Bad Lippspringe

Bad Lippspringer Seniorenbeirat stellt Notfalldose in Frage

In Bad Lippspringe gibt es eine kostenlose Notfallkarte schon seit Jahren. Ein Bremer Unternehmen möchte mit einer ähnlichen Leistung Geld verdienen - auch im Kreis Paderborn

So geht es: Jürgen Half, Vorsitzender des Seniorenbeirats in Bad Lippspringe, hat an seiner Tür eine im Bedarfsfall lebensrettende Notfallkarte angebracht. Diese ist natürlich kostenlos. | © Mark Heinemann

28.09.2018 | 28.09.2018, 16:49
Umstritten: Die Notfalldose der Bremer Firma. - © W. Rudolf
Umstritten: Die Notfalldose der Bremer Firma. | © W. Rudolf

Bad Lippspringe. Dass mit dem Thema Gesundheit viel Geld zu machen ist, haben viele Unternehmen erkannt. Wenn aber für eine an sich kostenlose Leistung bezahlt werden soll, dann hat zumindest der Seniorenbeirat der Stadt Bad Lippspringe dafür kein Verständnis. Er kritisiert das Projekt der "Notfalldose", die von einem Bremer Unternehmen deutschlandweit vertrieben wird.

Auch in Paderborn, Delbrück, Büren, Bad Wünnenberg und Salzkotten wird sie verkauft, obwohl es laut Jürgen Half, Vorsitzender des Bad Lippspringer Seniorenbeirats, auch kostenlos ginge.

In der Badestadt existiert die so genannte Notfallkarte. "Sie war immer kostenlos. Jetzt kommt ein Unternehmen, verlangt Geld für die gleiche Leistung und macht groß auch im Fernsehen Werbung dafür. Manche Kommune springt aus Unwissenheit darauf an, weil die Idee gut klingt. Am Ende geht das zu Lasten der Betroffenen", schüttelt Half den Kopf.

Die Notfallkarte ist kostenlos

Die Notfallkarte gibt es in der Badestadt seit acht Jahren. Auf ihr können Senioren, aber auch jüngere Menschen, die zum Beispiel auf Tabletten oder Hilfe angewiesen sind, ihre Adresse, Erkrankungen, Allergien, Blutgruppe, Dokumente und weitere Angaben notieren.

"Wenn einer Person im Haushalt etwas passiert, dann herrscht oft Panik oder die betroffenen Personen selbst können zumeist nicht gut auf die Fragen der Rettungssanitäter antworten", sagt Half. Dadurch könne es zu Fehlern bei der Erstbehandlung kommen.

"Gibt es eine Notfallkarte an der Tür, dann wird die Erstversorgung gleich in die richtigen Bahnen gelenkt", erklärt Half. Neben der Notfallkarte für die Wohnungs- oder Kühlschranktür gibt es auch eine Karte für das Portemonnaie.

Rund 8.000 Karten sind in Bad Lippspringe seit 2010 kostenlos verteilt worden. An die Bürger werden sie über die Apotheken und Ärzte sowie über die Tourist-Information ausgegeben.

Inhalt von Karte und Dose ist genau der gleiche

Genau hier schiebt sich nun das Unternehmen Volbert Domizil aus Bremen dazwischen. Es hat 2014 eine Notfalldose entwickelt und bietet diese mittlerweile flächendeckend in Deutschland an. "Der Inhalt ist genau der Gleiche. Teilweise kann dort weniger eingetragen werden, als bei uns. Dafür kostet jede Dose richtig Geld", ärgert sich Half.

Er selbst hat die Dose schon für fünf Euro im Verkauf gesehen. Im Kreis Paderborn ist sie an vielen Stellen für zwei Euro erhältlich. Im Internet wird sie von manch einem Versandhändler für bis zu 13 Euro angeboten.

"Jeder verdient daran mit, denn zum regulären Preis werden natürlich auch noch Provisionen für Ärzte und Apotheken draufgeschlagen. Und das für eine Sache, die es eigentlich schon umsonst gibt und von Beiräten wie unserem ehrenamtlich verteilt wird", so Half. Die Notfallkarte sei in einer ähnlichen Form wie in Bad Lippspringe in den 168 Seniorenbeiräten in NRW im Umlauf.

Besser über kostenlose Optionen informieren

Da das Bremer Unternehmen auch im Kreis Paderborn gezielt an die Kommunen und andere Institutionen herantrete, wünscht sich Half, dass sich die Verwaltungen besser über die kostenlosen Möglichkeiten informieren.

"In Bad Lippspringe wurde nach einem Gespräch mit dem Bürgermeister beschlossen, die Dose hier nicht einzuführen." Die Notfalldose habe neben dem Preis und der geringeren Informationsdichte noch ein drittes Manko.

"Wer trägt schon eine Dose mit sich herum oder stellt diese für jedes Familienmitglied in die Wohnung oder in den Kühlschrank? Die Notfallkarte jedoch ist kostenlos und passt in jedes Portemonnaie und mit der dazugehörigen selbstklebenden Tasche neben die Eingangstür, oder wenn gewünscht auch gerne an den Kühlschrank. Davon haben Notärzte oder Rettungsassistenten und die betroffenen Menschen deutlich mehr."

INFORMATION


Eigenes Behältnis tut's auch

  • Bundesweit findet die kommerzielle Notfalldose mittlerweile Beachtung.
  • In zahlreichen Medien ist über das 2014 entwickelte Produkt berichtet worden, auch in der Neuen Westfälischen.
  • Im Kreis Paderborn ist die Dose zum Preis von 2 Euro in Paderborn, Delbrück, Büren, Bad Wünnenberg und Salzkotten eingeführt worden.
  • In Büren unterstützte der örtliche Seniorenbeirat die Einführung.
  • Er übernahm die „Patenschaft" für die Notfalldose und erhält 45 Cent vom Verkaufspreis. „Es ist für uns die Fortführung der Notfallkarte", sagte der Vorsitzende Klaus Czuka im Juli 2017.
  • Wer sich selbst helfen möchte, kann ein eigenes Behältnis mit Schriftstück in den Kühlschrank stellen – und zwei Aufkleber für die Türen malen oder ausdrucken.