So verändert das Virus das Gefängnis in Staumühle

Hövelhof. Es gehört zum Wesen eines Gefängnisses, dass Insassen in ihrer Freiheit beschränkt sind. Im offenen Vollzug der JVA Hövelhof gehört jedoch eine Mischung aus Haftraum und Freiraum zum Konzept - und das ist in der Coronazeit seit Mitte März über den Haufen geworfen. "Noch gehen die Gefangenen erstaunlich gelassen mit der Situation um", sagt Elke Jungeblodt, die Leiterin der Justizvollzugsanstalt im Hövelhofer Ortsteil Staumühle. Mit der "Situation" meint die JVA-Chefin, dass die Insassen aufgrund aktueller Bestimmungen gar keinen Ausgang erleben können und auf dem 52 Hektar großen Gelände am Sennerand festsitzen. Doch die Anstaltsmitarbeiter sind sich bewusst, dass die Stimmung kippen könnte, wenn die in normalen Zeiten möglichen Ausgänge untersagt bleiben. Derzeit sorgt die Corona-Lage auch dafür, dass praktisch keine neuen Häftlinge aufgenommen werden. Verurteilte Jugendliche, die in Staumühle ihre Zeit verbringen müssten, dürfen nach Vorgabe des Landes noch weiter auf freiem Fuß bleiben - "um das Risiko von Infektionen in Anstalten zu minimieren", wie Verwaltungsleiter Klaus Geismann erläutert. Bislang hat es in Staumühle weder bei den derzeitigen Insassen (2019 waren es im Schnitt 105) oder unter den 145 Mitarbeitern Infektions- oder Verdachtsfälle gegeben. "Aber wir sind vorbereitet", sagt Jungeblodt. Eine Abteilung mit insgesamt neun Zellen sei als Quarantänestation vorgesehen. Dort könnten Häftlinge isoliert und gleichzeitig vorschriftsmäßig betreut werden, sagt die Anstaltsleitung. Einen Quarantänefall musste die JVA aus Sicherheitsgründen bislang abwickeln. Ein Insasse hatte mit Sondergenehmigung an der Beisetzung eines Angehörigen teilnehmen dürfen. Weil bei seiner Rückkehr unklar war, mit welchen Menschen er Kontakt hatte, musste er 14 Tage isoliert verbringen. Tischtennis und Kraftsport statt Fußball Statt des Besuchsausgangs, den Häftlinge etwa zweimal monatlich für sechs Stunden in den Gemeinden rund um die JVA mit Angehörigen verbringen dürfen oder dem dreistündigen "Kulturausgang", den es wöchentlich für drei Stunden geben kann, stehen nun Eigenbeschäftigung oder kontaktlose Zeitvertreibe in Kleingruppen an. "Das Fußballspielen vermissen viele, dafür wurde lange nicht mehr soviel Tischtennis gespielt", beschreibt Geismann. Auch der sowieso beliebte Kraftsport finde noch mehr Anhänger. Wie auch im Leben "draußen" ist in der JVA jetzt die Videotelefonie auf dem Vormarsch. Weil Handys verboten sind, durften die Insassen, die zum Großteil Ausbildungsmaßnahmen absolvieren, vor Corona nur von Telefonzellen aus nach Hause telefonieren. Jetzt bietet das JVA-eigene Internetcafé zweimal wöchentlich für rund 15 Minuten die kostenlose Möglichkeit zum Videochat an. Von der überwiegend verständnisvollen Reaktion der Gefangenen auf die neue Lage war die Anstaltsleitung "überrascht", wie Jungeblodt und Geismann zugeben. "Unglaublich erfreut" sind beide darüber, wie die Belegschaft in der Krise zusammenhält. "Anders als in anderen JVAs, wo der Krankenstand 40 Prozent beträgt, ist er bei uns sogar auf acht Prozent gesunken", berichtet Jungeblodt. Die Angestellten sollen möglichst in diesem Jahr noch eine lange ersehnte Baumaßnahme erleben. Für rund 500.000 Euro soll ein so genannter "Ordnungszaun" um das Haftgelände herum gezogen werden, inklusive Schlagbaumanlage. Damit soll der JVA-Bereich sichtbar von den Wohnhäusern im Ortsteil Staumühle abgegrenzt werden. Ein anderer Zaun steht bereits. Er ist vier Meter hoch und begrenzt den Freistunden-Hof der gesicherten Abteilung. Nachdem die Sicherheit des Zauns bemängelt worden war, ist er zuletzt für 80.000 Euro ersetzt worden, wie Jungeblodt berichtet. Schon vor dem neuen Zaun war die Zahl der Entflohenen über Jahre in Staumühle gesunken. Nach 26 im Jahr 2017 und 18 im Jahr 2018 wurden 2019 nur noch neun gezählt.

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