Demonstration der Stärke

Zum 100. Mal gehen Bad Oeynhausener und Löhner gegen die Nordumgehung auf die Straße

Rosen umranken herzförmig das Schild mit der Jubiläumszahl, neben dem Eckhard Grummert für den Tunnel wirbt. | © Foto: Nicole Bliesener

02.04.2009 | 04.02.2015, 12:27

Bad Oeynhausen. Roter Umhang, goldene Krone und ein fast echter Hermelin-Kragen: Kein Zweifel, der Mann in der Kutsche, die an der Spitze des langen Demonstrationszuges rollt, ist der König von Bad Oeynhausen. Bürgerlich heißt er Peter Eichelhard. Und wenn er denn wirklich König wäre, ist es keine Frage, was er dann als erstes verfügen würde: "Dann würde ich den Tunnel durchsetzen", sagt Eichelhard.

Mit einem Schuss Humor hat die Bürgerbewegung ihre Jubiläums-Demonstration gewürzt. Zur 100. Demonstration ziehen am Montagabend rund 300 Gegner der Nordumgehung mit Traktoren und der königlicher Kutsche durch Eidinghausen (wir berichteten).
"Wir protestieren dagegen, dass hier die Landschaft verschandelt wird", sagt Friedel Klausmeier. Einen Vorgeschmack auf das, was mit dem Bau der Nordumgehung auf den Norden Bad Oeynhausens und den Osten Löhnes zukommt, bekommen die Demonstranten bei ihrem Umzug durch die Baustelle zwischen Mönichhusen und Wöhrener Straße.

Mit der ganzen Familie marschiert Peter Vogt in dem Protestzug mit. "Das ist eine unsinnige Planung", schimpft auch er. "Damit legt man der Stadt den Strick um den Hals." Während sich der Protestzug dem Bildungswerk des Wittekindshofes nähert, stimmen hier die Musiker von "Teddy’s Skiffle Mafia" bereits ihre Protestlieder an. Zur Melodie des "Holzmichels" fragen sie musikalisch: "Lebt denn die alte Troglösung noch?" Natürlich lautet die Antwort: "Ja, sie lebt noch, sie lebt noch . . ."

"Warum machen wir das hier?", begrüßt Eckhard Grummert von der Notgemeinschaft die Demonstranten. Und gibt die Antwort mit: "Hier wird der Lebensraum Bad Oeynhausen, der Ortsteil Eidinghausen, zerstört." Marion Schröder begrüßt die "lieben Tunnelfreunde" und erinnert an die Höhepunkte der 100 Demonstrationen. Und sie verkündet: "Unsere Widerstandskraft ist ungebrochen. Weil wir ein Ziel vor Augen haben: Diesen Verkehrsmoloch zu verhindern."
Auch Klaus Rasche, Vorsitzender der Notgemeinschaft gegen die Nordumgehung, versichert: "Wir haben noch lange nicht aufgegeben." Willkürlich und gegen jede Vernunft solle die Nordzerschneidung der Stadt Bad Oeynhausen durchgesetzt werden, so Rasche.

Besserer Lärmschutz, weniger Abgase, weniger Landschaftsverbrauch und der Werterhalt der Immobilien – all das seien Argumente, die für den Tunnel sprächen. "Und das einzige scheinbare Argument für die Nordumgehung, der Heilquellenschutz, hat sich als Lüge erwiesen", so Rasche.
Für Rasche und seine Mitstreiter ist das Jubiläum "eine Demonstration der Stärke. Und es gibt immer noch die politische Option, diesen Bau zu stoppen", so Rasche.

Auch Walter Nesenhöner, ehemaliger stellvertretender Landrat des Kreises Herford, macht seinem Unmut bei der Demonstration Luft. "Ich halte diese Straße nach wie vor für eine politische und rechtliche Ungeheuerlichkeit", sagt der Löhner Sozialdemokrat.
Ein Sketch rundet die Jubiläums-Demonstration ab. "Das Volk murrt", informiert Hofnarr Andreas Nicolaus seinen König. Der entgegnet ganz majestätisch: "Das zeigt doch nur, wie beschränkt es ist. Es sollte stolz sein, dass die Menschen künftig schneller durch Bad Oeynhausen fahren können."

Kommentar
"Zwischen Beharrlichkeit und Realismus"
Von Jörg Stuke

100 Mal demonstriert – die Beharrlichkeit, mit der die Gegner der Nordumgehung ihren Protest in die Öffentlichkeit tragen, beeindruckt. Es ist auch verständlich, dass die Autobahngegner ihre Argumente nicht einmotten, auch wenn an der Eidinghausener Straße schon die Bagger rollen. Denn was aus ihrer Sicht vor dem Baubeginn richtig war, wird nun nicht allein durch den Baubeginn falsch.

Kann aber der Baubeginn dieser Autobahn tatsächlich noch verhindert werden? Auch etliche der Demonstranten, die am Montag ihren Unmut über diese Planung kundgetan haben, zweifeln an dieser Möglichkeit. Tatsächlich ist eine politische Situation auch nach der Kommunalwahl, in der es im dann neu formierten Stadtrat von Bad Oeynhausen einen Beschluss gegen die Nordumgehung geben könnte, kaum vorstellbar. Zudem ist fraglich, was mit solch einem Beschluss auszurichten wäre. Denn bis dahin wollen die Planer bereits Aufträge im Wert von 50 Millionen Euro für die Nordumgehung vergeben haben.

Bei allem Engagement und Idealismus: Die Gegner der Nordumgehung müssen sich hüten, nicht die Verbindung zur Realität zu verlieren.


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