Opfer spricht in der JVA Hövelhof: Häftlinge lernen die Folgen von Gewalt kennen

Hövelhof. &bdquo;Wenn ihr wirklich cool sein wollt, müsst ihr erstmal wissen, was Coolness wirklich bedeutet“, sagt Christoph Rickels. Sprechen und Laufen fallen ihm schwer, immer wieder muss er versuchen, seine Beine aufgrund von Spastiken ruhig zu halten. Die Einschränkungen haben einen Grund: Im Alter von 20 Jahren war er in eine Schlägerei verwickelt. Die Folgen für den mittlerweile 37-Jährigen waren schwerwiegend. Rund 45 Häftlinge im Alter von 16 bis 25 Jahren sitzen Rickels im großen Saal der JVA Hövelhof gegenüber. Was bedeutet &bdquo;cool sein“ für sie? &bdquo;Was im Leben geschafft zu haben“, heißt es da oder: &bdquo;Gute Arbeit zu machen und eine gesunde Familie zu haben.“ Die Zahlen von Körperverletzungsdelikten sind nach wie vor hoch: Wie die Polizei Paderborn im Frühjahr mitteilte, haben Fälle einfacher Körperverletzung (2022: 1.547, 2023: 1.628) und Straftaten gegen die persönliche Freiheit (2022: 825, 2023: 914) zugenommen. Die Anzahl von gefährlicher und schwerer Körperverletzung (2022: 562, 2023: 563) blieb annähernd gleich. Lesen Sie auch: Bei diesen Delikten meldet die Polizei im Kreis Paderborn erneut mehr Straftaten Rickels Durchhaltevermögen zahlt sich aus Die Häftlinge im Saal sind still, hören aufmerksam zu, während der Gewaltpräventionsbotschafter aus dem friesischen Jever seine Geschichte erzählt. Alles fängt harmlos an: mit einem Clubbesuch mit Freunden zum Abschied im Jahr 2007. Eigentlich will Rickels nämlich seine Karriere bei den Feldjägern der Bundeswehr starten. Er lernt eine Frau kennen, lädt sie auf ein Getränk ein und begegnet dann jedoch ihrem Partner, der ihr vor der Clubtür aufgelauert hatte. Zwei Faustschläge und der damals 20-Jährige liegt mit dem Gesicht nach unten auf den Steinen. Die Verletzungen trägt er nicht durch die Schläge davon, sondern durch den Sturz. Er zeigt den Hövelhofer Häftlingen das Video der Überwachungskamera, im Raum herrscht Schweigen. Lesen Sie hierzu auch: Wieder mehr Todesopfer durch Gewalt im Kreis Paderborn Für Rickels beginnt mit diesem Tag nicht die Laufbahn bei der Bundeswehr, sondern der Kampf ums eigene Leben. Vier Monate liegt er im Koma, danach kämpft er sich zurück. &bdquo;Das habe ich zu meiner Lebensaufgabe gemacht“, sagt er. Er verliert Freunde, die den Kontakt abbrechen, doch er wird auch bekannt: Zeitungen und Fernsehsender berichten über ihn und sein Durchhaltevermögen. Gewalt kann nicht nur für die Opfer Folgen haben 17 Jahre später klagt Rickels immer noch, mittlerweile auch gegen seinen eigenen Anwalt. Gegen den Täter wiederum habe er inzwischen die Zwangsvollstreckung angeordnet, da dieser nicht bereit sei, ihm Schmerzensgeld zu zahlen. Doch es gibt auch Positives: &bdquo;Mittlerweile habe ich wieder Menschen, die ich Freunde nennen kann“, sagt er. Er zeigt den Häftlingen an seiner eigenen Geschichte, welche Folgen Gewalt haben kann. Das zeigt Wirkung. Am Ende seines Vortrags applaudieren die Zuhörerinnen und Zuhörer, einige der Häftlinge sprechen Rickels ihren Respekt aus. Lesen Sie hierzu auch: Quälereien unter Insassen in der Jugendstrafanstalt in Hövelhof &bdquo;Die Resonanz nach solchen Veranstaltungen ist bei den Häftlingen durchweg positiv“, sagt Pädagoge Joscha Mikus. &bdquo;Die Häftlinge erkennen sich darin wieder, sehen Auswirkungen und Konsequenzen.“ Auch in der JVA selbst ist Gewalt Thema. Im vergangenen Jahr sollen zwei Häftlinge des offenen Vollzugs einen 21-jährigen Mithäftling misshandelt und gequält haben. Der Fall wird aktuell vor dem Paderborner Landgericht verhandelt.

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