Prozess um gequälten Hövelhofer Häftling: Milde Strafe für Zuschauen und Mitmachen

Hövelhof. Es waren Wochen angefüllt mit Erniedrigungen und körperlicher Gewalt, die Nils T. (Namen geändert) im Februar 2023 erlebte - während seiner Zeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hövelhof. Denn der 22-Jährige geriet in den Fokus von Mitgefangenen, die ihn seelisch und körperlich traktierten, bis er sich einem Mitarbeiter der JVA anvertraute. Möglicherweise kann der Logistiker nach mehr als zwei Jahren mit den Vorfällen abschließen. Denn jetzt endete vor der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn nach drei Verhandlungstagen der Strafprozess gegen das letzte Mitglied des Trios, das für einen Großteil der Übergriffe verantwortlich war. Wie berichtet, hatten Murat P. und Said D. ihren Mitgefangenen Nils T. wochenlang nicht nur wie ihren persönlichen Bediensteten behandelt, sondern auch bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten psychisch und physisch unter Druck gesetzt. Zu ihnen war unter anderem Samuel N. gestoßen, bereits am Tag seiner Überstellung in die JVA Hövelhof war er dabei, als Murat P. und Said D. die nackten Fußsohlen von Nils T. mit einem Ledergürtel traktierten. Mit einem Schrubber am Körper traktiert &bdquo;Er hat sich falsch entschieden“, bilanziert zum Schluss Verteidiger Jann Henrik Popkes. Denn Samuel M. beließ es nicht nur beim Zuschauen. An einem Abend war er mit dabei, als Nils T. in die Dusche gelockt und dort mit einem Schrubber am gesamten, vollständig entkleideten Körper inklusive Geschlechtsteil traktiert wurde. Inwieweit da der junge Mann gleichfalls aktiv war, kann das Gericht trotz der detaillierten Beschreibung des 22 Jahre alten Opfers nicht zweifelsfrei klären. Mehr zu diesem Thema: Häftling wird in der JVA Hövelhof von Mitgefangenen gequält Aber &bdquo;wenigstens abgesichert“ habe dieser Angeklagte die Aktion seiner Mitgefangenen, sind die Richter nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich Samuel M. damit der Beihilfe zu einem sexuellen Übergriff und zur gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat. Allerdings habe Samuel M. den jungen Mann, dessen Haut durch die Misshandlung verletzt war, anschließend mit einem WC-Reiniger übergossen und sei deswegen für Körperverletzung zu verurteilen. Immer informiert bleiben: Hier gelangen Sie direkt zum Whatsapp-Kanal der NW Paderborn. Die Verfahren zu zwei weiteren Tatvorwürfen haben die Richter schon vorher eingestellt. Und noch ein weiterer Vorfall bleibt ungeahndet. Nils T. berichtete nämlich, dass er vor dem Angeklagten hatte niederknien müssen, während ihm dieser in seiner hingehaltenen Hand die Asche seiner Zigarette abstrich. Doch weil der junge Mann Schmerzen ausdrücklich nicht beschrieben habe, könne das Gericht nicht zu einer Verurteilung kommen - auch wenn die Tat, die mit dem Versuch, in den Mund des Nils T. zu spucken einherging, &bdquo;absolut demütigend“ gewesen sei, so die Vorsitzende Richterin Nicole Klein. Richter wenden Jugendstrafrecht an Obschon Samuel M. mittlerweile mit seinen 21 Jahren das Erwachsenenalter erreicht hat, wenden die Richter Jugendstrafrecht an. Zur Tatzeit im Februar 2023 hätten bei dem Angeklagten zweifelsfrei Reifeverzögerungen vorgelegen, folgen sie der Einschätzung der Jugendgerichtshilfe, die von einem gewaltbereiten Vater ebenso zu berichten weiß wie vom fehlenden Schulabschluss und der Tendenz zu aggressivem Verhalten. Lesen Sie auch: Gequälter Hövelhofer Häftling leidet monatelang unter starken Ängsten Weil der Mülheimer aber seit mehr als einem Jahr verlässlich seiner Arbeit im Garten- und Landschaftsbauch nachgeht und seit den Vorfällen im Gefängnis nicht mehr als Straftäter aufgefallen ist, setzt das Gericht den Strafausspruch zur Bewährung aus. Zwei Jahre lang darf sich Samuel M. nichts zuschulden kommen lassen. Er muss Nils T. ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.600 Euro zahlen, aber vor allem, wie von der Jugendgerichtshilfe vorgeschlagen, an einem &bdquo;systemischen Anti-Gewalt-Training“ teilnehmen. &bdquo;Das ist extrem wichtig“, sind sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung wichtig. Hält sich der junge Mann nicht an diese Vorgaben, wird das Gericht im Nachhinein zu einer Strafe finden, und die wird ihn dann wohl hinter die Gitter eines Gefängnisses führen.

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