Rahdener Traditionsunternehmen Kolbus insolvent: Einstieg von Investoren wird geprüft

Rahden. Das Rahdener Traditionsunternehmen Kolbus hatte im Juli einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Wie steht es bei diesem Eigenverwaltungs-Verfahren? In einer zwischenzeitlichen Mitteilung war von gefüllten Auftragsbüchern die Rede, Angaben zum Grund für den Insolvenzantrag gab es allerdings trotz wiederholter Nachfrage bislang nicht. Welche Perspektiven hat das Unternehmen und wie ist der Stand der Dinge? Auf eine Anfrage der Redaktion von Anfang September reagierten das Unternehmen und die beteiligten Rechtsanwälte am Dienstag mit einer allgemeinen Pressemitteilung. In der Mitteilung wird daran erinnert, dass sich das 249 Jahre alte Traditions- und Familienunternehmen Mitte Juli 2024 in ein Eigenverwaltungsverfahren begeben habe, &bdquo;um die verbesserten Sanierungs- und Restrukturierungsmöglichkeiten eines gerichtlichen Verfahrens zu nutzen“. Das zuständige Amtsgericht Bielefeld habe, auch daran erinnert die Mitteilung, dem Antrag, der hohe Eingangshürden habe, entsprochen und ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren angeordnet. Sanierungsexperte Rechtsanwalt Stefan Meyer von der Pluta Rechtsanwalts GmbH sei zum vorläufigen Sachwalter bestellt worden. Das Unternehmen wird bekanntlich von einem umfangreichen Team der Kanzlei Aderhold im Eigenverwaltungsverfahren unterstützt. Zur Ergänzung der operativen Geschäftsführung und um dort den verfahrensrechtlichen Sachverstand sicher zu stellen, wurde Rechtsanwalt Maximilian Michelsen zum Generalhandlungsbevollmächtigten bestellt. Komplett-Verkauf nicht zwingend mit Prozess verbunden &bdquo;Der Sanierungsprozess der Kolbus GmbH & Co. KG schreitet wie geplant voran“, heißt es in der Mitteilung. Der unmittelbar nach Eintritt in das Sanierungsverfahren begonnene Investorenprozess (&bdquo;M&A Prozess“) zeige in seinem bisherigen Verlauf, &bdquo;dass ein hohes Interesse an dem Unternehmen Kolbus besteht“. Zwischenzeitlich lägen auch erste Angebote vor, die aktuell intensiv mit den potenziellen Investoren verhandelt würden, heißt es in der Stellungnahme. Es sei geplant, den Investorenprozess bis Ende Oktober 2024 erfolgreich abzuschließen. Ob das bedeutet, dass das Rahdener Unternehmen von den Eigentümern ganz oder teilweise verkauft wird? Das Sanierungsverfahren diene der Erhaltung des Unternehmens, teilte Kolbus dazu auf Nachfrage der Redaktion am Dienstag mit: &bdquo;Dadurch soll für die Mitarbeiter und die Gläubiger das bestmögliche Ergebnis erzielt werden.“ Teil des Sanierungsverfahrens sei die Prüfung, ob der Einstieg neuer Investoren in das Unternehmen Vorteile bringe. Dazu findet laut Unternehmens-Angaben ein &bdquo;strukturierter Prozess“ statt. Dieser gebe allen Interessenten die Möglichkeit, ihre Angebote zu unterbreiten. Das sei der &bdquo;Investorenprozess“. Zu welchem Ergebnis dieser Prozess führe, könne derzeit &bdquo;noch nicht prognostiziert werden. Ein Verkauf des gesamten Betriebes an einen neuen Eigentümer ist mit dem Prozess nicht zwingend verbunden.“ Kolbus nennt nun Gründe für den Antrag In den vergangenen Wochen hat Kolbus nach eigenen Angaben &bdquo;zudem viele positive Rückmeldung von Kunden bezüglich Qualität und Innovation der Maschinen erhalten. Dass die Produkte von Kolbus auch weiterhin am Markt gefragt sind, zeigt sich insbesondere darin, dass im Monat August 2024 trotz der aktuellen Situation überdurchschnittlich viele Aufträge gewonnen werden konnten.“ Das sei für die Situation ungewöhnlich und ein sehr gutes Zeichen: &bdquo;Denn dadurch wird deutlich, dass der Markt auf den Geschäftsbetrieb und die Zukunftsfähigkeit von Kolbus vertraut.“ Auch die Lieferanten stünden weiterhin zu dem Unternehmen, die Versorgung der Produktion mit sämtlichen benötigten Rohstoffen und Zulieferteilen sei sichergestellt, heißt es in der Stellungnahme. Alle vorliegenden Aufträge könnten für die Kunden umgesetzt werden: &bdquo;Das laufende, operative Geschäft konnte in den letzten Wochen gut stabilisiert werden.“ Warum trotz der guten Auftragslage der Antrag auf Insolvenz in Eigenleistung gestellt wurde, hatten Unternehmen und Anwälte bislang trotz wiederholter Nachfrage nicht beantwortet. Gestern äußerte sich Kolbus auch zu dieser Frage der Redaktion. Lesen Sie auch: Insolvenzantrag trotz gut gefüllter Auftragsbücher Produktion aus Großbritannien nach Rahden verlagert &bdquo;Der Insolvenzantrag erfolgte aus rechtlichen Gründen. Trotz der guten Auftragslage reichten die finanziellen Mittel des Unternehmens nicht aus, um die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu verhindern“, teilten die Rahdener auf Nachfrage mit. Die gute Auftragslage sei aber eine der Voraussetzungen, das Verfahren in Eigenverwaltung vorzunehmen: &bdquo;Diese ermöglicht es dem Unternehmen, einerseits die erfolgreiche Geschäftsentwicklung kontinuierlich fortzusetzen und andererseits die notwendigen strukturellen Anpassungen vorzunehmen, um das Unternehmen langfristig stabil aufzustellen.“ Parallel sind laut Stellungnahme erste Sanierungsschritte umgesetzt worden. So wurde die Produktion in Großbritannien geschlossen und nach Rahden verlagert. Dies führe zum einen zu einer erheblichen Kostenreduktion und zum anderen zu einer Stärkung des Standortes Rahden. In der vergangenen Woche seien die Mitarbeiter in einer Informations-Veranstaltung über den aktuellen Stand in Kenntnis gesetzt worden. Ferner wurden die Mitarbeiter laut Stellungnahme &bdquo;darüber informiert, dass die Voraussetzungen zur Eröffnung des Eigenverwaltungsverfahrens voraussichtlich Anfang November vorliegen werden; der Insolvenzgeldzeitraum wurde in enger Abstimmung mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss, dem vorläufigen Sachwalter und insbesondere mit der Agentur für Arbeit um einen Monat verschoben und läuft nunmehr bis Ende Oktober 2024 (revolvierende Insolvenzgeldvorfinanzierung).“ Unternehmen 1775 als Schmiede gegründet Das Unternehmen Kolbus wurde 1775 gegründet, Ursprung des heutigen Unternehmens war damals eine Schmiede. Im Jahr seines 225. Jubiläums hatte Kolbus noch rund 1.000 Beschäftigte gezählt. Das Rahdener Traditionsunternehmen Kolbus hatte im Januar 2018 den Verkauf seiner Buchbindereisysteme-Sparte, lange Zeit Herzstück des Unternehmens, an das Schweizer Unternehmen Müller Martini bekanntgegeben. Für die Buchherstellung liefert das Unternehmen nur noch Ausrüstungen für die Produktion und die Veredelung von Buchdecken. Als einen neuen Schwerpunkt hatte Kolbus damals den Sondermaschinenbau für die Packmittelproduktion und die Komponentenfertigung genannt. Im November 2019 hatte Kolbus mit Verweis auf eine konjunkturelle Abkühlung im Maschinenbau angekündigt, 75 Arbeitsplätze streichen zu wollen. 45 Beschäftigte schieden durch einvernehmliche Regelungen aus, bei 30 Beschäftigten gab es betriebsbedingte Kündigungen.

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