Musik und Lesung verzücken Besucher im Altenbekener Wald

Altenbeken. &bdquo;Wege durch das Land“ gab es auch im 23. Jahr des traditionellen Musik und Literaturfestes wieder zu Fuß zu erkunden. Und so lautete am Sonntag das Motto der Kultur-Wanderung durch das Altenbekener Umland: &bdquo;Eher reisen als erschaffen“; ein Zitat aus Rebecca Solnits Buch &bdquo;Wanderlust“, aus dem die Schauspielerin Natascha Mamier auf halber Strecke vorlas. Bei hochsommerlichen Temperaturen gingen 150 Menschen, aufgeteilt in zwei Gruppen, dieser Kombination aus eigener Lust am Wandern, philosophischen Gedanken rund ums Gehen und einer musikalischen Verstärkung der Waldimpressionen nach. Damit die Strecke von 8,2 Kilometern nicht Fluch, sondern Genuss blieb, behielt Anette Stulhofervom Eggegebirgsverein die Wanderlustigen im Auge. Die heimliche Heldin der Gruppe &bdquo;Aristoteles“ verwies nicht nur auf die Besonderheiten und Naturschönheiten am Wegesrand. Bei ihren Erkundungen über die Befindlichkeit und Bedürfnisse der Wandersleute, absolvierte sie sicher die doppelte Laufstrecke. Der erste Anstieg vorbei an der Aussichtsplattform des Viadukts hoch zu den drei Linden wurde mit dem Horn-Ensemble der Detmolder Hochschule für Musik belohnt. In einer Komposition von Constantin Homilius (19. Jh.) stiegen die vier Waldhornisten wechselseitig in die Melodie ein, trieben sich voran – kurze Solostimme, dann vielstimmiges Echo – und erzeugten warme, satte Waldklänge. Weiter ging es in ein Buchenwald-Areal, das größte Deutschlands abgesehen von denen der Naturparks, wie Stulhofer erklärte. Ein Segen, angesichts der sengenden Sonne. Schauspielerin Natascha Mamier tauchte inmitten der Baumlandschaft wie eine Erscheinung auf. Wechselspiel zwischen Lauschen und eigenen Gedanken Nach einer guten Stunde strammer Wanderung ein dankbares Verweilen; ein Wechselspiel zwischen Lauschen und eigenen Gedanken war vorprogrammiert. Denn so wie Gehen in der vorgestellten kulturgeschichtlichen Reiselektüre &bdquo;Wanderlust“ von Rebecca Solnit eine Verknüpfung ist von Geist, Körper und Welt, lässt sich ähnliches vom Vorgang einer Lesung an sich sagen. Das Werk stellt eine geschickte Verbindung zwischen der Selbstbeobachtung der sich fortbewegenden Protagonistin und äußerer und innerer Seelenlandschaft dar. Große Philosophen beschworen schon, dass erst vorübergehende Ansichten den Geist in Bewegung setzten. Während bekannte Orte Erinnerungen hervorriefen, seien unbekannte, neue Orte prädestiniert dazu, neue Gedanken zu erzeugen. Über das Gehen haben sie alle philosophiert, von Aristoteles über Wittgenstein bis hin zu Rousseau. In einem waren sie sich einig: Gehen und Denken gehören zusammen. Der Akt des Gehens und Denkens wurde auf der Wanderung dann auch nicht zu lange gestoppt. Nach rhythmisch-melodiösem Vortrag über die schöpferische Kraft der eigenen Mobilität, tat die Wanderführerin das ihrige, um die eigene Erfahrungswelt der Wanderer wieder anzukurbeln. Hinauf auf den Berg. Eine lange Schlange erklomm im Gänsemarsch den steilen, grasumsäumten Waldpfad. &bdquo;Wie beim Kilimandscharo“, befand ein älterer Herr. Die ersten blieben schnaufend am Berghang zurück. Anette Stulhofer behielt sie in ihrem Adlerblickfeld und versprach eine kurze Rast auf der Höhe. Doch hier: Kein Waldhorn, nirgends. Wenn auch jemand aus der Truppe es sich in diesem Moment gewünscht hätte. Die Waldklänge verzückten Dann endlich, nach zahlreichen Kurven und einem langgestreckten Abstieg drang die frische Fanfare eines romantischen Jagdlieds an die heißgelaufenen Wanderer. Obgleich die zweite Gruppe &bdquo;Rousseau“ zu überholen drohte, ging die Bitte, man möge an dem Quartett möglichst vorbei flanieren, in der Musikbegeisterung unter. Diese Waldklänge verzückten zurecht. Und Anette Stulhofer hatte es auch geschafft: Die Aristoteles-Gruppe durch das gefährliche Funkloch gelotst, ohne dass sich genau da jemand verletzt hätte; der Arzneikoffer blieb beschwerlich aber unbenutzt im Rucksack; alle Natur- und Kulturfreaks erreichten unbeschadet, wenngleich sicher der eine oder die andere erschöpft, das idyllische Forsthaus. Eine verdiente Stärkung, leise Jazzrhythmen und ein traumhaftes Gartenambiente erwartete dort die Einkehrer, bevor es mit der Lesung des Berliner Autors David Wagner weiter ging, der eigens eine Auftragsarbeit über das Gehen in Angriff genommen hatte. Ein Stadtgeher in der Natur? Seine Publikation erscheint demnächst auf der Website von &bdquo;Wege durch das Land“.

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