Insolvenz 2024

Drei Monate nach dem Verkauf: So steht es um Rahdens Traditionsunternehmen Kolbus

Weltweit löst US-Präsident Donald Trump Sorgen vor einem Handelskrieg aus. Wie könnte das Kolbus in Rahden treffen? Wurden mittlerweile auch einzelne Kündigungen zurückgenommen? Die Geschäftsführung äußert sich.

Thomas Grimm-Bosbach ist Geschäftsführer des Rahdener Unternehmens Kolbus. Er äußert sich zur Lage des Maschinenbauers, der zum 1. Januar 2025 von der Max Valier Holding übernommen wurde. | © Joern Spreen-Ledebur

Joern Spreen-Ledebur
28.03.2025 | 28.03.2025, 11:18

Rahden. Das Rahdener Traditionsunternehmen Kolbus kann in diesem Jahr auf sein 250. Jubiläum zurückblicken. Im vergangenen Jahr sorgte es für Gesprächsstoff. Im Sommer stellte Kolbus einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung und im November wurde der Verkauf des Unternehmens an die Max Valier Holding (München/Bozen) bekannt gegeben. Angesichts der Entlassung von rund 200 Menschen war Rahden geschockt.

Der Verkauf von Kolbus an die Max Valier Holding war zum 1. Januar 2025 abgeschlossen. Nun neigt sich das erste Quartal für Kolbus unter dem Dach der Max Valier Holding dem Ende entgegen. Wie ist dieses erste Quartal gewesen? Auf eine Anfrage der Redaktion äußert sich Thomas Grimm-Bosbach, Geschäftsführer von Kolbus.

„Das erste Quartal nach der Insolvenz lief sehr gut an“, teilt Thomas Grimm-Bosbach mit. „Der Auftragseingang im Maschinenbau im Januar bis zur ersten Hälfte Februar war entsprechend gut.“ Man merke zurzeit natürlich eine allgemeine Investitionszurückhaltung insbesondere im Bereich der Verpackungsindustrie, was an der global sehr ungewissen wirtschaftlichen Situation liege. „Sehr zu unserer Freude sahen wir aber dagegen eine ansteigenden Auftragseingang im Bereich der Lohnfertigung und der Gießerei. Hier sind wir gegenwärtig dabei, neue Kunden zu gewinnen beziehungsweise größere Volumina für vorhandene Kunden zu verhandeln.“

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Kampf der letzten Jahre hat bei Kolbus Spuren hinterlassen

Welche Entwicklungen gibt es? Thomas Grimm-Bosbach dazu: „Wie immer ist auch Schatten, wo Licht ist. Ich habe noch nie einem Unternehmen vorgestanden, das eine solch motivierte und engagierte Mitarbeiterschaft hat und das in einer Zeit, in der harte Einschnitte und eine Menge Unsicherheit durch die Insolvenz ,durchlitten’ wurden. Aber gleichzeitig hat natürlich der Kampf der letzten Jahre bei Kolbus seine Spuren hinterlassen, die sich durch teilweise veraltete Prozesse und fehlende Digitalisierung zeigen“.

Daher sei man mit Hochdruck dabei, die Abläufe und Prozesse zu modernisieren und stärker digital zu gestalten, um redundante Handarbeit zu vermeiden und die Prozesse transparenter zu gestalten. „Es ist mir eine Ehre einem Team vorzustehen, dass sich so stark engagiert und dabei auch lieb gewonnene und vertraute Abläufe hinterfragt“, so der neue Geschäftsführer.

Bleiben die Kunden treu, wurden neue Kunden gewonnen? Gerade in der Kundenbindung zeige sich die wahre Stärke von Kolbus, merkt Thomas Grimm-Bosbach dazu an. „Es gab, nachdem die Insolvenz angemeldet wurde, nur sehr wenige Auftragsstornierungen, in der zweiten Jahreshälfte 2024 konnten dann sogar noch neue Projekte akquiriert werden, eine tolle Leistung aller Beteiligten.“

Politische und ökonomische Lage hat Folgen für Kolbus

Hintergrund: Rahdener Traditionsunternehmen Kolbus hat neuen Besitzer

Im Maschinenbau wachse für Kolbus die Liste in Akquisition befindlicher Projekte stetig, allerdings würden gegenwärtig einige Projekte aufgrund der ökonomischen und politischen „Großwetterlage“ zeitlich nach hinten verschoben. Grimm-Bosbach: „Eine nachvollziehbare, aber leider der schnellen Konsolidierung von Kolbus nicht hilfreiche Entscheidung unserer Kunden, die genau so wenig wie Kolbus im luftleeren Raum arbeiten“.

Im Bereich der Guss- und Lohnfertigungskunden bei Kolbus zeige sich dagegen eine ausschließlich positive Resonanz. „Bedingt durch die vermehrte Anzahl von Gießereien in Not, erreichen uns attraktive Anfragen auf Übernahme von Kapazitäten, die bisher bei anderen Gießereien bezogen wurden.“ Häufig benötige man dann auch die Bearbeitung zum Fertigteil, also eine Tätigkeitskette, für die Kolbus sehr gut positioniert sei.

Abläufe bei Kolbus sollen optimiert werden

Wie sind die Hoffnungen und Perspektiven für die kommenden Monate? „Wir hoffen auf eine anhaltende Auslastung unserer Guss- und Fertigungskapazitäten“, so Thomas Grimm-Bosbach. Im Rahmen des Maschinenbaus setze Kolbus viel Hoffnung auf seine Produktserien BXMotion, die sehr flexibel bedruckte Wellpappenverpackungen in Klein- und Mittelserienbereich herstellen könne und auf die RD, eine Flexodruckrotationsstanze, die für größere Serien von Wellpappenverpackungen entworfen wurde. Intern will das Unternehmen nach Angaben seines Geschäftsführers diverse Projekte zur Optimierung seiner Ablaufstruktur abschließen, um auch hier zu einer modernen, zukunftsfähigen und transparenten Unternehmensstruktur zu kommen und den Nachholbedarf der vergangenen Jahre zu beheben.

Archiv: Rahdener Unternehmen meldet Insolvenz in Eigenverwaltung an

Ist es zutreffend, dass aufgrund der Auftragslage ein Teil der ausgesprochenen Kündigungen zurückgenommen wurde? Zu diesen „NW“-Informationen äußert sich Thomas Grimm-Bosbach wie folgt: „Es ist richtig, dass wir mit verschiedenen gekündigten Kolleginnen und Kollegen im Dialog stehen. Dies ist allerdings nicht nur der Auftragslage geschuldet, sondern auch der Nachbesetzung einzelner Positionen, bei denen uns die jetzigen Stelleninhaber aus persönlichen Gründen wie zum Beispiel einem früheren Renteneintritt verlassen werden, beziehungsweise schon verlassen haben. Dies sind Einzelfälle“.

Weltweit beobachten Regierungen und die Wirtschaft mit Sorge das Handeln der Administration des derzeitigen US-Präsidenten Donald Trump. Wie bewertet die Kolbus-Geschäftsführung eigentlich die von der amtierenden US-Administration angekündigten beziehungsweise teils schon geltenden Zölle und den damit verbundenen Handelskrieg? Das fragte die Redaktion. Weitere Fragen galten dem Aspekt, ob für einen Maschinenbauer wie Kolbus erhebliche Auswirkungen zu befürchten sind und welchen Stellenwert die USA als Markt für Kolbus haben.

So reagiert Kolbus auf die Ankündigungen aus den USA

Thomas Grimm-Bosbach dazu: „Für mich ist das Ganze nicht nachvollziehbar, aber nationaler Chauvinismus scheint ja gerade in Mode zu sein, da sind die USA kein Einzelfall, dies kann man leider auch in Europa beobachten. Ich glaube nicht und da kann ich auch für viele Kollegen, Managerinnen und Manager sprechen, dass Zölle und Schranken im internationalen Handel zielführend sind“.

Natürlich sei es besorgniserregend, wenn Staaten wie China sich einzelne Branchen vornähmen und diese gezielt mit Produkten überfluteten, aber dass diese Strategie gelinge, liege doch daran, dass diese Produkte qualitativ gleichwertig seien und kostentechnisch günstiger seien. Globalisierung bedeute doch auch, dass man seine Geschäftsmodelle immer wieder hinterfragen müsse und starken Augenmerk auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit legen müsse, merkt Grimm-Bosbach an.

In der Gießerei des Rahdener Unternehmens Kolbus wird das Eisen geschmolzen und dann bei einer Temperatur von etwas mehr als 1.400 Grad Celsius zu den Gussformen gebracht. - © Joern Spreen-Ledebur
In der Gießerei des Rahdener Unternehmens Kolbus wird das Eisen geschmolzen und dann bei einer Temperatur von etwas mehr als 1.400 Grad Celsius zu den Gussformen gebracht. | © Joern Spreen-Ledebur

„Die Zeiten, in denen man Fernostkonkurrenz links liegen lassen konnte, da die Produkte von Funktion und Qualität her nicht vergleichbar waren, sind vorbei. Alle Unternehmen müssen heute weltweit auf Augenhöhe konkurrieren und da viele deutsche Maschinenbauunternehmen des Mittelstandes, die ich kenne, dazu neigen, sich aus einem Lieferantenkreis im Umkreis von 200 Kilometern um den eigenen Firmensitz zu bedienen, müssen wir uns selbst fragen, ob wir über den Tellerrand hinausschauen wollen.“

Konkurrenz für Kolbus durch lokale Anbieter

Diese Wettbewerbssituation löse man aber nicht durch Zölle, da diese nur Produkte auf dem heimischen Markt verteuerten. Grimm-Bosbach weiter: „Wenn sich die heimischen Verbraucher aus gutem Grund gegen die heimischen Produkte entschieden haben, dann kaufen sie eventuell doch das ausländische Produkt und die Inflation im Lande steigt“. Für Kolbus sei die Situation doppelt schwierig: Zum einen sind dann Maschinenverkäufe in die USA, nach Europa der zweitgrößte Markt für Kolbus, erschwert, da es für bestimmte Marktbereiche dort lokale Anbieter gebe, deren Maschinen mit denen von Kolbus auf Augenhöhe seien.

Mehr zum Thema: Verkauf und Entlassungen bei Kolbus: Viele Rahdener Familien betroffen

„Da entscheiden sich die meisten Kunden dann bei gleicher Leistung für das günstigere Produkt, zum anderen sind davon in viel stärkerem Maßstab unsere Kunden in Kanada beziehungsweise in Mexiko und indirekt auch Latein- und Mittelamerika betroffen. Wenn diese ihre Produkte nicht mehr in die USA liefern könnten - bei Verpackungen entscheide der Preis sehr viel stärker als bei Verpackungsmaschinen - so kauften sie auch keine neuen Maschinen und Ersatzteile mehr bei Kolbus. Das seien die Auswirkungen, die Kolbus gegenwärtig sehe.

Thomas Grimm-Bosbach: „Wir hoffen darauf, dass sich dieser Handelskrieg schnell erledigt, wenn klar wird, dass er die Akteure mehr kostet, als er bringt. Solche Kehrtwenden wären dann ebenfalls nicht überraschend“.