Hexenverfolgung, Folter, Enthauptung: Wanderung des Grauens zum Preußisch Oldendorfer Limberg

Preußisch Oldendorf. In einer alten Preußisch Oldendorfer Wanderkarte um 1954 sieht man im Volksmund gebildete Wegebezeichnungen wie Armesünderweg und Gerichtsweg in Preußisch Oldendorf und Offelten. Was bedeuten diese Namen? Dazu machen wir eine Wanderung des &bdquo;Schauderns und des Grauens“ zum Limberg. Beginn ist an der Straße &bdquo;Am Brümmel“ in Preußisch Oldendorf, die man früher Armesünderweg nannte. Von hier wandern wir südlich weiter, halten uns dann aber links und kommen zum Gerichtsweg. Die einzige offizielle auf diese Vorgänge hinweisende Straße heißt heute noch &bdquo;Am Klingelberg“ in Offelten. Sie führt am Ortseingang Offelten von der B65 südlich zum Klingelbrink oder Galgenbrink, wo beide Straßen einmündeten. Damit ist das Rätsel gelöst, hier in der &bdquo;Offelter Heyde“ stand auf einem künstlichen Hügel der Galgen des Amtes und der Burg Limberg, eine Hinrichtungsstätte. Der Galgen war weithin von der Heerstraße (B65) sichtbar, er sollte vor Gesetzesübertretungen warnen, heute ist dort Wald. Zum Tode verurteilte Straftäter mussten vor dem Preußisch Oldendorfer Pfarrer ihre Sünden beichten. Dann wurde der Verurteilte in Begleitung des Pfarrers unter dem Läuten der Armesünderglocke über die genannten Wege zum Galgen geführt, wo die öffentliche Hinrichtung bis 1808 stattfand. Zwei Menschen wurden in Offelten hingerichtet Um 1870 wurde der Galgenhügel abgetragen und als Pachtacker genutzt. Berichte über Hinrichtungen finden sich nur im Holzhauser und Börninghauser Kirchenbuch, nicht aber in Preußisch Oldendorf. So wurden am 15. Oktober 1720 &bdquo;zwei Zigeuner wegen ihrer Diebereyen auf der &bdquo;Offelter Heyde“ hingerichtet. Einen von beiden begleitete der Börninghauser Pfarrer zum Richtplatz, bei dem anderen war es der Holzhauser Pfarrer. Am Galgenbrink nahm der Oldendorfer Pfarrer sie in Empfang, weil die &bdquo;Offelter Heyde“ zum Kirchspiel Oldendorf gehörte. Von der Galgenstätte aus wandern wir nun weiter südlich und kommen zum Hexenteich, wo sich heute eine Wanderhütte befindet. Hier werden sich grauenhafte Vorgänge abgespielt haben. Vom Limberg aus wurden der Hexerei und Zauberei verdächtige Personen zum Hexenteich gebracht. Hier wurden sie gefesselt und dann gebadet, in einer Art Gottesurteil, wie es die Kirche vermittelte. Nachdem sie in das Wasser gestoßen waren, beobachteten Amtmann, Pfarrer, Gorichter und der Gerichtsumstand (Schöffen) das Geschehen. Wenn sie, meistens war es eine Frau, an der Oberfläche des Hexenteiches schwamm, war sie der Hexerei schuldig. Im anderen Fall, wenn sie im Wasser unterging, galt sie als unschuldig, konnte dann aber schon ertrunken sein. Kindermörder im Hexenteich ertränkt Der Hexenteich spielte aber auch noch eine Rolle bei besonders schlimmen Vergehen, wie zum Beispiel Inzest und Kindermord. Ein solcher Fall ereignete sich am 22. April 1721. Ein Börninghauser Einwohner war &bdquo;wegen begangener Blutschande mit seiner Tochter und Kindermordes“ angeklagt. Er wurde auf der Amtsstube der Burg Limberg auf den Knien liegend im Beisein des Pfarrers verhört. Anschließend erfolgte die Gerichtsverhandlung vor dem Gogericht und dann das Urteil durch den Gerichtsumstand, was der Gorichter verkünden musste, nämlich in diesem Fall die &bdquo;Säckung“. Dazu wurde der Delinquent zum Hexenteich verbracht, in einen Sack gebunden und langsam im Hexenteich ertränkt. Seine Tochter hingegen, sie war auch ein Opfer des Vaters, wurde auf dem Scheiterhaufen auf dem &bdquo;Balkenkamp“ verbrannt. Dieser Justizirrtum war vor allem auch auf die christlichen Auffassungen der Kirchen über die Sündhaftigkeit der Frauen zurückzuführen. Bei einem anderen Fall von Blutschande mit Kindermord wurde der Täter aus Holsen bei der Stadt Bünde am 10. Juni 1729 auf andere Weise vom Leben zum Tode gebracht. Er wurde von oben her gerädert und seine Tochter enthauptet. Die Räderung war ein besonders schimpflicher Tod. Ein schweres Rad wurde vom Henker mit voller Kraft auf dem Brustkorb des Verurteilten geschlagen, bis er tot war. Beide, Vater und Tochter, wurden danach unter dem Galgen begraben. Zwei verschiedene Richtstätten auf dem Balkenkamp Die Enthauptungen erfolgten auf dem &bdquo;Balkenkamp“, den wir nun weiter südlich bei unserer Wanderung erreichen. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine spätmittelalterliche Ausbauflur, also Ackerland, beiderseits der heutigen Straße &bdquo;Auf dem Balkenkamp“. Im Jahre 1556 wurden diese Flächen auf Anweisung des Herzogs von Jülich und Berg, Graf von Ravensberg, vermessen. Die Zeichnungen sind im Landesarchiv Münster erhalten. Wir sehen verschiedene Ackerflächen mit ihren Flächenangaben, den &bdquo;Tribben Kamp“, &bdquo;Portzener Kamp“ und &bdquo;Balkenkamp“. Auf dem &bdquo;Tribben Kamp“ und &bdquo;Balkenkamp“ sind zwei dreieckige Flächen ausgesondert mit der Inschrift &bdquo;Wann diß orth gerichtiget werden solde “ mit anschließender Angabe der Fläche. Dies ist ein Hinweis auf zwei verschiedene Richtstätten auf dem Balkenkamp. Enthauptungen erfolgten auf der einen Fläche auf einem &bdquo;Balken“ und auf der anderen Fläche wurden Scheiterhaufen errichtet. So wurde am 29. April 1710 &bdquo;ufm balkenkampe ein metgen von 18 jaren. mit dem Schwert hingerichtet und hernach verbrannt“. Beide Plätze waren also in Aktion. Das Mädchen soll mutwillig einen Holzhauser Bauernhof angezündet haben. Mit preußischer Gründlichkeit wurde im Kirchenbuch vermerkt, dass das Holz für den Scheiterhaufen aus dem &bdquo;Limbergischen Hagen“ stammte. Im Limbergturm befand sich ein Burgverließ Vom Balkenkamp aus wandern wir weiter südlich und treffen auf die Burgstraße, wo wir uns links halten. Nach einiger Zeit erreichen wir die Burgruine Limberg. Hier befand sich früher die Burg Limberg mit der Verwaltung und die Gerichtsstätte des Amtes Limberg. Wahrscheinlich schon im 14. Jahrhundert hatte sich hier ein Gerichtsplatz des Gogerichtes &bdquo;up der Angelbeke“, der bei Wittlage an der Hunte noch auf Mindener Gebiet lag, etabliert. Dieses Gericht gehörte den Herzögen von Sachsen-Lauenburg und ab dem 16. Jahrhundert dem Bischof von Osnabrück. Das Gogericht auf dem Limberg wurde unter einer Gerichtslinde gehalten, die sich vor dem Burgtor befand. 1556 ist ihr Standort bei der erwähnten Vermessung in einer Zeichnung überliefert, dies war etwa auf dem Vorplatz des heutigen Restaurants Forsthaus Limberg, wo noch heute alte Linden stehen. Als die Burg Limberg nach 1650 keine militärische Bedeutung mehr hatte, wurde sie aufgegeben. Es gab nur noch die Justizfunktionen mit dem Gefängnis im Limbergturm. Die alte Gerichtslinde war abgängig und es wurde eine neue Gerichtslinde in möglichst kurzer Entfernung vom Limbergturm gepflanzt. Dazu wurde der Burggraben an der Ostseite zugeschüttet, wie noch heute zu sehen ist, und so ein kurzer Zugang vom Limbergturm als Gefängnis zur Gerichtslinde geschaffen, die noch erhalten ist. Schwangere Frauen in den Kerker geworfen Sie ist allerdings auch schon eine über 300-jährige Baumruine. Es wurden natürlich nicht nur Todesstrafen ausgesprochen, sondern auch Kerkerhaft. Dazu gab es zwei Gefängnisse. Einmal befand sich im Limbergturm selbst das Burgverließ im untersten Geschoss und dann auch in dem 1556 belegten &bdquo;Finkenbauer“, dies war ein Gefängnis an der südlichen Außenmauer der Burg. Als um 1870 der Limbergturm, nunmehr eine Ruine, unter der Leitung des Lintorfer Sanitätsrates Dr. med. Hermann Hartmann ausgeräumt wurde, fand man im Bauschutt noch Eisenringe zum Anschließen der Gefangenen. Im Limbergturm wurden auch schwangere und aus damaliger Sicht unehrenhafte Frauen eingekerkert. Im Börninghauser Kirchenbuch heißt es dazu am 21. September 1707: &bdquo;Eine Hur ufm Limbergturm vorgeben von . ein töchterlein geboren, so am 24. September getauft an Ilsabein (Anna Ilsabein)“. Die Taufe fand also auf dem Limbergturm statt und das Kind war für sein Leben lang gebrandmarkt. Die Bewachung der Gefangenen und deren Verpflegung erfolgten durch den Burggrafen, der seine Wohnung in einem Anbau an der Ostseite des Limbergturms hatte. Ganz sicher war das Gefängnis nicht. 1786 konnten mehrere Gefangene aus dem Limbergturm entkommen. Ab 1807/08 entfielen die Justizfunktionen auf dem Limberg. In den nächsten Jahrzehnten verblassten die grausamen Erinnerungen der Hinrichtungen und für die Menschen trat die landschaftliche Schönheit der Limbergregion in den Vordergrund. Auf dem Limberg fanden auch Hexenprozesse statt.

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