Sechs gebrochene Wirbel: So lebt eine 71-Jährige aus Petershagen mit Osteoporose lebt

Petershagen-Lahde. Es ist kurz vor Weihnachten, ein Morgen wie jeder andere, als Angelika Scheumann aus dem Bett aufstehen möchte. Doch plötzlich merkt sie beim Hochkommen einen so massiven Schmerz im Rücken, dass sie laut anfängt zu schreien. &bdquo;Ich wusste überhaupt nicht, was los war“, sagt sie. Was die Petershägerin nicht ahnt: Zu dem Zeitpunkt ist ihr mindestens ein Wirbel gebrochen. Als die Schmerzen nicht nachlassen, sucht sie Hilfe beim Orthopäden. Einen Termin bekommt sie aber erst mehrere Wochen später. Währenddessen klingen die Schmerzen zwar ein wenig ab, auf den Röntgenbildern stellt der Orthopäde dann aber fest, dass drei Wirbel gebrochen sind. Für Scheumann ein Schock: &bdquo;Ich konnte das zunächst gar nicht glauben und auch nicht erklären, wie ich mir die Brüche zugezogen haben soll“, sagt die Petershägerin. Gestürzt sei sie im Vorfeld nicht, und auch einen Unfall habe sie nicht gehabt. Wenn bei alltäglichen Bewegungen wie dem Aufrichten des Körpers, Niesen oder Heben einer Kiste bereits Knochen brechen, ist dies zumeist ein Warnsignal für die Skeletterkrankung Osteoporose, im Volksmund auch Knochenschwund genannt. &bdquo;Osteoporose ist eine sehr häufige Erkrankung des Knochenstoffwechsels, bei der die Knochenmasse erniedrigt ist. Der Knochen wird dünner und durch eine Verschlechterung der Struktur auch poröser“, antwortet Prof. Dr. med. Eckart Jungmann auf Anfrage bei der Ärztekammer. Zum Thema: Knochenbrüche durch Niesen: 205.000 Menschen leiden in Westfalen an Osteoporose Frauen sind häufiger von Osteoporose betroffen Das Krankheitsbild definiere sich demnach über das übermäßige Abnehmen der Knochendichte im Vergleich zu einer gleichaltrigen Person, die nicht an Osteoporose leidet. Deshalb dürfe das Krankheitsbild auch immer nur im Altersvergleich beurteilt werden. Osteoporose zählt zu den Volkskrankheiten und gehört zu den häufigsten Muskel-Skelett-Erkrankungen in Deutschland - verläuft jedoch zunächst still. Frauen sind öfter betroffen als Männer: &bdquo;Aufgrund der bei Frauen abnehmenden Produktion des Geschlechtshormones Östrogen nach den Wechseljahren“, erklärt der Experte. Männer haben ein erhöhtes Osteoporoserisiko, wenn das Geschlechtshormon Testosteron krankheitsbedingt zu wenig gebildet wird. Anzeichen für eine Osteoporose seien dagegen die abnehmende Körpergröße. Die finale Diagnostik folgt in der Regel nach der Knochendichtemessung, sagt Prof. Dr. med. Jungmann. Meistens seien zu dem Zeitpunkt bereits Knochen der Betroffenen gebrochen. &bdquo;Am häufigsten brechen durch Osteoporose Wirbelkörper, der Schenkelhals oder die Knochen des Handgelenks, außerdem Brüche des Oberarms oder des Beckens“, so Prof. Dr. med. Jungmann weiter. Vor drei Jahren erhält auch Angelika Scheumann von den Ärzten die finale Diagnose - und die Krankheit bestimmt von nun an ihr Leben. So wird die Osteoporose der Petershägerin behandelt Was viele Betroffene anfangs nicht wissen: Ausreichende und dosierte Bewegung hilft, die Knochen zu stabilisieren. Doch die Knochenbrüche als Folge der Osteoporose können durch Einschränkung der körperlichen Aktivität weitere Knochenbrüche nach sich ziehen - ein Teufelskreis, wie Prof. Dr. med. Jungmann sagt. Das anzustrebende Therapieziel ist, weitere Knochenbrüche zu verhindern. &bdquo;Maßnahmen wie Schwindeltraining bei Osteoporose-Erkrankten sind wichtig, um das Sturzrisiko insgesamt zu senken. Unbehandelt führt Osteoporose zu immer weiteren Knochenbrüchen, die zwar ausheilen, aber das Leben sehr schwer machen und zur Immobilität führen“, sagt der Experte. Angelika Scheumann muss von nun an Medikamente einnehmen - zwischenzeitlich sogar Morphintabletten, als die Schmerzen zu stark werden. Zusätzlich erhält sie als Basistherapie Kalziumtabletten und Vitamin D, um die Knochenfestigkeit im Körper zu unterstützen. Betroffene sollten täglich bis zu 1.000 Milligramm Kalzium möglichst über die Ernährung und weniger durch Tabletten einnehmen, meint Prof. Dr. med. Jungmann. Risiko für die Gesundheit: Vitamin-D-Mangel: Was hilft dem Körper und wann wird die Einnahme gefährlich? Petershägerin erleidet weiteren Schicksalsschlag Auch Scheumann stellt ihre Ernährung um, isst mehr kalziumreiche Lebensmittel wie Milchprodukte oder Brokkoli und Spinat. Bewegung hilft Scheumann beim Muskelaufbau, sie macht Pilates, geht zum Reha-Sport und zur Physiotherapie. &bdquo;Ich habe gelernt, gut mit der Krankheit zu leben“, sagt sie. Doch im November 2023 ereilt sie ein weiterer Schicksalsschlag: Bei Scheumann wird Lungenkrebs festgestellt. Die Chemotherapie zehrt an ihrem Körper: &bdquo;Ich habe sie nicht gut vertragen, war müde, habe mich kaum bewegt und nicht auf meine Ernährung geachtet“, sagt die 71-Jährige. Von nun an kreisen ihre Gedanken permanent um die Krebserkrankung. Die Osteoporose wird zur Nebensache, die Schmerzen wieder schlimmer. Als Scheumann sich von der Krebsbehandlung erholt und auch regelmäßig wieder Auto fährt, spürt sie nach dem Einkaufen erneut heftige Schmerzen im Rücken. &bdquo;Ich wusste sofort, dass etwas gebrochen war“, sagt sie. Dabei habe sie nur den Kopf samt Oberkörper gedreht, um auf einem Parkplatz rückwärts auszuparken, berichtet die Petershägerin. Scheumann kann sich kaum aufrichten und kommt in die Notaufnahme des Mindener Klinikums. &bdquo;Auf den Röntgenbildern haben die Ärzte keinen Bruch gesehen“, meint sie. Erst auf den MRT-Bildern ist zu erkennen, dass sechs Wirbel gebrochen sind, so die Petershägerin weiter. Bewegung und Sport gegen Osteoporose-Symptome Scheumann schläft zwei Monate in einem Sessel im Wohnzimmer - denn den Oberkörper kann sie wegen der starken Schmerzen nicht aufrichten. Ein Korsett hilft ihr, den Oberkörper zu stabilisieren, damit die Frakturen heilen können. Die 71-Jährige wird anschließend für mehrere Wochen in die Geriatrie überwiesen: &bdquo;Dort haben sie mir geholfen“, sagt sie. Seit März dieses Jahres bekommt sie alle drei Monate vor Ort intravenös eine Spritze gefüllt mit Ibrandonsäure zur Behandlung ihrer Osteoporose - und die Therapie schlägt an. Mittlerweile geht es der Petershägerin deutlich besser. &bdquo;Anfangs bin ich mit Krücken und einem Korsett zur Physiotherapie gegangen. Heute geht es ohne“, sagt sie. Die Folgen der Krankheit sind im Alltag der Rentnerin präsent. Zum Schneiden von Gemüse oder Obst greift sie häufig auf einen speziellen Stuhl ohne Lehne zurück, den sie verschrieben bekommen hat. So könne sie aufrecht sitzen, was ihr helfen würde. Jeden Morgen mache sie zudem Gymnastikübungen, um die Muskeln zu sensibilisieren: &bdquo;Ab und zu muss ich mich aufraffen. Wenn ich körperlich ein bis zwei Stunden aktiv war, brauche ich eine Pause“, sagt sie. Denn dann merke sie die Schmerzen im Rücken, mit denen sie täglich lebt. Schmerzmittel nehme sie zurzeit aber nur in Ausnahmefällen, betont Scheumann. &bdquo;Natürlich nehme ich mal eine Ibuprofen, wenn die Schmerzen zu stark werden. Ich bemühe mich aber, meinen Alltag so zu führen wie früher. Die Schmerzen möchte ich durch Sport und ausreichend Bewegung ausgleichen“, sagt die Petershägerin. Kann man Osteoporose vorbeugen? .responsive23-19F0OYQ2aA3qiJ2E-bar-grouped-vertical-osteoporose-anteil-der { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-19F0OYQ2aA3qiJ2E-bar-grouped-vertical-osteoporose-anteil-der { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-19F0OYQ2aA3qiJ2E-bar-grouped-vertical-osteoporose-anteil-der { padding-top: 142.86%; } } Vor der Krankheit habe Scheumann sehr gerne mit ihrem Mann getanzt, sagt sie. Dieser Leidenschaft kann sie jetzt nicht mehr nachgehen. Zu hoch sei für sie das Risiko, sich bei schnellen Bewegungen und der zunehmenden Belastung Knochen zu brechen. Scheumann verkriecht sich aber nicht, Fahrrad fährt die Petershägerin trotzdem wieder. &bdquo;Sonst dürfte man ja gar nichts mehr machen“, meint Scheumann, die auch im Sommer mit ihrem Mann in den Urlaub gefahren ist. Die ständige Sorge, dass ihr bei der kleinsten Bewegung ein Knochen brechen könnte, verdränge sie: &bdquo;Ich denke nicht drüber nach. Die Knochenbrüche kann ich nicht verhindern“, sagt sie. Unter jüngeren Patientinnen und Patienten kommt Osteoporose sehr selten vor, wie eine AOK-Statistik zeigt. So sind weniger als ein Prozent der Betroffenen zwischen 35 und 49 Jahre alt. Doch die Knochendichte werde maßgeblich durch körperliche Aktivität bestimmt. Ausreichend Bewegung und eine kalziumreiche Ernährung ist schon in jungen Lebensjahren wichtig, um zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr eine möglichst hohe maximale Knochendichte zu erreichen. Jüngere Menschen können an Osteoporose erkranken, wenn sie an chronischen Erkrankungen leiden, die Vitamin-D-Mangel fördern. Dazu gehören chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, wenn Geschlechtshormone fehlen oder wenn in jungen Jahren schon eine hoch dosierte Cortisontherapie erforderlich wird, ergänzt Prof. Dr. med. Jungmann. &bdquo;In seltenen Fällen bleibt bei einem betroffenen jüngeren Menschen die Osteoporoseursache unklar.

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