Arbeit für Menschen mit Behinderung

Josefs-Brauerei aus Bad Lippspringe: Ein Start-up mit Tradition stellt sich vor

Die Josefs-Brauerei aus Bad Lippspringe präsentiert sich bei der Messe der Inklusionsunternehmen in Dortmund. Dabei spielt auch die Geschichte der Neueröffnung eine große Rolle.

Die Brauerei-Truppe rund um Gesellschafter Guido Hentze (r.) posiert mit der neuen Dosenproduktion. | © LWL/Paul Metzdorf

08.03.2023 | 09.03.2023, 08:05

Dortmund/Bad Lippspringe. Die LWL-Messe der Inklusionsunternehmen bringt Unternehmen, Menschen mit und ohne Behinderung, Entscheider sowie Interessierte zusammen. Am Mittwoch, 15. März, findet sie bereits zum fünften Mal statt. In diesem Jahr erstmals in der Messe Dortmund, mit mehr Platz für die rund 130 Ausstellenden und unter dem Motto „Inklusion entfaltet“. Auch die Josefs-Brauerei aus Bad Lippspringe ist mit dabei.

Eine gesunde Mischung aus Zufall und Herzblut rettete die Josefs-Brauerei vor der Schließung. „Eigentlich gibt es uns schon seit 22 Jahren, aber im Endeffekt sind wir wie ein Start-up“, erklärt Victoria Schulte-Broer, die Inklusionsbeauftragte des Unternehmens.

Die Dynamik zieht sich durch die ganze Brauerei, in der sieben der 13 Beschäftigten mit einer Schwerbehinderung arbeiten. Guido Hentze, einer der sechs Gesellschafter des Unternehmens, erklärt, dass alles noch ein Lernprozess sei: „Wir sind einfach ins kalte Wasser gesprungen und sagten Yeah, jetzt fangen wir an zu schwimmen.“

Newsletter
Wirtschaft
Wöchentlich die neuesten Wirtschaftsthemen und Entwicklungen aus OWL.

Gesellschaft springen in die Bresche

Der Start sei aber geglückt, so Schulte-Broer. Das liege an den motivierten Kollegen, die sich an einem Arbeitsplatz engagieren „an dem sie mit Respekt und gleichbehandelt werden.“ Und an den neuen Gesellschaftern, die auch mal mit in die Bresche springen, wenn es brennt.

Die Brauerei war bei ihrer Eröffnung 2000 in Olsberg die einzige Inklusionsbrauerei Europas. Nachdem das Unternehmen im Frühjahr 2020 coronabedingt schließen musste und finanzielle Schwierigkeiten anmeldete, stand die Zukunft des Betriebs auf der Kippe. Ralf Eckel, einer der sechs Gesellschafter und selbst Vater eines behinderten Sohnes, hörte durch Zufall von der möglichen Schließung – und sah Handlungsbedarf. „Ralf kam zu uns und sagte ’Komm, wir machen mal eine Brauereibesichtigung’“, erinnert sich Hentze.

Auf der Hinfahrt eröffnete Eckel der Gruppe das eigentliche Anliegen: Diese inklusiven Arbeitsplätze dürfen nicht wegfallen – und man selbst könne dafür was tun. Schon am nächsten Morgen waren alle sechs bei dem Projekt an Bord. Um das Unternehmen wirtschaftlich neu aufzustellen, bot sich in Bad Lippspringe der perfekte Platz für neue und vor allem größere Anlagen.

Einer der alten Belegschaft kam mit

Auch mit von der Partie war die alte Belegschaft. Ein Großteil der Mitarbeitenden in Olsberg, die teilweise Jahre in dem Betrieb gearbeitet hatten und schon andere Zukunftspläne schmiedeten, kamen noch einmal zurück, um den Betrieb am Laufen zu halten. Allen wurde ein Übernahmeangebot gemacht. Zwar kam schließlich nur einer mit nach Bad Lippspringe, für alle Mitarbeiter wurde aber eine Anschlussbeschäftigung gefunden.

Dirk Witt hat den Umzug mitgemacht. Seit 2014 ist der 41-Jährige mit einer Lernbehinderung bereits im Unternehmen tätig. Die Arbeit macht ihm Spaß: „Sonst wäre ich ja schließlich nicht mit umgezogen.“ Witt werden in der Brauerei auch die schwierigeren Handgriffe in der Mühle oder Spezialaufgaben anvertraut. Die Arbeit bedeutet für Witt vor allem Selbstständigkeit: „Ich wollte unabhängig sein, das habe ich geschafft“, sagt er.

Andere wie Jörg Poppe kamen neu dazu. Ein schwerer Autounfall machte dem Senior des Betriebs die gelernte Arbeit als Fleischer unmöglich. Als er von der Ausschreibung in der umgezogenen Brauerei hörte, bewarb sich der Mittfünfziger bei Schulte-Broer mit der Aussage „Ich will das unbedingt.“ Er ist gut angekommen, die Arbeit macht Spaß und auf das Produkt ist er stolz.

13 Mitarbeiter in der Josefs-Brauerei

Mittlerweile arbeiten 13 Menschen in der Brauerei, sieben davon mit Behinderung. Die Angestellten arbeiten in der Produktion, der Lagerhaltung und der Reinigung. Bisher ist die Belegschaft noch ausschließlich männlich, aber Schulte-Broer hofft, dass auch bald ein paar Frauen hinzustoßen werden. Auch inklusiv ausbilden will sie in Zukunft, aber dafür muss zunächst alles laufen und ordentlich gewirtschaftet werden.

Das Motto des Unternehmens „Gutes trinken, gutes tun“ ziert nicht nur die Rückseite der Flaschen, sondern spiegelt sich auch in der Unternehmensphilosophie wider. „Viele Menschen haben Glück gehabt, andere nicht“, sagt Hentze. Für ihn gehe es darum, über Inklusionsunternehmen wie die Brauerei wichtige Anlaufstellen und Chancen für Menschen mit Behinderung aufzubauen. Das müsse zwar über den Preis honoriert werden, aber die Kunden wissen am Ende für welchen guten Zweck.