
Porta Westfalica. Es ist die Horrorvorstellung schlechthin für Arbeiter auf der Autobahn: Was ist, wenn ein Lkw oder Auto den Absperrwagen auf der Autobahn übersieht, der sie bei ihren Arbeiten schützen soll?
Genau das ist am Dienstagmorgen gegen 8.10 Uhr auf der A2 kurz hinter der Anschlussstelle Veltheim in Fahrtrichtung Dortmund passiert. Der Fahrer eines polnischen Sattelzugs übersieht den Lkw einer Sicherungsfirma, der mit einer blinkenden Hinweistafel einen Bereich der A2 für Markierungsarbeiten absperren soll.
Der Fahrer wird im Fuß- und Beinbereich in seinem Führerhaus eingeklemmt. Mit schwerem hydraulischen Gerät verschafft sich die Feuerwehr Zugang zu dem Fahrer. Parallel übernehmen Notarzt und Rettungspersonal die Versorgung über die Beifahrerseite. Andere Kameraden nehmen auslaufende Betriebsstoffe auf und sichern die Unfallstelle mit einem aufgebauten Löschangriff. Mit schweren Verletzungen kommt der Fahrer ins Mindener Krankenhaus.
Wie konnte der Lkw-Fahrer den Wagen übersehen?
Eine Frage bleibt zunächst ungeklärt: Wie konnte der Lkw-Fahrer den Absperrwagen übersehen, auf den zuvor an gleich drei Stellen weitere blinkende Warntafeln hingewiesen haben? Robert Riebisch kann im Gespräch mit dem Mindener Tageblatt nur mutmaßen. Er ist Geschäftsführer der Verkehrssicherungsfirma, deren Absperrwagen getroffen wurde. „Leider ist es so, dass die Lkw-Fahrer immer seltener den Sicherheitsabstand einhalten. Solche Unfälle kommen häufiger vor."

Im vergangenen Jahr sei zwar nichts passiert. Es gebe aber auch Jahre, da würden gleich vier- bis sechsmal Wagen der Firma in Unfälle verwickelt. Der Crash bei Veltheim sei einer der schwereren gewesen, betont Riebisch. Seine Mitarbeiter hätten zum Zeitpunkt des Aufpralls 200 bis 300 Meter vom Wagen entfernt gestanden.
Da könne man die Mitarbeiter noch so viel schulen – im Jahr bekommen die Arbeiter laut Riebisch mehrfach Unterweisungen zur richtigen Absicherung der Baustellen –, „es hilft alles nichts, wenn die Verkehrsteilnehmer sich nicht an die Vorschriften halten". Solche Baustellen, das habe der Unfall gezeigt, seien „Hochrisiko-Bereiche".
Das Risiko, das Mitarbeiter verunfallen, ist 13-mal höher
Das kann Markus Miglietti, der Sprecher von Straßen NRW, bestätigen. Diesmal war zwar keiner ihrer Wagen betroffen. Der Sprecher weiß aber: „Das Risiko, dass unsere Mitarbeiter verunfallen, ist 13-mal höher als das eines Industriemechanikers." Das könne auf der Autobahn mehrere Ursachen haben: „Sekundenschlaf, abgelenkt durchs Handy am Steuer", mutmaßt er.
Außerdem würden Mitarbeiter in Baustellen auf der Autobahn immer öfter beschimpft oder sogar mit Gegenständen beworfen, beklagt Miglietti. „Der Verkehr auf der Autobahn, die mittlerweile als größtes Lager der Bundesrepublik mit ihren vielen Lkw gilt, wird immer aggressiver."
Beide Fahrzeuge haben beim Crash am Morgen schweren Schaden erlitten und müssen abgeschleppt werden. Weil der Absperrwagen nach dem Unfall quer auf der Fahrbahn steht, sperrt die Polizei die A2 für rund zwei Stunden. Die Folge: ein rund 15 Kilometer langer Stau. Auch die Strecken in und um Porta sind hoffnungslos überlastet. Vom unteren Ende des Kirchsieks staut es sich am Morgen bis in die Veltheimer Straße zurück.
Auf der Bundesstraße 482 brauchen Auto- und Lkw-Fahrer zwischen Lerbeck und der A2-Anschlussstelle Porta Westfalica in Vennebeck teils bis zu 90 Minuten. Stau auch im Weserauentunnel, weil einige versuchen, den Bereich Porta über Bad Oeynhausen und die A30 zu umfahren. Die Folge bei so viel Stau: gleich mehrere Folgeunfälle. Einer ereignet sich im Rückstau auf der B482. Ein weiterer geschieht direkt auf der A2 im Rückstau.