle vier Jahre ein Internationales Flechtfestival im polnischen Nowy Tomysl statt. 2019 hatte Gensch die Gelegenheit daran teilzunehmen. &bdquo;Die Teilnahme kann man gewinnen. Dazu muss man eine Arbeit einreichen und wenn man Glück hat, wird man als eine von zehn Teilnehmern aus Deutschland ausgewählt. Insgesamt nehmen an dem Festival etwa 90 Flechter aus fast 70 Ländern teil“, erzählt Gensch. Beworben hatte sie sich dem Kunstwerk &bdquo;Muss man haben, wenn man mal muss“ – einem geflochtenen Toilettenpapierhalter. Nicht nur Weidenruten werden in ihren Kunstwerken verarbeitete. Immer wieder finden auch Teile von Baumrinden oder Strandgut den Weg in die Flechtobjekte. Auch ein großes Fabelwesen entstand im Atelier Auch an überdimensionale Objekte hat sich die Henglarnerin schon gewagt. &bdquo;Für die tanzende Figur hat mir ein befreundeter Metallbauer ein Gerüst gebaut. Darauf habe ich dann die Flechtung vorgenommen. Der Grüffolo wurde auch schon in meinem Garten geflochten. Verlagsmitarbeiterinnen hatten die Idee, zum Jubiläum des Fabelwesens einen geflochtenen Grüffolo aufzustellen. Das Ergebnis war toll, auch wenn die Herstellung nicht einfach war.“ Korbflechten rangiert zwar nicht unter den Top Ten der Hobbys, aber wenn man Claudia Gensch in ihrem Atelier erlebt und sieht mit welcher Freude und Kreativität sie sich dem Naturmaterial Holz annimmt, kann man verstehen, dass ihre Kurse gut besucht sind. "Flechten macht glücklich und man kommt zur Ruhe" &bdquo;Man kann seine Kreativität ausleben oder auch nur ausprobieren. Geflochten werden kann auf viele Art und Weisen, klassisch oder auch chaotisch, dass ist zunächst einmal egal. Ich erlebe es immer wieder, dass Menschen sehr angespannt und gehetzt in meine Kurse kommen. Das lässt aber nach, nachdem sie sich auf das Flechten eingelassen haben. Es macht glücklich und man kommt zur Ruhe“, erklärt Gensch. Öffnungszeiten ihres Ateliers und Infos zu den Kursen finden sich auf www.weiden-flechten.de.

Meistgelesen