Große Umfrage zu Herbst-Traditionen: Schönes Brauchtum oder überflüssige Veranstaltungen

Minden. Kürbisse schnitzen oder Laternen basteln, Gruseldeko, roter Umhang oder weißer Bart? Die Feiertage zwischen dem 31. Oktober und 6. Dezember sind nur wenige Wochen voneinander entfernt und haben ähnliche Traditionen. Ob Halloween, Sankt Martin oder Nikolaus mehr Beachtung finden, hängt von der Region ab. 2017 hat das MT eine Karte erstellt, welcher Feiertag in welcher Region des Einzugsgebiets mehr verbreitet ist. Zu dem Zeitpunkt war Halloween lediglich in Wasserstraße und Petershagen dabei sich auszubreiten, während man in Neuenknick bereits wieder Abstand nahm. Doch wie sieht es heute aus? Ergebnisse der Umfrage Eine aktuelle MT-Umfrage soll etwas Klarheit schaffen. 496 Menschen aus Minden, Hille, Petershagen und Porta Westfalica hatten in dem Zeitraum vom 12. bis zum 20. Oktober daran teilgenommen. In einigen der Ortschaften gibt es nur eine geringe Teilnahme, sodass sich kein klares Bild ergibt. Jedoch zeigt die Umfrage eine Tendenz, in welchen Orten zu den Feiertagen an den Türen geklingelt wird. Es ist nicht auszuschließen, dass es auch zu Umzügen an den vorrangig nicht aufgeführten Tagen kommen kann. Auffällig ist, dass das Nikolaussingen (6. Dezember) eher in den Mindener Ortschaften verbreitet ist, während das Martinssingen (10. oder 11. November) mehr Anklang in Hille, Porta und Petershagen findet. Zu Halloween (31. Oktober) hingegen gaben die Befragten lediglich in einigen Ortsteilen von Minden an, dass bei ihnen Kinder an den Haustüren klingeln und nach etwas Süßem fragen. Auch in Veltheim (Porta) wird Halloween laut Umfrage gefeiert. Ursprung und Tradition Martinssingen Das Martinssingen geht auf einen katholischen Feiertag zurück. Der 11. November ist jedoch kein gesetzlicher Feiertag. Der Heilige Martin von Tours ist einer der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche. Eine der am meisten verbreiteten Legenden über ihn, auch bei Kindern, ist die des geteilten Mantels. Sankt Martin war ein römischer Soldat, der zwischen 316 und 397 lebte. An einem kalten Wintertag teilte er seinen roten Mantel mit seinem Schwert, um die Hälfte einem frierenden Bettler zu geben. Kurz darauf legte er sein Soldaten-Dasein ab und wandte sich dem Christentum zu. Als Sankt Martin starb, wurde er von einer Lichterprozession zurück nach Tours gebracht. Die Legende von Sankt Martin wird auch heute noch oft auf Veranstaltungen wiederbelebt. Daneben gibt es noch die kleineren Laternenumzüge. Mit selbst gebastelten Laternen gehen in vielen Regionen Kinder von Haus zu Haus, singen Lieder und bitten um Süßigkeiten. Während in katholischen Regionen das Martinssingen auf Sankt Martin zurückgeführt wird, sieht es in evangelischen Städten anders aus. Hier wird mit dem Martinssingen an der Haustür dem Geburtstag von Martin Luther am 10. November gedacht. Eine Umfrage von Statista zeigt, dass Laternenumzüge deutlich verbreiteter sind als das Martinssingen. In Westdeutschland haben 60 Prozent der Befragten als Kinder an einem Laternenumzug teilgenommen, nur 31 Prozent haben Erfahrungen mit dem Martinssingen. In Ostdeutschland sind die Zahlen deutlich niedriger. Insgesamt haben knapp 25 Prozent der Deutschen ein Interesse daran, Sankt Martin zu feiern. Im Mindener Raum ziehen die Kinder hauptsächlich am 10. November um die Häuser. In Petershagen ist es eher üblich, am 11. November Martinssingen zu gehen. Nikolaussingen Auch der 6. Dezember ist ein kirchlich geprägter Feiertag, aber ebenso wie St. Martin kein gesetzlicher Feiertag. Er ist dem Todestag des heiligen Nikolaus von Myra gewidmet. Ihm werden zahlreiche mildtätige Taten und Wunder zugeschrieben. Eine Legende über die Rettung von Seeleuten machte ihn zum Schutzpatron der Seefahrer. Bis zur Reformation war Nikolaus in Deutschland der Tag der Bescherung, begründet auf einer weiteren Legende, in welcher Nikolaus von Myra drei mittellosen Jungfrauen nachts Gold in ihre Zimmer geworfen haben soll. Erst danach wurde diese auf Weihnachten verlegt. Das sogenannte Nikolauslaufen ist ein Brauch aus Bremen und beschränkt sich größtenteils auf diese Umgebung. Am Abend des 6. Dezember ziehen auch hier verkleidete Kinder von Haus zu Haus und tragen Gedichte vor oder singen Nikolauslieder. Das &bdquo;Sunnerklauslaufen“ wurde wahrscheinlich von Dom- und Klosterschülern ins Leben gerufen. Sie wählten einen von ihnen zum Kinderbischof und machten dann einen Umzug durch die Nachbarschaft. Verbreiteter als das Nikolauslaufen ist der Brauch, geputzte Stiefel oder Gabenteller vor die Tür zu stellen. Am nächsten Morgen sind diese dann mit Süßigkeiten oder kleineren Geschenken gefüllt. Ab dem 15. Jahrhundert wurden aus Papier Schiffchen gebastelt, in welche Geschenke gelegt werden konnten, begründet auf seiner Rolle als Schutzpatron der Seefahrer. Mit der Zeit wurden die Schiffchen durch die heutigen Teller und Schuhe ersetzt. Halloween An Allerheiligen wird den Heiligen gedacht. Das Land Nordrhein-Westfalen ist ein katholisch geprägtes Bundesland. Daher gehört der 1. November hier zu den gesetzlichen Feiertagen. An dem Abend davor ist Halloween. Katholiken bezeichneten den 31. Oktober ab dem siebten oder neunten Jahrhundert als &bdquo;All Hallows’ Eve“, dem Vorabend von Allerheiligen. Einwanderer brachten &bdquo;All Hallow’s Eve“ im 19. Jahrhundert in die USA, wo sich mit der Zeit der Name &bdquo;Halloween“ ausbildete. Obwohl Halloween oft für einen amerikanischen Feiertag gehalten wird, findet sich sein Ursprung der Legende nach bei den Kelten in Irland. Der Mythologie zufolge machten sich an dem als &bdquo;Samhain“ bezeichneten Tag die Toten auf die Suche nach den Lebenden. Um die Geister zu verschrecken, verkleideten die Kelten sich und zündeten große Feuer an. Kleine Gaben, die Vorläufer der heutigen Süßigkeiten, sollten die Geister besänftigen. Der Kürbis ist das Symbol für Halloween. Auch der Brauch, Kürbisse für die Halloween-Dekoration mit Gesichtern zu verzieren und zu beleuchten, geht auf die Iren zurück. &bdquo;Jack O’Lantern“ begründet sich der Legende nach auf den Geist Jack, welchem der Einlass in den Himmel und in die Hölle verwehrt wurden. Mit einem brennenden Stück Kohle in einer Rübe machte er sich auf die Suche nach einem Ort zum Verweilen. In Amerika wurde die Rübe aufgrund der Größe durch einen Kürbis ersetzt. Und auch in Deutschland ziehen immer öfter Kinder zu Halloween in gruseligen Verkleidungen um die Häuser. Der Spruch &bdquo;Süßes oder Saures“, im Original &bdquo;Trick or Treat“, ist aus vielen amerikanischen Filmen bekannt. Gemeint ist damit, dass die Kinder, die vor der Haustür stehen, etwas Süßes haben wollen, sonst drohen diverse Streiche. Amerikanischer Brauch wird von Mindenern größtenteils abgelehnt In den Neunzigerjahren schwappte der Feiertag hinüber, angetrieben durch Filmdarstellungen von Halloween und durch die Spielwarenindustrie. Maßgeblich mitverantwortlich waren auch Kostüm-Hersteller, die aufgrund des Golfkrieges und dem damit ausgefallenen Karneval-Fest 1991 nach anderen Möglichkeiten suchten, ihre Kostüme zu veräußern. Inzwischen bereitet sich ungefähr jeder fünfte Deutsche auf Halloween und umherziehende Kinder vor, wie eine Statistik von YouGov zeigt. Dennoch bezeichnen nur sechs Prozent der Deutschen Halloween als Tag mit großer Bedeutung. Auch in weiten Teilen des Mühlenkreises wird der Brauch abgelehnt. Teilnehmer der MT-Umfrage sprachen sich klar dagegen aus. An &bdquo;Nikolaussingen verteilen wir Süßigkeiten, an Halloween öffnen wir nicht die Tür“, schreibt ein Teilnehmer. &bdquo;Süßes oder Saures“ sei eine Aufforderung mit Nachdruck, sodass man Bedenken haben müsse, nicht doch das ungekochte Ei an der Haustür zu finden. Diese Art und Weise etwas zu fordern passe allerdings in die Entwicklung unsere Gesellschaft, kritisiert ein weiterer Teilnehmer. &bdquo;Mir wurden am 31.10. auch schon Eier an die Haustür geworfen, was mit Respekt gar nichts zu tun hat. Diese Art von ,Saurem´ ist Sachbeschädigung und wurde nicht von kleinen Kindern begangen“, schreibt er weiter. Anspruchsdenken, Tradition und Verständnis Allgemein würde man bei den Umzügen der Kinder ein zunehmendes Anspruchsdenken beobachten, schreibt ein Umfrage-Teilnehmer. Früher hätten sich die Kinder gefreut, einen vollen Beutel mit Süßigkeiten nach Hause zu bringen, heute seien sie teilweise mit Bollerwagen unterwegs, um die Mengen noch transportieren zu können. Weiterhin wird an die Tradition erinnert: &bdquo;Zu meiner Zeit war es üblich, dass man zumindest eine Nikolausmaske und eine Mütze getragen hat oder die Mädchen als Engel zurechtgemacht wurden und dann gesungen haben.“ Im vergangenen Jahr sei bei ihr an der Tür noch nicht einmal gesungen oder ein Gedicht aufgesagt worden. Es wurde wohl nur die Plastiktüte aufgehalten. Es gibt aber auch Stimmen, die sich für die Süßigkeiten-Sammel-Umzüge der Kinder aussprechen. Eine Teilnehmerin plädiert für Verständnis. Auch die Menschen, die sich nicht an den Bräuchen beteiligen, sollten doch den Kindern gegenüber nett und freundlich reagieren - auch an Halloween. Sie habe da bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Ihr Sohn sei vor zwei Jahren an einer Tür als Antichrist bezeichnet worden. &bdquo;Corona hat viel genommen, die Kinder brauchen diesen Spaß“, schreibt sie.

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