Hövelhofer Pater Ha-Jo Lohre startet nach Geiselhaft ein neues Abenteuer

Hövelhof. Ein Jahr liegt die Befreiung aus den Händen von Dschihadisten zurück, jetzt will Pater Ha-Jo Lohre erneut in die weite Welt aufbrechen und seiner Berufung folgen - einzig in sein geliebtes Afrika kann er nicht zurückkehren. Im &bdquo;NW“-Gespräch ist der Hövelhofer trotzdem voller Pläne, Tatendrang und Vorfreude. Den 67-Jährigen führt sein Weg als Gottesmann nun in die älteste Stadt Frankreichs: nach Marseille. Die Metropole am Mittelmeer ist Schmelztiegel der Kulturen, rund 20 Prozent der knapp 900.000 Einwohner sind Muslime. Lohres Antrieb: &bdquo;Dort kann ich weiter für den christlich-muslimischen Dialog arbeiten.“ Genau diesen Austausch zwischen den Weltreligionen hat er auch während seiner mehr als 30 Jahre im westafrikanischen Mali immer vorangetrieben. Doch das erfüllende Leben in Mali endete für Lohre am 20. November 2022. Islamistische Entführer überwältigten ihn in der Hauptstadt Bamako, als er zum Gottesdienst fahren wollte und verschleppten den Priester in die Wüste. Nach 371 Tagen kam er frei. Hövelhofer schreibt Ereignisse der Geiselhaft auf Auf ein Jahr Geiselhaft folgte ein Jahr Heimaturlaub. Sein Orden, die Afrikamissionare der Weißen Väter, nahmen ihm jeglichen Druck. Lohre erinnert sich: &bdquo;Sie haben mir gesagt, ich soll mir alle Zeit nehmen, die ich brauche.“ Und er nutzte sie hauptsächlich, um Danke zu sagen und Zeugnis abzulegen für seinen Glauben. &bdquo;Ich hatte schon während der Gefangenschaft meinen Frieden gefunden und die Geiselhaft als Sabbatjahr angenommen. Daher brauchte ich nach der Rückkehr auch keine Phase der Verarbeitung“, sagt er gelassen. Er habe zwar mittlerweile begonnen, die Ereignisse aufzuschreiben, aber eher um Erinnerungen zu bewahren, als um sich davon zu befreien. Lesen Sie auch: Hövelhofer Pater Lohre im Exklusiv-Interview: &bdquo;Die Entführer waren keine bösen Menschen“ Lohre hat die vergangenen zwölf Monate für Begegnungen genutzt. &bdquo;Es gab so viele Menschen, die für mich in der Gefangenschaft gebetet haben. Das hat mich sehr bewegt. So vielen wie möglich wollte ich danken. Meine Geiselhaft hat vielleicht nicht nur bei mir die Hinwendung zu Gott bestärkt, sondern auch bei anderen“, sagt der Hövelhofer. Zwei der bewegendsten Begegnungen fanden in Italien statt. Im Januar traf der Pater in Rom persönlich auf Papst Franziskus. Der Pontifex hatte zuvor auch einen Brief an den Hövelhofer geschrieben. Im März gab es in Italien dann ein anderes emotionales Treffen: Lohre besuchte ehemalige Mit-Geiseln, die kurz zuvor in Mali freigelassen worden waren. Neben zahlreichen Besuchen in Hövelhof und Umgebung (&bdquo;Ich bin überwältigt davon, wie viele Familien mich eingeladen haben.“) unternahm der Geistliche auch einige Reisen. Gezählt hat er allein 119 öffentliche Auftritte. Sie führten ihn zu Vorträgen und Interviews, aber vor allem zu Freunden in ganz Europa - und an Standorte seiner &bdquo;Weißen Väter“, denen er lebenslange Treue gelobt hat. Ziele waren neben Italien auch Spanien, Belgien, Frankreich - und Irland. Lohres neue Pfarrei liegt in muslimisch geprägtem Gebiet Auf die Grüne Insel zog es ihn für Exerzitien. Bei dieser intensiven geistlichen Besinnung sortierte Lohre die Optionen für seine Zukunft. Die Weißen Väter hatten ihm Dienstorte in Kanada, Sambia und eben in Marseille vorgeschlagen. Jetzt geht es also nach Südfrankreich - die Zugfahrt beginnt am 27. November um 8.06 Uhr in Hövelhof, um 20.56 Uhr rollt Lohre im Bahnhof Marseille-Saint-Charles ein. &bdquo;Ich freue mich auf die neue Aufgabe“, sagt er. Die Mitbrüder seiner neuen Gemeinde Saint Antoine hat er bereits bei einem Besuch im Juni kennengelernt - auch die schwierigen sozialen Verhältnisse im Norden der Großstadt. &bdquo;Dort wohnen in 10.000 Menschen in vier Hochhäusern mit 18 Stockwerken“, berichtet der Priester. Neben Gottesdiensten und regulärem Pfarrei-Betrieb stehe vor allem eine praxisnahe Lebensberatung im Zentrum der seelsorgerischen Arbeit. Einen wie Lohre, der sich mit dem Islam, dessen Lehren und Strömungen auskennt, können sie dort gut brauchen. Rund 80 Prozent der Menschen im Gebiet der Pfarrei seien muslimischen Glaubens. Probleme gibt es mit Kriminalität und Drogenmissbrauch. Ha-Jo Lohre kann das nicht schocken. Sein Credo: &bdquo;Wo sind die Bedürfnisse? Wo wird Kirche gebraucht? Dort müssen wir anpacken.“ Interessiert wird er künftig von Südfrankreich aus auch die Entwicklungen in seiner Heimatgemeinde und im Erzbistum Paderborn verfolgen: &bdquo;Der Synodale Weg enthält gute Vorschläge. Ich setze große Hoffnung in Erzbischof Udo Markus. Aber klar ist: Überall stehen wir vor der Herausforderung, wie man als Kirche vor Ort wirksam sein kann.“ Lohre wird zumindest für die nächsten drei Jahre in Marseille wirken. Seinen Abschiedsgottesdienst in Hövelhof feiert er in der Pfarrkirche St. Johannes Nepomuk am Samstag, 23. November, um 17 Uhr.

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