Zigarette auf Arm der Freundin ausgedrückt? Stemweder soll Geldstrafe zahlen

Rahden. Vier Stunden dauerte jetzt eine Verhandlung wegen Körperverletzung vor dem Rahdener Amtsgericht. Der Angeklagte schaute bei allen Zeugenaussagen regungslos geradeaus und vermied jeglichen Augenkontakt auch zu seiner Mutter und seinen Freunden. Der Staatsanwalt warf dem 31-Jährigen vor, im Juni 2022 in Stemwede seiner damaligen Lebensgefährtin im Streit eine Zigarette auf ihrem Arm ausgedrückt zu haben und als sie sich wehrte, die Frau geschlagen, geschubst und gewürgt zu haben. Der Angeklagte schilderte seine Sicht: &bdquo;Wir waren auf einer Hochzeitsfeier. Sie meinte, wir müssten nach Hause. Ich wäre alkoholisiert. Ich wollte noch nicht gehen.“ Letztendlich habe er sich überreden lassen und sie seien mit dem Taxi zum Haus seiner Eltern in Stemwede gefahren, wo sie im Gästezimmer übernachten wollten. &bdquo;Sie wollte diskutieren. Ich hatte die Schnauze voll. Ich habe ihr gesagt, was für eine beschissene Mutter sie ist. Da ist sie komplett ausgeflippt.“ Die Goldenstedterin hat zwei kleine Kinder aus einer früheren Beziehung. &bdquo;Sie ließ sich nicht beruhigen und hat mich immer wieder angegriffen. Ich habe mich lediglich gewehrt“, betonte der Angeklagte. &bdquo;Ich weiß, ich hatte eine Zigarette in der Hand.“ Es könne sein, dass er seine Lebensgefährtin damit im Handgemenge am Arm gestreift habe. &bdquo;Wir hatten abgemacht, dass er keine Kurzen mehr trinkt. Daran hat er sich auf der Hochzeit gehalten. Er hat nur viele kleine Biere getrunken“, erzählte die Ex-Lebensgefährtin. &bdquo;Ich hatte Angst, dass das in die verkehrte Richtung geht.“ Darauf angesprochen sei der Angeklagte direkt ausgerastet. Geschlagen, geschubst und Kratzer mit Schlüssel verursacht Letztendlich habe er ein Taxi gerufen, um zu seinem Elternhaus zu fahren, berichtete die 33-Jährige. Dort angekommen, habe sie in Ruhe reden wollen. &bdquo;Er hat mich angegrinst, hat meinen Arm fixiert, seine Zigarette darauf ausgedrückt und gesagt, ob ich es jetzt verstanden hätte“, erklärte die Frau, die als Nebenklägerin auftrat. Sie habe ihm eine Backpfeife gegeben als Reaktion. Er habe sie gepackt, sie geschlagen, ihr mit einem Schlüssel einen Kratzer auf dem Rücken gemacht, sie gegen ein Auto, eine Wand und ein Garagentor geschubst und sie gewürgt. &bdquo;Ich hatte Todesangst“, erklärte die 33-Jährige. Sie sei bewusstlos geworden. Als sie auf dem Boden wieder aufgewacht sei, sei er verschwunden gewesen. Sie habe dann bei der Mutter geklingelt, um ein Taxi nach Goldenstedt zu rufen. &bdquo;Seine Mutter hat sich tausendmal entschuldigt und gesagt, es tut ihr so leid“, erinnerte sich die Frau. &bdquo;Ich habe ihm noch geglaubt und verziehen“ &bdquo;Die Verletzungen habe ich erst am anderen Morgen gesehen. Erst da habe ich wahrgenommen, was passiert ist. Ich hatte das Gefühl, ich müsste die Familie retten für die Kinder. Ich habe die Schuld bei mir gesucht. Ich wollte, dass alles wieder gut wird. Deshalb bin ich am nächsten Tag zu ihm gefahren, um mit ihm zu reden“, berichtete die 33-Jährige. Es habe vorangegangene Vorfälle unter Alkoholeinfluss gegeben, merkte sie auf Nachfrage an. &bdquo;Er hat sich jeweils entschuldigt. Ich habe ihm geglaubt und ihm verziehen.“ Die nächsten Tage habe sie völlig neben sich gestanden. Schließlich sei sie doch zum Arzt und zur Polizei gegangen. Alle körperlichen Folgen seien verheilt. Die Brandnarbe habe sie übertätowieren lassen. Psychisch sei es nach wie vor schwierig. Die Mutter des Angeklagten berichtete: Ihr Sohn habe sie geweckt und erzählt, dass es auf der Hochzeit eskaliert sei. Seine Lebensgefährtin sei total ausgeflippt. &bdquo;Ich bin rausgegangen und habe versucht, sie zu beruhigen. Sie hat mit keinem Wort erwähnt, dass er ihr wehgetan hat“, betonte die Mutter. Am Montag sei sie nach Goldenstedt gefahren, um Sachen ihres Sohnes abzuholen. Verletzungen habe sie da nicht wahrgenommen. &bdquo;Für mich war das ein Beziehungsstreit. Ich habe versucht, die Situation zu entspannen.“ &bdquo;Ich hab die Wunde am Handgelenk sofort gesehen“ Sie sei zu einer Fahrt von Stemwede nach Goldenstedt gerufen worden, erzählte die Taxifahrerin. &bdquo;Es standen zwei Frauen an der Straße. Die ältere Dame war dabei, die junge Frau zu trösten und sagte, da passiert heute nichts mehr“, erinnerte sich die 67-Jährige. Die junge Frau habe nur ein Sommerkleid mit Spaghettiträgern angehabt. &bdquo;Ich habe die Druckstellen, Kratzspuren, blauen Flecken und die Wunde am Handgelenk sofort gesehen“, berichtete die Taxifahrerin. Die Frau habe sehr geweint und habe gesagt, er habe zu viel Alkohol getrunken und sie angegriffen. &bdquo;Ich habe ihr geraten, zum Arzt und zur Polizei zu gehen – am besten direkt. Aber das wollte sie nicht“, erklärte die Zeugin. &bdquo;Man darf sich einen tätlichen Angriff nicht gefallen lassen, auch wenn man was Falsches gesagt hat“, vertrat die Taxifahrerin. Die Verletzungen seien ganz frisch gewesen. Die Brandverletzung habe sie sofort als solche erkannt. Die Rechtsanwältin der Nebenklägerin lobte &bdquo;die tolle Zivilcourage der Taxifahrerin.“ In Richtung des Angeklagten betonte sie: &bdquo;Hier wollte jemand ein Exempel statuieren.“ Was der Gutachter im Gericht sagte Der Schwager des Angeklagten und ein Freund sagten aus, dass sie von den Streitigkeiten mitbekommen hätten. Verletzungen hätten sie an der Frau am darauffolgenden Tag nicht gesehen. Da seien sie sich sicher. Auch nachdem der Staatsanwalt die beiden Stemweder mit den Aussagen der Taxifahrerin konfrontierte, blieben sie bei ihren Angaben. Gestützt auf zwei Fotoserien führte der Gutachter aus: Der runde Hautdefekt am Unterarm sei eine typische Zigarettenglut-Verletzung nach statischem Kontakt. Die Hauteinblutungen am Hals seien typische Würgemale. Die Griffhämatome an Armen und Händen könnten bei einer tätlichen Auseinandersetzung durch Abwehrreaktionen sowohl seitens der Frau als auch seitens des Angeklagten entstanden sein, erklärte der Mediziner. Für ihn stehe fest, dass sich der Angeklagte strafbar gemacht habe, unterstrich der Staatsanwalt. &bdquo;Die Beziehung war nicht allzu gedeihlich. Häufiger Streitpunkt war Alkohol. Sie sind mit nach Hause gegangen, waren aber sauer. Mag sein, dass Sie keine Lust hatten zu diskutieren. Wir haben eine sehr gute neutrale Zeugin und die glasklare Aussage des Sachverständigen. Würgen und Brandverletzungen sind keine Abwehrhandlungen.“ Darauf beschränke er sich, alles andere sei uninteressant. Der Staatsanwalt forderte eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 70 Euro und ging damit deutlich über den ursprünglichen Strafbefehl von 60 Tagessätzen zu 40 Euro hinaus. &bdquo;Erhebliche Gewaltentfaltung gezeigt“ &bdquo;Wir haben hier eine toxische Beziehung“, stimmte der Verteidiger zu. &bdquo;Beide waren nicht zufrieden an dem Abend.“ Lediglich bei der Zigarette sei sich der Gutachter sicher gewesen. Alle anderen Verletzungen hätten auch Abwehrverletzungen sein können. Die Nebenklägerin habe einfach nicht nachgelassen. Was sein Mandant denn hätte machen sollen. &bdquo;Sie hat mit allen Mitteln versucht, ihn zur Aussprache zu nötigen. Da ist viel kriminelle Energie.“ Bei dieser Energie sei nicht auszuschließen, dass sie sich die Verletzung mit der Zigarette selbst beigebracht habe. Er fordere daher einen Freispruch. Er glaube der Nebenklägerin und der Taxifahrerin, erläuterte Richter Bastian Janotta. Zugute hielt er dem Angeklagten, dass er Ersttäter sei. &bdquo;Sie haben jedoch eine erhebliche Gewaltentfaltung gezeigt.“ Er verurteilte den Angeklagten zu 90 Tagessätzen à 70 Euro. &bdquo;Damit gelten Sie noch nicht als vorbestraft. Ich hoffe, dass Sie aus dem Verfahren gelernt haben.“ Gegen das Urteil sind Rechtsmittel möglich.

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