Fragen und Antworten

Kleiner Ponystall sorgt für viel Aufregung in Stemwede: Wird illegal gebaut?

Der Stemweder Bauausschuss stimmte dem Bau eines Ponystalls an einem Leverner Steilhang zu. Die Verwaltung sagte, dass Landschaftsverband und Kreis nichts dagegen haben. Der Kreis sieht das differenzierter.

Die Vorbereitungen für den Bau Ponystall südlich der Straße „Auf dem Buchhof“ haben begonnen, Baumaterial liegt bereit. „Was ist da für ein Riesenloch in den alten Hang gebaggert worden“, kritisierte im Bauausschuss Grünen-Ratsfrau Karola große Burhof-Matern.
?Foto: Joern Spreen-Ledebur | © Joern Spreen-Ledebur

Joern Spreen-Ledebur
04.07.2025 | 04.07.2025, 16:00

Stemwede. Ein Bauherr aus Levern will an der Straße „Auf dem Buchhof“ einen Ponystall bauen. Entstehen soll der auf einem tiefer gelegenen Grundstück, das südlich an das mit einem Haus bebaute Grundstück angrenzt. Beide Flächen werden durch einen natürlichen Steilhang aus Schiefer geteilt, in den der Ponystall hineingebaut wird. Um das Vorhaben zu ermöglichen, hatte der Stemweder Bauausschuss eine Ausnahme von der Gestaltungssatzung für den historischen Ortskern gemacht – gegen die Kritik der Grünen.

Nach Darstellung der Gemeindeverwaltung Stemwede haben weder der Denkmalschutz des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) noch der Kreis Minden-Lübbecke Einwände gegen das Vorhaben. Aber stimmt diese Behauptung? Daran bestehen berechtigte Zweifel. Zudem haben die Bauarbeiten für den Ponystall schon begonnen – und die scheinen offenbar illegal zu sein.

Das Grundstück des Ponystall-Bauherrn hatte im Sommer 2021 eine passgenaue Verkehrsberuhigung bekommen. Als Grund hatte die Gemeindeverwaltung damals die auf der Straße gefahrenen Geschwindigkeiten genannt. Die von der Verwaltung angeführten Tempo-Messungen hatte es allerdings nie gegeben, Mess-Ergebnisse hatte er trotz Nachfrage nie vorlegen können. Und auch weitere Anlieger waren entgegen der Aussage der Verwaltung nicht informiert worden.

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Gibt es eine „Lex Stemwede“?

Gibt es hinsichtlich von Bauvorhaben besondere Regelungen, die in der Gemeinde Stemwede in Einzelfällen praktiziert werden, eine Art „Lex Stemwede constructum per singularem causam“, also eine Regelung für einen einzelnen Fall? Das fragte die Redaktion mit Verweis auf die Vorgänge im Sommer 2021 Bürgermeister Kai Abruszat (FDP), der dem Bauausschuss die Zustimmung für die Ausnahme-Regelung und damit für den Bau des Pony-Stalls empfohlen hatte. Abruszat ließ das über seinen Pressesprecher Jan-Philipp Ehlers dementieren.

„Jeder von der Gestaltungssatzung auf Antrag des Bauherrn zu prüfende Einzelfall wird mit den Gremien des Gemeinderates abgestimmt und separat entschieden. Dieses gilt nur dann nicht, wenn bereits in einem exakt deckungsgleichen Fall anderweitig regelhaft entschieden worden ist. Diese Konstellation ist hier aber nicht gegeben, da es sich um ein atypisches Vorhaben handelt“, teilte Abruszat über Ehlers mit.

Gab es einen Ortstermin?

Eine weitere Frage an Abruszat und auch an den Landschaftsverband war, ob sich der LWL die Situation vor Ort vor Beginn der Bauarbeiten oder danach angesehen hat. Schließlich soll der LWL laut Aussage im Bauausschuss zugestimmt haben. Dazu äußerte sich Ehlers für Abruszat auf Nachfrage wie folgt: „Das Bauvorhaben wurde anhand von Plänen mit dem LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen abgestimmt. Die Fachabteilungen des LWL entscheiden in eigener Verantwortung, ob sie eine persönliche Inaugenscheinnahme für erforderlich halten. Ob Vertreterinnen und Vertreter des LWL nach Aktenlage und Einsicht in das GIS-System, oder durch Besichtigung vor Ort entschieden haben, ist hier nicht bekannt.“

LWL-Sprecher Markus Fischer antwortete wie folgt: „Ein Ortstermin hat vorher nicht stattgefunden, die zuständige Mitarbeiterin ist durch ihre langjährige Tätigkeit in dem Gebiet mit den Örtlichkeiten vertraut. Über den Baubeginn werden wir als Fachamt nicht informiert. Dieser wird der zuständigen Unteren Denkmalbehörde mitgeteilt.“

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Stall an anderer Stelle möglich? Das sagt die Gemeinde

Die Redaktion fragte Abruszat und den LWL, ob über den Aspekt gesprochen worden ist, den Ponystall anderweitig auf dem Grundstück unterzubringen – ohne den Steilhang anzutasten.

Auf diese Frage äußerte sich Bürgermeister Abruszat über den Gemeindesprecher wie folgt: „Das Bauvorhaben richtet sich nach Paragraf 34 Baugesetzbuch und ist durch die Baugenehmigungsbehörde zu entscheiden. In der Gestaltungssatzung sind keine Regelungen bezüglich der Abtragungen von Flächen normiert. Die Entscheidung hierüber obliegt der Baugenehmigungsbehörde und ist nicht Bestandteil der Gestaltungssatzung.“

Stall an anderer Stelle möglich? Das sagt der LWL

Der LWL habe keine denkmalpflegerischen Bedenken gegen den Neubau eines kleinen Pferdestalls für zwei Ponys im südlichen Bereich des Grundstücks „Auf dem Buchhof 14A“ und in der engeren Umgebung des Baudenkmals Stemwede, Buchhofstraße 34 vorgetragen“, teilte LWL-Sprecher Markus Fischer mit und verwies auf eine Anfrage vom 13. Februar 2025 und eine Antwort vom 28. Februar 2025.

„Wegen des steilen Geländes sah die Planung vor, den Stall in den Hang hineinzubauen und mit einem Gründach zu versehen, so dass der Baukörper sehr unauffällig bleiben sollte“, heißt es seitens des LWL weiter.

„Somit können wir eine erhebliche Beeinträchtigung für das Baudenkmal ausschließen. Auch wenn nach der Gestaltungssatzung von Levern Garagen und Nebengebäude mit Satteldach mit einer Dachneigung von mindestens 30 Grad auszuführen sind, ordnet sich die begrünte Flachdachausführung unauffälliger ein als eine Lösung gemäß der Gestaltungssatzung und eine Abweichung ist aus unserer Sicht vertretbar. Soll ein Gebäude in der näheren Umgebung eines Denkmals errichtet werden, beurteilen wir ausschließlich die Beeinträchtigung für das Baudenkmal und keine weiteren Aspekte.“

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Bodenarbeiten vor Entscheidung des Bauausschusses

Und warum haben die Bauarbeiten für den Ponystall im rückwärtigen Teil dieses Grundstücks offenbar schon begonnen, obwohl über die Zulassung einer Ausnahme von der Gestaltungssatzung erst am Montagabend im Bauausschuss final entschieden wurde.

Dazu äußerte sich Abruszat über den Sprecher der Stemweder Verwaltung wie folgt: „Ob und inwieweit eine Baugenehmigung vorliegt und/oder mit den Bauarbeiten bereits begonnen worden ist, die eine Genehmigung bedürfen, ist Angelegenheit der Baugenehmigungsbehörde. Den Beurteilungsspielraum der Gemeinde betrifft lediglich die Fragestellung, ob das in Rede stehende Vorhaben mit unserem Ortsrecht in Einklang steht. Hierzu hat der Bauausschuss eine Befreiung von der Gestaltungssatzung erteilt. Hinweis: Nach den Regelungen der Bauordnung für das Land NRW sind bestimmte Bodenarbeiten zur Vorbereitung in einem gewissen Rahmen genehmigungsfrei.“

Das sagt der Kreis Minden-Lübbecke

Die Fragen nach einem Ortstermin, den bereits begonnenen Bauarbeiten und den Gründen für eine Zustimmung für das Vorhaben im Leverner Ortskern stellte die Redaktion auch dem Kreis Minden-Lübbecke als Baugenehmigungsbehörde.

Kreissprecherin Dagmar Selle äußerte sich für die Behörde wie folgt: „Der Bauaufsicht des Kreises Minden-Lübbecke liegt zurzeit kein Bauantrag für einen Ponystall im Ortskern von Levern vor, daher konnten wir bis dato auch nicht der angesprochenen Baumaßnahme zustimmen oder sie ablehnen. Sollten bereits Baumaßnahmen durchgeführt werden, sind diese illegal, da keine Baugenehmigung und auch kein Bauantrag dafür vorliegt.“

Der Kreis Minden-Lübbecke weiter in seiner Stellungnahme: „Es gab lediglich Anfang dieses Jahres ein Gespräch mit der Gemeinde Stemwede, ob der Kreis sich eine Abweichung von der Gestaltungssatzung bezüglich der Dachneigung eines geplanten Ponyunterstandes vorstellen könnte. Aussage war in diesem Zusammenhang, dass man sich eine Abweichung bei einem Unterstand vorstellen könnte, da es sich um ein atypische Gebäude handelt, das in den Hang integriert werden soll.“

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