3-D-Modelle: Wewelsburg bei Büren gibt Geheimnisse preis

Büren-Wewelsburg. Die altehrwürdige Wewelsburg hat schon viel erlebt. Schon im Jahre 1123 wurde über dem Almetal eine Burganlage erbaut, später wurde sie von Bauern zerstört. Ab 1300 war dort eine mittelalterliche Landesburg im Besitz der Grafen von Waldeck und der Fürstbischöfe von Paderborn. Ab 1603 wurde dann die Dreiecksburg errichtet, die in den 1930er Jahren von der SS umgestaltet und zum Ende des Krieges fast zerstört wurde. Sie wurde wiederaufgebaut mitsamt der Jugendherberge und des Heimatmuseums. Eine bewegte Historie. Aber wie die Wewelsburg in den einzelnen historischen Abschnitten mal ausgesehen hat, das kann bald jeder sehen - sogar haarscharf in der digitalen Wewelsburg. 2021 startete das 582.000 Euro teure Großprojekt, nun steht es kurz vor der Präsentation. Das Renaissance-Schloss wurde komplett digital vermessen – von innen und von außen und von oben. Tagelang schwirrten Fotodrohnen um die Burg und auch 360-Grad-Panoramakameras und 3D-Laserscanner kamen zum Einsatz. Das Ergebnis? &bdquo;Man sieht jetzt extreme Details, die man im Original überhaupt nicht erkennen kann“, ist Museumsleiterin Kirsten John-Stucke total begeistert. Das sind unter anderem kleine Fehler in den Mauern, Jahreszahlen in der Ansicht des Westflügels und auch der geheimnisvolle Raum hinter dem Tresor der SS, das so genannte Norbertsloch. &bdquo;Sie sind mit den Kameras bis in den letzten Winkel gekrochen und haben auch kleine Zwischengänge dokumentiert“, so John-Stucke. Das Bernstein-Zimmer sei aber nicht gefunden worden, fügt sie schmunzelnd an. Versteckte Hinweise in den Amtsrechnungen der Bischöfe Es wurde nicht nur die aktuelle Burganlage mit Umgebung und Räumlichkeiten digital bis ins kleinste Detail erfasst. Noch viel interessanter war die Einarbeitung alter Fotos, Bilder oder Aufzeichnungen. &bdquo;Es gab da auch für uns einige Überraschungen. Zum Beispiel sieht man auf einem Modell, dass der Eingang über die Brücke mal um ein paar Meter nach rechts versetzt war. Zudem haben wir viele Erkenntnisse über die Fassade erhalten - viel aus der alten Ringmauer ist dort noch erhalten“, sagt auch Projektkoordinatorin Mareike Antepoth, die für die umfangreiche Recherche verantwortlich ist. Sie durchkämmt dafür das digitale Fotoarchiv des Kreismuseums, sichtet alte Skizzen und auch in den Amtsrechnungen der Paderborner Bischöfe sind versteckte Hinweise zu entdecken, wie die Wewelsburg sich mal innen und außen verändert hat. &bdquo;Ab 1806 gibt es auch die ersten Baupläne für innen“, erklärt Antepoth. Aus ihren Ideen und Recherchen bastelt die Rietberger Firma F7-Digital, die sich auf digitale Vermessung und Visualisierung spezialisiert hat, dann die 3-D-Modelle. Und in Leipzig sorgt deren Technical-Manager Tilo Pomplitz für den Feinschliff. Er war erst vor kurzem erstmals in der Burg und sei erstaunt gewesen, dass alles in seinem 3-D-Modell so perfekt aufs Original passte, so John-Stucke. So sah Wewelsburg im 15. Jahrhundert aus Vier verschiedene Epochen kann das Kreismuseum bald als 3-D-Modelle präsentieren. Schon fertig ist das Mittelalter. Damals war es noch keine Dreiecksburg und das Renaissanceschloss gab es noch nicht, auch die so genannten Burgmannenhäuser rund um die Burg sind dort zu erkennen. Diese Details sind aus den archäologischen Resten, die in den 80er Jahren gefunden wurden, rekonstruiert worden. Auch sieht man die mittelalterlichen Gräben um die Anlage, die auch später Straßen im Dorf waren. &bdquo;Wir haben sehr darauf geachtet, dass alles wissenschaftlich belegt ist, wir haben nicht wild fantasiert. Wir möchten zeigen, wie es im 15. Jahrhundert nach unserem Wissen und Recherchen ausgesehen hat“, betont die Museumsleiterin. Daher wurde auch darauf verzichtet, Menschen oder Tiere in die Modelle einzubauen. &bdquo;Eben, weil wir darüber keine gesicherten Fakten haben“, so John-Stucke, die stolz ist, dass das Kreismuseum Vorreiter bei mittelalterlichen 3-D-Modellen ist. Auch das 17. Jahrhundert ist bereits digital zum Leben erweckt worden. Mareike Antepoth hat ihre Recherche abgeschlossen und aktuell wird das digitale Modell in Leipzig erstellt. &bdquo;Auch da steckte viel Arbeit drin, aber es hat trotzdem viel Spaß gemacht“, sagt Antepoth, die schon seit Jahren als pädagogische Mitarbeiterin Führungen im Museum macht und in Bochum Geschichte und Kunstgeschichte studiert. Für dieses besondere Projekt wurde sie nun angestellt und ist laut Kirsten John-Stucke &bdquo;die Idealbesetzung“. Nazis haben die Burg massiv verändert Die Vorbereitungen für die dritte Epoche, die sich mit der Wewelsburg im 19. Jahrhundert beschäftigt, seien auch bereits abgeschlossen. Durch die Säkularisierung war die Burg in preußischen Staatsbesitz übergegangen. Die wohl wichtigste Epoche, wird die vierte sein. Denn ab 1925 habe sich die Burganlage massiv verändert - die Jugendherberge und das Kreismuseum entstanden und ab 1934 hatten die Nazis die Burg für sich und ihre Zwecke entdeckt. &bdquo;Sie haben das halb verfallene Schloss im mittelalterlichen Stil wieder aufgebaut, die Brücke verändert und unter anderem auch den Nordturm“, erklärt die Museumsleiterin. Während die anderen Epochen von den Besuchern des Kreismuseums bald auf Monitoren frei zu sehen sein werden, werden die kruden Visionen der Nazis nur historisch dokumentiert bei öffentlichen Führungen zu sehen sein. Die 3-D-Modelle seien auch perfekt für barrierefreie Rundgänge, denn nicht alles sei für jeden in der Burg erreichbar, wie zum Beispiel die Gruft oder der Hexenkeller. Auch werden 22 ausgewählte, aber total unterschiedliche Exponate als 3-D-Modell rundum zu sehen sein. Ein Höhepunkt sei das interaktive Spiel mit Falko, dem Turmfalken. Mit Virtual-Reality-Brillen verfolgen die Besucher Falko bei seinem etwa 15-minütigen Rundflug durch die Burg - natürlich alles in 3D. Großprojekt wird zu 80 Prozent gefördert Die digitale Vermessung der Wewelsburg habe aber nicht nur Riesenvorteile für das Museum und die Darstellung der Exponate gebracht. Das so genannte BIM (Building Information Modeling) sei auch überaus wichtig für das Gebäudemanagement. &bdquo;Stehen Renovierungen an, sind Flächen viel leichter zu berechnen, die Feuerwehr sieht sofort, wo Brandmelder sind, wo die Fluchtwege und Nottüren sind. Und alles ist digital hinterlegt, niemand muss mehr Unterlagen wälzen“, beschreibt Kirsten John-Stucke nur einige der vielen Vorteile. Das Projekt wurde zu 80 Prozent aus dem Heimatförderprogramm NRW bezahlt, den Rest der insgesamt 582.000 Euro übernimmt der Kreis Paderborn.

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