In Preußisch Oldendorf bekämpfen zwei Geistliche die AfD auf eigene Weise

Preußisch Oldendorf. Wer in diesen Tagen auf der stark befahrenen Bünder Straße in Bad Holzhausen an der evangelischen Kirche vorbeikommt, dem fällt wahrscheinlich ein mehrere Meter breites Banner auf, das davor gespannt ist: Es handelt sich um eine Ermunterung, sich an der Kommunalwahl am 14. September zu beteiligen und zu wählen. Aber, obwohl die Partei unerwähnt bleibt, nicht die AfD. Das gleiche Banner hängt wenige Meter weiter auch am Gemeindehaus – und stößt über Bad Holzhausen hinaus auf Interesse. Anlass war die Juli-Ausgabe des monatlich erscheinenden &bdquo;Rundblick“, des Amtsblatts der Stadt Preußisch Oldendorf. In dem wurde auf Seite 13 die Bürgermeisterkandidatin der AfD vorgestellt, Sonja Köster. Sie verbreitete dort die Aussage, illegale Migration bereite der Stadt Probleme und belaste den städtischen Haushalt zu etwa 20 Prozent. Darüber habe sich unter anderem der Arbeitskreis &bdquo;Asyl PrO“ geärgert und sofort reagiert, so Pfarrerin Hilke Vollert. Denn sowohl diese als auch andere Aussagen Kösters seien &bdquo;an den Haaren herbeigezogen“ gewesen. In der nächsten Mitgliederversammlung des Arbeitskreises wurde über einen möglichen Umgang mit der AfD gesprochen und belegbare Informationen aus der Stadtverwaltung vorgelegt. Daraus ging hervor, dass entgegen Kösters Behauptung jährlich etwa 250.000 Euro für die Betreuung von Flüchtlingen aus der Stadtkasse aufgewendet werden, was etwa 0,75 Prozent des Gesamthaushalts entspreche. Deutlich wurde zudem, dass die Stadt für illegale Migration finanziell überhaupt nicht aufkommt. Mehr zum Thema: Minden-Lübbecker Bürgermeisterkandidatin verbreitet Falschbehauptungen &bdquo;Sofort Feuer und Flamme“ Auch in den Presbyterien von Bad Holzhausen und Börninghausen, für die Vollert und ihr Ehemann, Pfarrer Steffen Bäcker, zuständig sind, wurde in einer gemeinsamen Sitzung über das Vorgehen gegen die AfD beraten. Beide Gremien seien von der Idee, der alles und jeden kritisierenden AfD etwas Positives entgegenzusetzen, &bdquo;sofort Feuer und Flamme“ gewesen, berichtet Vollert. So kam neben dem von katholischer und evangelischer Kirche im Zusammenhang mit der Bundestagswahl verwendeten Spruch &bdquo;Herz statt Hetze“ auch der Appell &bdquo;Menschenwürde, Nächstenliebe, Zusammenhalt“ auf das Banner. &bdquo;Zusammenhalt gilt für alle, nicht nur für Christen“, sagt Hilke Vollert. Bei dem Regenbogen rechts daneben wiederum handele es sich um ein christliches Symbol für Vielfalt, ergänzt Steffen Bäcker, der mit Blick auf Präsident Donald Trump warnt: &bdquo;Eine Politik wie in den USA müssen wir verhindern.“ Dazu, da sind Hilke Vollert und Steffen Bäcker sich mit vielen anderen Preußisch Oldendorfern einig, dürfe man nicht schweigen: &bdquo;Wir müssen den Mund aufmachen“, sagt Vollert angesichts dessen, wofür eine Partei wie die AfD stehe. &bdquo;Wir wollen eine andere Form von Gesellschaft als diese Partei, haben ein anderes Menschenbild und andere Vorstellungen von Zusammenleben“, betont Steffen Bäcker. Auch das wollen sie mit dem Banner ausdrücken, das seit etwa drei Wochen vor dem Gemeindehaus und der evangelischen Kirche in Bad Holzhausen, an der Kirche in Börninghausen sowie im Garten eines Mitglieds des Presbyteriums hängt. Nachfrage bis ins Siegerland &bdquo;Wir waren gespannt, was passieren würde“, erzählt Steffen Bäcker. Und kann jetzt darauf antworten. Ihm zufolge gibt es bereits Bestellungen aus Offelten, Hudenbeck, Hüllhorst, Schnathorst, Oberbauerschaft, von &bdquo;Lübbecke zeigt Gesicht“ in Lübbecke, selbst aus dem Siegerland, aus dem Bäcker ursprünglich stammt. &bdquo;Es zieht Kreise“, freut er sich. Hilke Vollert ist noch wichtig zu betonen, dass sie parteipolitisch nicht gebunden seien, &bdquo;sondern wir sind für jeden da“. Sie wollten Gesicht zeigen &bdquo;und wofür wir einstehen“. Um zu verdeutlichen, was sie meinen, zählt Steffen Bäcker auf, wie er die AfD sieht: &bdquo;Dahinter steht eine andere Weltsicht.“ Wie der Slogan &bdquo;America first“, zeige sich auch die AfD nationalistisch, sei geprägt von Undankbarkeit und Egoismus. &bdquo;Sie reden alles schlecht, um sich selbst als Retter darzustellen“, sagt der Pfarrer und ist überzeugt: &bdquo;Mit gutem Regieren allein ist diese Partei nicht in den Griff zu bekommen. Selbst ohne Migration würden sie sich etwas anderes suchen.“ Alle Artikel zur Wahl gebündelt: Kommunalwahl 2025 im Kreis Minden-Lübbecke Sorgen, Ängste, Hoffnungen Wir wollen wir leben? Wie soll die Gesellschaft sein, in der wir leben wollen? Um diese Fragen kreisen Sorgen und Ängste, aber auch die Hoffnung, die Hilke Vollert und Steffen Bäcker haben. Sie können nachvollziehen, was manche AfD-Sympathisanten umtreibt: Angst vor Wohlstandsverlust etwa, die Sehnsucht nach einfachen Antworten, die trügerische Erinnerung, dass früher alles schöner war. Oder auch Missgunst: Andere kriegen mehr. &bdquo;Deshalb muss man aber nicht die AfD wählen“, meint Bäcker. &bdquo;Wir müssen unsere Stimme erheben, zusammen halten und zusammen bleiben, deutlich machen, was auf dem Spiel steht“, sagt Hilke Vollert. &bdquo;Die Bedürftigen im Blick behalten, nicht hartherzig werden“, ergänzt Steffen Bäcker und formuliert die Hoffnung der beiden Geistlichen vor der Kommunalwahl am 14. September so: &bdquo;Diejenigen erreichen, die noch erreichbar sind.“

Meistgelesen