Borchener restaurieren für Pariser Kathedrale Notre-Dame

Borchen. Als die Bilder der brennenden Pariser Kathedrale Notre-Dame am Abend des 15. April 2019 um die Welt gingen, mussten auch Stephan Lübbers und Stefan Lücking schlucken. Dass die beiden Geschäftsführer der &bdquo;Die Glasmaler GmbH“ rund dreieinhalb Jahre später einen Teil der international beachteten Restaurierungsarbeiten an dem französischen UNESCO-Weltkulturerbe übernehmen würden, ahnten sie damals noch nicht. Und doch haben mittlerweile zwei Fenster aus der zwischen 1136 und 1345 errichteten Kirche ihren Weg nach Borchen gefunden. &bdquo;Wir haben den Brand gesehen, aber nie daran gedacht, dass wir ins Boot geholt werden würden“, steht Lübbers heute in der Halle der Glasmalerei, an Borchens Robert-Bosch-Straße. Der 53-Jährige schaut auf zahlreiche Glaselemente, die auf Tischen verteilt liegen. 158 sind es insgesamt, 79 pro Fenster. Zusammengesetzt ergeben sie eine Fläche von rund neun Metern Höhe und etwa drei Metern Breite. Zwischen allen Elementen liegen Konstruktionszeichnungen und Unterlagen in französischer Sprache. Dass es zur deutsch-französischen Zusammenarbeit kam, lag am Engagement des damaligen NRW-Ministerpräsidenten und deutsch-französischen Kulturbevollmächtigten Armin Laschet. Er rief gemeinsam mit der deutschen UNESCO-Kommission die Aktion &bdquo;NRW für Notre-Dame“ ins Leben. Werke von Jacques Le Chevallier Die für die Restaurierung zuständige französische Wiederaufbaubehörde beauftragte unter anderem die Kölner Dombauhütte und diese schließlich die Glasmaler aus Borchen mit der Arbeit an einigen Fenstern. &bdquo;Wir kennen die Verantwortlichen der Kölner Dombauhütte seit vielen Jahren und haben anhand historischer Aufzeichnungen zusammen schon Fenster für den Dom erschaffen. Wir freuen uns, dass wir die Kölner Kollegen nun wieder tatkräftig unterstützen dürfen“, sagt Lücking, ebenfalls 53 Jahre alt. Er und Lübbers können mittlerweile auf eine 35-jährige Berufserfahrung zurückblicken. 2001 machten sie sich mit ihrer Meisterwerkstatt selbstständig, nachdem sie vorab gemeinsam in einem heimischen Unternehmen für Glasmalerei gelernt und gearbeitet hatten. Drei Mitarbeiter sind derzeit bei ihnen beschäftigt. Eine ist Werkstattleiterin Ann Kathrin Striewe, die sich über eines der Fensterelemente beugt und es mit einem in Ethanol-Wasser getränkten Wattepad Stück für Stück reinigt. Die Fenster von Notre-Dame stammen aus dem Jahr 1965 und sind Kunstwerke des 1987 gestorbenen französischen Glasmalers, Grafikers und Kupferstechers Jacques Le Chevallier. Sie bestehen überwiegend aus abstrakten Formen. Die Farben blau und rot dominieren. Großen Schaden haben die Glaselemente durch das Feuer und den Einsturz von Dachteilen nicht genommen. Allerdings sind sie durch Bleistaub verschmutzt, denn die Flammen hatten das Bleidach der Kathedrale geschmolzen. Handarbeit ist gefragt &bdquo;Neben der Reinigung prüfen wir, ob die Gläser kleine Sprünge oder Risse haben. Wir verkleben sie und schauen uns auch die Beschädigungen der Bleinetze an den einzelnen Glaselementen an. Gebrochene Bleie werden fachgerecht verlötet, einzelne Felder komplett neu verbleit, und abschließend zum Schutz vor Wind und Regen mit Leinölkitt verkittet“, erklärt Lübbers das Verfahren. Alles geschieht in traditioneller Handarbeit. Das Glasmalereihandwerk gibt es schon seit Jahrhunderten. Trotzdem ist jeder Auftrag eine neue Herausforderung, was besonders an den unterschiedlichen Begebenheiten vor Ort in den Kirchen und an den unterschiedlichsten Gestaltungen der Fenster liegt. Eine weitere Herausforderung ist die etwas andere Herangehensweise der Franzosen bei der Restaurierung, denn sämtliche Arbeitsschritte erfolgen nach französischem Leistungsverzeichnis. &bdquo;Wir mussten uns anpassen, aber man lernt nie aus. Zusätzlich wollen die Franzosen eine sehr detaillierte wöchentliche Dokumentation, um die Fortschritte im Blick zu behalten. Aber auch das ist kein Problem“, meint Lücking. Neben Aufträgen aus Deutschland waren die Glasmaler in der Vergangenheit auch schon in Istanbul und in Jordanien tätig. &bdquo;Wir restaurieren, setzen instand oder stellen neue Gläser her. Je nachdem, was gefordert ist. Überwiegend arbeiten wir in Kirchen, aber auch in älteren Verwaltungsgebäuden mit traditionellen Fenstern. Es gibt in Deutschland nicht mehr viele Unternehmen, die Glasmalerei in echter Handwerksarbeit mit der entsprechenden Qualität anbieten“, betont Lücking, der es ebenso wie Lübbers genießt, noch selbst auf den Baustellen anzupacken. &bdquo;Kirchen sehen außen manchmal unscheinbar aus, präsentieren sich innen dann aber oft als kleine Schätze. Das sind immer wieder schöne Momente. Einer von uns ist immer mit vor Ort. Das macht die Absprachen mit den Kunden deutlich leichter.“ Ende Januar geht es nach Paris In einem weiteren Raum liegt ein Stahlkonstrukt, in das später wieder eines der Notre-Dame-Fenster eingesetzt wird. Um dieses Gerüst aufzubereiten und vom Dreck des Brandes und der Jahre zu befreien, arbeiten die Glasmaler mit dem Paderborner Unternehmen Kunstschmiede und Metallbau Danne sowie mit den Spezialisten für Oberflächentechnik D&S aus Paderborn zusammen. Ende Januar reisen Lücking und Lübbers gemeinsam mit Matthias Danne und zwei Kollegen der Kölner Dombauhütte nach Paris, um die Konstruktionen dort innerhalb von zwei Wochen wieder an ihrem Platz in der Kathedrale einzusetzen. Der Einbau der restaurierten Verglasungen Anfang April nächsten Jahres soll rund vier bis fünf Wochen dauern. &bdquo;Auf der Baustelle gibt es einen großen Sicherheitsapparat. Nicht jeder hat Zutritt. Dass wir nun ein Teil in dem Riesenprojekt sind und dabei helfen können, dieses Weltkulturerbedenkmal wieder im neuen Glanz erstrahlen zu lassen, macht uns unheimlich stolz“, freut sich Lübbers. Wieder zu besichtigen sein soll die Kathedrale rund um die Olympischen Spiele, die 2024 in Frankreich ausgetragen werden. So hat es Präsident Emmanuel Macron verkündet. An der Glasmalerei aus Borchen wird der Zeitplan nicht scheitern.

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