OWL-Bauern wehren sich gegen Preiskriege im Supermarkt

Kreis Paderborn/Kreis Gütersloh. Sie hätten nur anderthalb Stunden für die Vorbereitung gebraucht, sagt Marcus Blome am Tag danach. Der Landwirt war einer der Organisatoren einer erneuten Blockade des Aldi-Lagers in Schloß Holte-Stukenbrock, nur einen Steinwurf von der Gemeindegrenze zu Hövelhof entfernt. Bauern im Kreis Paderborn sind offenbar mächtig sauer. Der Lipplinger Blome, seit Herbst Mitglied der Paderborner Kreisstelle der Landwirte bei der heimischen Landwirtschaftskammer, kämpft mit seinen Berufskollegen gegen den Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte und eine wachsende Zahl von behördlichen Vorgaben. Am gleichen Aldi-Lager hatten Traktoren schon Anfang November die Zufahrt blockiert, dann Anfang Dezember auch am Lidl-Lager in Paderborn. Bundesweit machen Landwirte mit solchen Aktionen ihrem Ärger Luft. Am Montagabend kamen die ersten Schlepper laut Blome gegen 19.30 Uhr an der Zufahrt an und ließen die Lastwagen nicht mehr rein und raus. Gespräche mit Aldi-Verantwortlichen vor Ort hätten nichts gebracht, sagt Blome im NW-Gespräch: &bdquo;Es wurde nur wieder mit Regressforderungen gedroht", berichtet er. Blockade bis kurz vor Mitternacht Die Polizei kam zeitig hinzu, sagt eine Behördensprecherin aus Gütersloh. Die Beamten bewerteten die Zusammenkunft jedoch als Eilversammlung und damit nicht als unangemeldete Demonstration. Es seien &bdquo;keine Verfahren eingeleitet worden, da kein strafbares Verhalten vorwerfbar gewesen sei". Rund 50 Landwirte, unter anderem aus Delbrück, Hövelhof, Bad Wünnenberg, Rietberg und Gütersloh seien mit etwa 30 Traktoren vor Ort gewesen, sagt Blome. Laut Polizei hatte sich die Versammlung um 23.45 Uhr aufgelöst. &bdquo;Wir wollen uns solidarisch zeigen mit Bauern aus Norddeutschland, die aktuell gegen eine geplante Butterpreissenkung von Aldi demonstrieren", sagt Blome. Seit Sonntag blockieren Landwirte mit Treckern ein Aldi-Lager im Landkreis Leer. In Medienberichten heißt es am Dienstag, der Discounter hätte sich auf die Bauern zubewegt. Blome sagt, Aldi hege Pläne, den Preis um 58 Cent pro Kilo Butter zu senken. Üblich sei, so heißt es von Bauern, zum Jahresende jedoch nur eine Senkung um 10 bis 20 Cent. Blome und viele seiner Berufskollegen sind schon lange maximal enttäuscht. Vor allem darüber, dass ihre Sorgen scheinbar nicht gehört werden: &bdquo;Die Politik setzt immer noch die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft und sie tut zu wenig für uns Landwirte." So müssten Schweinebauern derzeit mit einem Kilopreis von nur noch rund 1,20 Euro leben, während es vor einem Jahr noch bei rund zwei Euro gewesen sei. &bdquo;So macht fast jeder Bauer in Deutschland 20 bis 30 Euro Verlust pro Tier." Bei Rinderbetrieben lägen die Preise etwa 30 Prozent unter dem nötigen Deckungsbetrag und für den Liter Milch würde derzeit 30 Cent gezahlt, während aber erst 45 Cent auskömmlich seien, um in Betriebe investieren und Familien Lohn zahlen zu können, rechnet Blome vor. Kritik an Klöckner Landwirte kritisieren immer neue Auflagen für Betriebe, die Kosten in die Höhe treiben. Protestaktionen wie in Paderborn oder Schloß Holte des Netzwerks von Bauern, die sich selbst &bdquo;die Basis" nennen, sollen als verzweifelte Hilferufe wahrgenommen werden. Blome: &bdquo;Die Politik muss sich entscheiden, ob sie noch regionale Lebensmittelerzeugung will." Sauer sind die Bauern darüber, dass Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zwischen den Feiertagen bunte Bilder aus ihrer Freizeit bei Instagram postet, eine Reaktion zu den Protesten aber ausbleibe. Für den Lipplinger ist daher klar, wo sich die Landwirte als nächstes Gehör verschaffen werden: &bdquo;Im Januar geht es nach Berlin und das wird kein Sightseeing-Trip." Bis dahin hoffen die Bauern, dass zumindest der Lebensmittel-Einzelhandel reagiert. Zuletzt hatte Lidl nach den konzertierten Protestaktionen bekannt gegeben, dass der Konzern 50 Millionen Euro für Bauern bereitstellen will, die von den finanziellen Folgen der Pandemie und der Afrikanischen Schweinepest betroffen sind. Blome begrüßt den Schritt, nennt ihn aber &bdquo;einen Tropfen auf den heißen Stein", andere sagen &bdquo;Almosen". Befürchtungen eines weiteren Preiskriegs Aldi habe sich zuletzt überhaupt nicht bewegt, erklärt der Landwirt, weshalb der älteste deutsche Discounter nun erneut in den Fokus der Landwirte gerückt ist. Für immer neue Preisrunden, die Bauern in den Ruin trieben, hätten die meisten Menschen auf den Höfen kein Verständnis mehr. Und das vor allem aufgrund der sehr guten Geschäfte, die die Supermärkte im Coronajahr gemacht hätten, als sie niemals von Lockdowns betroffen waren. Die anstehende Rückkehr zu den regulären Mehrwertsteuersätzen ab Januar und ein damit verbundener neuer Preiskrieg der Discounter lässt manche Lieferanten aus der Landwirtschaft schon jetzt noch schlechter schlafen.

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