Besondere Ausbildung am Paderborner Airport: Das macht ein Flugdienstberater

Büren-Ahden. Wenn ein Flugzeug in den Herbstferien am Airport Paderborn/Lippstadt zum Start rollt, ist im Hintergrund schon eine Menge passiert. Die Besatzung hat sich abgesprochen, der Tower die Sicherheit des Luftraums geklärt, das Gepäck ist eingeladen - und Flugdienstberater haben im Vorfeld längst die komplette Planung des Fluges übernommen. Flugdienstberater? Kennt fast niemand. Frauen und Männer, die im Hintergrund arbeiten - nicht im Flugzeug, nicht im Terminal, noch nicht einmal am Airport, von dem der Flieger abhebt. Das Besondere: Ausgebildet werden sie unter anderem am Flughafen Paderborn/Lippstadt, in der Flugschule Michael Gross (FMG). Der Chef pflegt eine enge Kooperation mit dem Reisekonzern Tui in Hannover. Dorthin sind auch schon so manche Absolventen gewechselt. Tuifly betreibt ein sogenanntes Group Operation Centre (GOC), von wo aus Flugdienstberater für mehrere Airlines die Fäden in der Hand halten. Besonderheiten im Beruf des Flugdienstberaters Diese Ausbildung ist aber nicht wie bei anderen Jobs. Die Luftfahrt umweht immer ein Hauch von Abenteuer, so auch in diesem Fall. Es geht darum, für Passagiere und Crews einen möglichst störungsfreien Flug zu ermöglichen - aber auch in Notfällen Lösungen zu finden, sagt Flugschulen-Chef Gross. Als vor zehn Jahren mal ein Schüler nicht mehr Pilot werden wollte, entdeckte die FMG den Flugdienstberater, auch Dispatcher genannt, als Ausbildungsberuf für sich - und ließ sich zertifizieren. Diese Aufgaben hat ein Flugdienstberater Einer der ersten und wichtigsten Schritte in der Vorbereitung eines Fluges ist die Analyse von Wetterbedingungen an Abflugsort, Zielort und entlang der Route. Gefahren wie Gewitter, Turbulenzen und Vereisung werden identifiziert. Mit diesen Daten werden Routen entlang von Flugkorridoren geplant. Im Auge bleiben Treibstoffeffizienz und Überfluggenehmigungen. Die Treibstoffmenge muss anhand des Gewichts berechnet werden. Flugdienstberater melden den Flug bei der Flugsicherung an. Für Piloten werden Unterlagen zusammengestellt. Darin enthalten sind Route, Ausweichstrecken, Notfallverfahren und Treibstoffanforderungen. Auch für unvorhergesehene Ereignisse während des Fluges ist der Flugdienstberater da. Jeder Dispatcher betreut laut FMG im Schichtdienst des GOC von Tuifly etwa 80 bis 150 Flüge pro Tag. Die Ausbildung in Paderborn und Hannover Sechs Monate dauert der Theorieteil der Ausbildung in der Flugschule. Mit ihrem Angebot sticht die FMG in Deutschland hervor. Azubis büffeln die Theorie gemeinsam mit angehenden Verkehrspiloten in den Klassenräumen. Gemeinsam lauschen sie den Dozenten im Kursus zur Pilotenlizenz ATPL. Die Flugdienstberater nehmen danach jedoch keine Flugstunden, sondern wechseln nach sechs Monaten nach Hannover ins GOC der Tui. &bdquo;Dort können im originalgetreuen Umfeld alle Vorgänge und Katastrophen simuliert werden“, sagt Gross über den praktischen Ausbildungsteil. Der langjährige Frachtpilot weiß, wie wertvoll die Hilfe der Flugdienstberater ist. &bdquo;Wir saßen mal in Khartum im Sudan im Cockpit und hatten ein Problem mit der Klimaanlage. Selbst wollten wir als Crew den Flieger nicht verlassen, das hat dann der Flugdienstberater von Deutschland aus mit dem Airport geregelt. Die Dispatcher sind Problemlöser für Piloten“, sagt Gross. Und sie haben gewaltige Entscheidungskompetenzen. Gross: &bdquo;Wenn bei einem Flugzeug etwa ein Defekt vorliegt und es zu einer Zwischenlandung kommt, kann der Dispatcher entscheiden, dass ein Ersatzflugzeug her muss. Da kommen schnell sechsstellige Summen zusammen.“ Die Voraussetzungen für Flugdienstberater Michael Gross sagt, dass Job-Kandidatinnen und -Kandidaten gut organisiert und vorausschauend handeln sollten. Kenntnisse in Mathematik und Physik werden per Zeugnissen nachgewiesen, Englisch per Sprachlevel-Test. Eine Hürde auf den ersten Blick können die Ausbildungskosten von 20.000 Euro sein, die alle Kandidaten zahlen müssen. Doch eine Förderung durch die Agentur für Arbeit sei durchaus möglich, sagt Gross. Die Agentur in Paderborn sei bereits im Bilde. Der nächste Kursus startet Mitte April, im September hätten zuletzt zwei Frauen mit der Ausbildung begonnen. Das Alter spielt keine große Rolle. Gross sagt: &bdquo;Es interessieren sich junge Bewerber nach dem Schulabschluss, aber auch Menschen jenseits von 30 oder 50 Jahren, die sich verändern wollen. Die Chance auf eine Anstellung nach der Lernphase? &bdquo;Sie werden uns aus den Händen gerissen“, sagt der Chef. Aktuell sucht Tuifly zwei Dispatcher, im kommenden Jahr bis zu fünf. Die Lufthansa sucht zweistellig, heißt es aus der Branche. Zuletzt hätten Airlines auf Dispatcher aus Afrika und der Türkei zurückgegriffen. Demnächst kommen sie möglicherweise wieder vermehrt aus der Paderborner Ausbildung.

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