Gefährlicher TikTok-Trend: Drei Mädchen nach "Hot-Chip-Challenge" im Mindener Klinikum behandelt

Minden. Die Videos gehen derzeit viral: Meist junge Menschen essen extrem scharfe Chili-Chips vor der Kamera. Was dann kommt, ist fast immer gleich. Sie japsen nach Luft, haben Tränen in den Augen und versuchen irgendwie mit der Schärfe klarzukommen. Die sogenannte "Hot-Chip-Challenge" liegt derzeit im sozialen Netzwerk "TikTok" im Trend. Nun gibt es die extrem scharfen Chips auch in Minden - und sie haben bereits zu ersten Notfallbehandlungen im Johannes-Wesling-Klinikum geführt. Immer wieder gibt es sogenannte Challenges (engl.=Herausforderungen), die besonders über TikTok oder Instagram verbreitet werden. Und immer wieder kommt es dabei zu gefährlichen Situationen. Die Hot-Chip-Challenge ist seit einigen Wochen auch in Deutschland angekommen. Sie ist eine Mutprobe, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer probieren, einen einzelnen Chip, der als der schärfste Chip der Welt bezeichnet wird, zu essen und das brennende Gefühl auszuhalten. In den in Sargform gestalteten Verpackungen ist jeweils nur ein Chip enthalten und zusätzlich ein Gummihandschuh, da das scharfe Gewürz auf der Haut zu Irritationen führen kann. Drei Mädchen mussten bereits in der Kinder-Notaufnahme behandelt werden Inzwischen sind die Chips zu Preisen zwischen acht und zehn Euro auch in Minden erhältlich, Stichproben der Redaktion haben ergeben, dass sie in mehreren Kiosken verkauft werden. Die Empfehlung auf der Verpackung, die Chips erst ab 18 zu probieren ist rechtlich allerdings nicht bindend, sie dürfen problemlos an Minderjährige verkauft werden. Und das bleibt nicht ohne Folgen: "In der Kinder-Notaufnahme sind insgesamt drei jugendliche Mädchen behandelt worden, die an der Challenge teilgenommen haben", sagt Christian Busse, Pressesprecher der Mühlenkreiskliniken. Alle drei seien ambulant versorgt worden und hätten keine schwerwiegenden Verletzungen erlitten. Deutschlandweit sieht es ähnlich aus, inzwischen sind in vielen Städten Fälle bekannt, in denen Jugendliche durch die Teilnahme an der Challenge in Notaufnahmen behandelt werden mussten. Nach Medienberichten ist es in den USA bereits zu einem Todesfall nach der Challenge gekommen: In der Stadt Worcester im US-Bundesstaat Massachusetts starb ein 14-Jähriger nach dem Verzehr solcher Chips. Mehr zum Thema: Scharfe Tortilla-Chips: "Challenges machen nicht cooler" Die "Deo-Challenge" hat vermutlich zu einem Todesfall im Münsterland geführt Warum die Chips so gefährlich sind, erklärt Rettungsmediziner Dr. Jens Tiesmeier, bei den Mühlenkreiskliniken Leiter der Notaufnahme Lübbecke: Scharfe Speisen, in dem Fall Chili in Chips, reizen die Schmerzrezeptoren im Mundraum für 20 bis 30 Minuten stark. Es erfolgt dann durch eine Reaktion des vegetativen Nervensystems ein Hitzegefühl, das manchmal mit oder ohne Schweißausbrüche auftritt. &bdquo;Hinzu kann es zu Blutdruckansteigen, Übelkeit und Erbrechen, zu einem Kreislaufkollaps kommen.“ Die medizinischen Folgen der Challenge und wie stark sie auftreten unterscheiden sich je nach Konstitution und Vorerkrankungen. Generell könne Milch oder Wasser im akuten Fall die Schmerzen lindern, beides sei jedoch kein Gegenmittel, sondern verdünne lediglich die Konzentration des Wirkstoffs. Wie es scheint, ist die Hot-Chip-Challenge aber auch nur eine Herausforderung von mehreren. Ebenfalls im Trend: Die "Deo-Challenge", die allerdings derzeit auf TikTok nicht mehr zu finden ist. Zwei Varianten davon werden durchgeführt: Die gefährlichere Variante, bei der so viel Deo-Gas wie möglich eingeatmet wird, kann zu Bewusstlosigkeit, Herzversagen und Atemlähmung führen. Durch diese Challenge ist offenbar ein 15-Jähriger aus Olfen im Münsterland gestorben, die Obduktionsergebnisse stehen aber noch aus. Bei der zweiten Variante wird so lange Sprühdeo auf eine Körperstelle gesprüht, wie es die Person erträgt. Durch die enthaltenen Chemikalien kommt es zu teilweise schweren Verbrennungen. Inzwischen warnt auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) vor solchen Challenges: "Alles, was wehtut, sollte nicht nachgemacht werden. Ich appelliere da nicht nur an den Selbsterhaltungstrieb jedes Einzelnen, sondern an den gesunden Menschenverstand." An Mindener Schulen ein Thema, aber noch keine bekannten Fälle An den weiterführenden Schulen in Minden ist die Chili-Mutprobe ebenfalls ein Thema. Natürlich sei der aktuelle TikTok-Trend den Schülerinnen, Schülern und einem Großteil des Kollegiums bekannt. "Jedoch gab es an unserer Schule in dieser Richtung bisher glücklicherweise keine (medizinischen) Zwischen- oder gar Notfälle", teilt der stellvertrende Schulleiter der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule Jan Sieweke mit. Auch am Bessel gab es bislang keine konkreten Fälle: "In der Schule hat die Challenge noch keine Rolle gespielt", berichtet Schulleiter Heiko Seller. Einzelne Schülerinnen und Schüler hätten auf Parties damit schon Kontakt gehabt, zum Teil mit Erbrechen als Folge. Insgesamt sei der Trend aber bereits wieder rückläufig. "Bei uns ist das kein großes Thema", sagt Peter Kock, stellvertretender Schulleiter am Herdergymnasium. "Wir haben einmal eine solche Packung eingesammelt und dazu ein Gespräch geführt - das wirkt auf mich nicht so verbreitet." Veräergert ist er, dass solche Chips überhaupt an Minderjährige verkauft werden: "Das ist schon zu kritisieren, das sich Sechstklässlerinnen solche Sachen am Kiosk holen können."

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