Junger Familienvater startet mit Maskenproduktion durch

Lichtenau. Es klingt ein wenig wie im Film. Die Geschichte beginnt mit einer ambitionierten Geschäftsidee, die aus der Situation heraus entsteht. Was anfänglich nur Gedankenspiele sind, entwickelt sich Stück für Stück zum eigenen Unternehmen. Heute betreibt Matthias Bürger eine Maskenproduktion in Lichtenau mit vier Angestellten. Die Idee dazu kam ihm während der Corona-Pandemie. Anfang März, als das Virus bereits in Europa angekommen ist, wird Bürger zum zweiten Mal Vater. Er darf bei der Entbindung noch dabei sein, doch in anderen Krankenhäusern müssen Väter bereits vor den Kreißsälen warten. Manche dürfen gar nicht ins Krankenhaus. In den folgenden Tagen wird der Masken-Engpass in Deutschland immer deutlicher. Bürger fängt an, im Internet zu recherchieren. "Auf der Plattform Alibaba, dem Amazon aus China, habe ich eine Maskenproduktionsmaschine gefunden", sagt der 39-Jährige rückblickend. Laut Hersteller soll die Maschine 90 Masken pro Minute produzieren. Chemiker in Elternzeit Bürger taucht tiefer in die Materie ein. Er erkundigt sich über verschiedene Maskenstoffe, Verfügbarkeiten, Einkaufspreise und Forschungsergebnisse. Da der Diplom-Chemiker ohnehin in Elternzeit ist, reift in ihm die Idee, in die Maskenproduktion einzusteigen. Als Investor kann er Johannes Lackmann von der Firma Westfalenwind für sich gewinnen. "Wir haben uns am 1. April getroffen und ich habe ihm von meiner Idee erzählt", sagt Bürger. Keine fünf Minuten später hat er die Zusage. Lackmann stellt auch die Räumlichkeiten für das Vorhaben in Lichtenau. "So eine innovative und aussichtsreiche Idee mit gesellschaftlichem Bedarf unterstütze ich gerne", sagt der Investor. Mit Milos Vujnovic holt Bürger sich einen kaufmännischen Partner zur Seite. Die beiden Männer kennen sich aus einer Wohngemeinschaft aus Stuttgart, wo Bürger auch in den vergangenen Jahren noch mit seiner Familie gelebt hat. "Unsere Kompetenzen ergänzen sich perfekt: Matthias ist der Techniker von uns, ich übernehme den kaufmännischen Bereich", sagt Vujnovic. Lieferung per Luftfracht Ende Mai wird die Maschine endlich per Luftfracht geliefert. Der bestellte Maskenstoff ist ein besonders innovatives und leichtes Fabrikat aus Frankreich. Doch die Produktion kann nicht umgehend starten: "Die Maschine musste aufgestellt werden und entpuppte sich als eine wahre Herausforderung", erinnert sich Bürger. Mit der Hilfe seines Vaters bekommen sie sie nach eineinhalb Monaten ans Laufen. Sie stellen vier Mitarbeiter ein, um im Zwei-Schicht-Betrieb produzieren zu können. Ein nächster Meilenstein im Aufbau des Unternehmens ist die Kooperation mit einer anderen Firma aus der Umgebung, die ebenfalls Masken herstellt. Bürger und Vujnovic haben ein Radiointerview von ihnen gehört und nehmen Kontakt auf. In den kommenden Wochen zieht bei ihnen im Rahmen der Kooperation eine weitere Maskenproduktionsmaschine mit mehr Leistung ein. Bis zum Ende des Jahres vier Masken-Typen Der junge Familienvater ist nicht der einzige, der während der Corona-Pandemie in das Maskenproduktionsgeschäft eingestiegen ist. "Rund 300 Betriebe gibt es inzwischen deutschlandweit." Doch Bürger hat große Ambitionen. Er ist auf der Suche nach weiteren Investoren und träumt von einer dritten Maschine in seiner Halle. Die Nachfrage sei da: "Bisher lag der jährliche Maskenverbrauch in Deutschland bei rund einer Milliarde Masken", weiß er. Etwa 90 Prozent davon kamen aus China. "In diesem Jahr werden schätzungsweise zwölf Milliarden benötigt." Die Masken seiner Firma Westfalen Care zeichnen sich durch hohen Tragekomfort aus, da das französische Material eine bessere Atmung als Stoffmasken ermöglicht. Trotzdem können sie zwei bis drei Mal getragen werden. Außerdem hofft Bürger, durch die Lokalität seines Produkts punkten zu können, sowie durch die Tatsache, dass die Produktion zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien gestemmt wird und durch den dünnen Stoff am Ende weniger Müll anfällt. Bürger ist daher zuversichtlich: "Bis zum Ende des Jahres möchten wir vier verschiedene Masken-Typen auf dem Markt haben."

Meistgelesen