Patienten aus dem Lübbecker Land betroffen: Krankenhaus Ostercappeln schließt

Lübbecker Land/Ostercappeln. Es sind Tage des Abschieds: Nachdem das Krankenhaus Rahden zum Jahreswechsel seinen Versorgungsauftrag verloren hat, werden nun auch im St. Raphael Krankenhaus Ostercappeln die Türen Ende des Monats für immer geschlossen. Die Notaufnahme schließt schon eher. Die Abteilungen aus Ostercappeln ziehen an andere Standorte der Niels-Stensen-Kliniken. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Ein Rückblick: Die Nachricht schlug vor gut einem Jahr ein wie eine Bombe. Für viele überraschend verkündeten die Niels-Stensen-Kliniken eine neue Medizinstrategie - und damit das Aus für das Krankenhaus Ostercappeln zum August 2025. Auch die Geburtshilfen in den Krankenhäusern in Melle und Harderberg fielen - schon im vergangenen Jahr - weg. Als Grund für diesen Schritt hatte der Konzern die wirtschaftlichen Herausforderungen in der deutschen Krankenhaus-Landschaft und den Fachkräftemangel genannt. Das sind die Gründe für die neue Medizinstrategie Anders als die Mühlenkreiskliniken in Rahden luden die Niels-Stensen-Kliniken als Träger des Krankenhauses Ostercappeln vor einem Jahr zum Bürgerdialog ein und das mobilisierte die Menschen. Vor rund 700 Zuhörern in der Ostercappelner Lambertuskirche erläuterten die Niels-Stensen-Kliniken, ein katholischer Klinik-Verbund mit Standorten in den Landkreisen Osnabrück und Emsland, die Gründe für die Schließung. Die Besucherinnen und Besucher, unter ihnen auch zahlreiche Gäste aus dem Lübbecker Land, schienen den Aussagen der Geschäftsführung wenig Glauben zu schenken. Es hagelte Kritik von allen Seiten. Auch eine Demonstration für den Erhalt des Krankenhauses folgte. Es bildete sich eine Bürgerinitiative, aus der vor Kurzem ein Verein mit dem Namen &bdquo;Gesundheitssyndikat Osnabrücker Land“ hervorging. Dessen Ziel ist es unter anderem, nach der Schließung des Krankenhauses neue Ideen und Konzepte für einen Gesundheitsstandort Ostercappeln zu suchen. Eine Nachnutzung des Gebäudes ist noch offen. Aus dem Fenster weht ein Bettlaken mit Abschiedsgruß Aus einem Fenster des Krankenhauses St. Raphael (SRO) weht derzeit ein Bettlaken: &bdquo;SRO forever“ steht darauf, versehen mit einem roten Herz. Die Schließung wird in diesen Tagen ganz konkret. Am Freitag, 25. Juli, werden die letzten stationären Patienten aufgenommen. Am Montag, 28. Juli, ab 18 Uhr wird die Notaufnahme dauerhaft geschlossen, wie Ute Laumann, Leiterin der Unternehmenskommunikation der Niels-Stensen-Kliniken, mitteilt. Patienten würden gebeten, sich ab diesem Zeitpunkt bei medizinischen Notfällen an umliegende Einrichtungen am Harderberg, in Osnabrück, Damme oder Melle zu wenden. In lebensbedrohlichen Situationen sei weiterhin der Rettungsdienst über die 112 zu alarmieren. Für ambulante Behandlungen außerhalb der regulären Sprechzeiten der Arztpraxen stehe der ärztliche Bereitschaftsdienst unter 116 117 zur Verfügung. In der letzten Juli-Woche gibt es in Ostercappeln keine Neuaufnahmen und keine geplanten Operationen mehr. Die dann verbleibenden Patienten würden im Laufe der Woche entlassen oder - wenn erforderlich - in umliegende Einrichtungen verlegt. Die medizinischen Leistungen der Abteilungen aus Ostercappeln werden künftig am Franziskus-Hospital Harderberg in Georgsmarienhütte und am Christlichen Klinikum Melle angeboten. Am Harderberg sind ab Montag, 4. August, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Lungenmedizin - die Kliniken für Pneumologie, Thoraxchirurgie und Rekonstruktive Chirurgie - zu finden. In Melle werden ab demselben Datum folgende Fachbereiche angeboten: Allgemeinchirurgie (auch Adipositas- und Hernienzentrum), Innere Medizin sowie Palliativmedizin. &bdquo;So etwas steht nicht im Lehrbuch“ Im Foyer des Krankenhauses hängen Plakate mit privaten Fotos der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen sie sich von &bdquo;ihrem“ Krankenhaus verabschieden. &bdquo;So etwas steht nicht im Lehrbuch“, sagt Pascal Alfers über die Schließung von St. Raphael. Er ist seit vergangenem Sommer Krankenhausdirektor des Krankenhauses Ostercappeln und des Franziskus-Hospitals Harderberg. Während er von einer &bdquo;Aufbruchstimmung“ unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern spricht, hört man von deren Seite eher Trauer über den Abschied. Rund 250 der 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wechseln an andere Standorte der Niels-Stensen-Kliniken, die meisten zum Harderberg (200) und nach Melle (50). 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hätte man kein Angebot unterbreiten können, sagt Ute Laumann. Der Rest habe den Konzern angesichts der Schließung auf eigenen Wunsch verlassen. &bdquo;Insgesamt haben wir mehr Kolleginnen und Kollegen eine neue Stelle bieten können als gedacht“, so Laumann. Jetzt wird der Umzug real. Die baulichen Maßnahmen an den Standorten am Harderberg und in Melle werden in diesen Tagen abgeschlossen, so dass der Übergang fließend verlaufen soll. Denn die Terminkalender der Abteilungen wie der von Dr. Martin Gerdes, Klinik für Allgemein-, Visceral- und Unfallchirurgie, die nach Melle zieht, sind voll. Alles musste &bdquo;auf den Kopf gestellt“ werden Für den Umzug musste das Krankenhaus komplett &bdquo;auf den Kopf gestellt“ werden, alles sei inventarisiert worden, vom Bürostuhl bis zur Bettpfanne. Was an anderen Niels-Stensen-Standorten nicht mehr benötigt werde, wird der Ukraine-Hilfe gespendet, erklärt Pascal Alfers. Eine Spezialfirma rückt für den Umzug an, der in enger Abstimmung mit den Herstellerfirmen der medizinischen Geräte erfolge, so Alfers weiter. Der schwerste Transport sei vermutlich das Röntgengerät, das zum Marienhospital Osnabrück geht. Aber auch hier reiche ein Lkw für den Transport. Rund 8.000 Patienten wurden zuletzt in Ostercappeln jährlich behandelt, darunter etwa fünf Prozent aus dem benachbarten Kreis Minden-Lübbecke (Zahl aus dem Jahr 2023). Hat der Konzern durch die Schließung nicht Angst vor einem Patientenverlust? Ziel sie natürlich, die Patienten zu halten, sagt Ute Laumann. Die Chefärzte seien größtenteils an den neuen Standorten in Melle und Georgsmarienhütte weiter mit dabei. &bdquo;Das freut uns natürlich, sie sind unsere Zugpferde“, so Laumann. Und was passiert mit Gebäude und Grundstück? Hier gibt es seit Monaten Gespräche, unter anderem mit der Gemeinde Ostercappeln, die sich vorstellen kann, das Grundstück zu übernehmen, und dem Landkreis Osnabrück. Auch nach dem Umzug hätten die Niels-Stensen Kliniken noch die Verkehrssicherungspflicht: etwa für die Grünpflege oder das Warten der Brandmeldeanlage, erklärt Pascal Alfers. Auch befinden sich noch Mieter im Gebäude. Der Hospizverein &bdquo;Spes Viva“ wird dort bleiben. &bdquo;Erst einmal bis zum Jahresende“, so Alfers. Mit dem Haus Camelot, einer Wohngemeinschaft für Intensivpflege, spreche man derzeit über Alternativen. Rettungswache nicht mehr am Krankenhaus Auch die Notärzte für die Rettungswache, die sich seit mehr als drei Jahren nicht mehr am Krankenhaus, sondern am Ortsausgang Richtung Leckermühle befindet und erhalten bleibt, würden noch bis zum Jahresende von den Niels-Stensen-Kliniken gestellt. Und darüber hinaus? &bdquo;Hier gibt es derzeit Ausschreibungen“, sagt Ute Laumann. Die laufen über den Landkreis Osnabrück. Um gemeinsam Abschied zu nehmen, soll es laut Alfers auch ein Abschiedsfest mit Dia-Show und Andacht geben, zu dem auch Ehemalige eingeladen sind.

Meistgelesen